- Ohne Bebauungsplan erlischt Betriebsgenehmigung
- Revisionen wegen „grundsätzlicher Bedeutung“ zugelassen
- Rechtsstreit dauert bereits 17 Jahre
Am kommenden Mittwoch (6. Dezember, ab 9:00 Uhr) verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Revisionen gegen die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Steinkohlekraftwerk Datteln 4. Das OVG hatte der Normenkontrollklage des NRW-Landesverbandes des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am 26. August 2021 stattgegeben und den bereits 2014 erlassenen Bebauungsplan für das Steinkohlekraftwerk für unwirksam erklärt. Auch vier Privatkläger und die Stadt Waltrop waren mit ihren Beschwerden erfolgreich.
Ausschlaggebend für die Urteile des Oberverwaltungsgerichts war ein attestierter erheblicher Abwägungsmangel bei der Aufstellung des Bebauungsplans durch die Stadt Datteln. Über die übrigen vom BUND in seiner Normenkontrollklage vorgebrachten Kritikpunkte mussten das OVG daher nicht urteilen. Allein die Wahl des Standortes für das Kraftwerk genügt danach schon nicht den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen. Bereits auf der Ebene des Regionalplans seien nicht alle infrage kommenden Vorhabenalternativen geprüft worden. Die rechtsfehlerhafte Standortauswahl sei dann in den Bebauungsplan übernommen worden.
Revisionen gegen die Urteile wurde nicht zugelassen. Den dagegen seitens der Stadt Datteln und des Kraftwerksbetreibers Uniper eingelegten Beschwerden wurde stattgegeben. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ließ das Bundesverwaltungsgericht die Revisionen zu.
Der Bebauungsplan soll die planungsrechtliche Grundlage für das – bereits errichtete und seit Mai 2020 in Betrieb befindliche – Steinkohlekraftwerk Datteln 4 schaffen. Ohne einen rechtswirksamen Bebauungsplan erlischt auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Betrieb des Kraftwerks. Der BUND rechnet mit einer Urteilsverkündung am Tag der mündlichen Verhandlung.
Rechtsstreit dauert bereits 17 Jahre
Seit 2006 begleitet der BUND das Genehmigungsverfahren für das Steinkohlekraftwerk Datteln 4. Bereits 2007 hatte sich der Rechtsvorgänger Eon aufgrund eines BUND-Eilantrags dazu verpflichten müssen, das Kraftwerk wieder abzureißen und das Gelände zu rekultivieren, falls die Genehmigungen endgültig vor Gericht scheitern.
Aufgrund einer Privatklage hob das Oberverwaltungsgericht Münster am 03. September 2009 bereits den ersten Bebauungsplan für Datteln 4 auf; das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung am 16. März 2010. Wegen einer entsprechenden Klage des BUND hob das OVG daraufhin am 12. Juni 2012 auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Bau und Betrieb des Kraftwerks auf. Am 26. Juni 2013 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision zurück. Damit war das Urteil rechtskräftig.
Danach versuchten die Stadt Datteln, der RVR und die Landesregierung, das Vorhaben doch noch durchzusetzen.
Auf Antrag des RVR traf die Landesregierung im Dezember 2013 eine positive Entscheidung im Rahmen eines regionalplanerischen Zielabweichungsverfahrens und ebnete damit den Weg für weitere planungsrechtliche Heilungsversuche. Gegen den auf dieser Grundlage 2014 neu aufgestellten Bebauungsplan hat der BUND am 02. Juni 2015 Normenkontrollbeschwerde eingereicht. Auch gegen die neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung legte der BUND 2017 Klage ein.
Am 26. August 2021 erklärte das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan aufgrund eines erheblichen Abwägungsmangels für unwirksam. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Dagegen legten Beklagte (Stadt Datteln) und Beigeladene (Uniper) Beschwerde ein.
Mit Beschluss vom 12. Oktober 2022 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Revision gegen das OVG-Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Aktenzeichen des BUND-Verfahrens: BVerwG 4 CN 4.22, Vorinstanz: OVG Münster, OVG 10 D 40/15.NE
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