In Bremerhaven befindet sich der Hauptsitz des in der Polar-, Meeres- und Klimaforschung international renommierten Alfred-Wegener-Instituts (AWI). Seit dem Frühjahr 2023 steht den Forschern mit dem ehemaligen „Nordsee-Gebäude“ nun ein neues multifunktionales Verwaltungsgebäude im historischen Teil des Bremerhavener Fischereihafens zur Verfügung.

Der Handelshafen entstand zwischen 1857-1874 im heutigen Stadtteil Geestmünde. Im Jahr 1896 kam der Fischereihafen dazu. Mit Bau des Hafens wurde auch ein Speicher für die Deutsche Dampffischerei-Gesellschaft „Nordsee“ in der Klußmannstraße zwischen den Gleisen des alten Geestmünder Bahnhofs errichtet. Es handelt sich um ein dreigeschossiges Gebäude, dessen Fassaden im historisierenden Stil mit Treppengiebeln und Risaliten gestaltet sind. Ab 1934 richtete sich dann die Hauptverwaltung der „Nordsee“ in dem Gebäude ein. Das heute landeseigene Bauwerk wird in Zukunft ein Teil des sich in Entstehung befindlichen AWI-Campus für ca. 200 Mitarbeiter sein. Die Immobilie wurde dafür mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) von der landeseigenen Fischereihafen-Betriebsgesellschaft umgebaut und wird zukünftig vom AWI gemietet.

Voraussetzung für eine zeitgemäße Nutzung war eine energetische Sanierung unter Bewahrung der historischen Substanz. Dafür wurde das Gebäude von innen gedämmt und mit moderner Haustechnik ausgestattet. Der alte Fassadenputz wies starke Substanzschäden auf und musste daher vollflächig entfernt werden. Im Anschluss daran wurde das teils marode Ziegelmauerwerk ausgebessert. In Absprache mit der zuständigen Denkmalbehörde sollten die Fassaden nicht erneut glatt verputzt werden, sondern eine dem Mauerwerk konturfolgende Putzschlämme erhalten. Der Putz-/Anstrichaufbau musste allerdings besondere bauphysikalische Anforderungen erfüllen, damit der Schlagregenschutz der Fassaden gegeben und somit die Funktionstüchtigkeit der verbauten Innendämmung sichergestellt ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine geringe Wasserdurchlässigkeit der Oberfläche bei gleichzeitig gegebener hoher Durchlässigkeit für Wasserdampf. Die strengen Anforderungen der für die Bauphysik zuständigen Fachplaner konnte eine mineralische Putzschlämme aus Histolith Renovierspachtel mit zweimaliger Beschichtung aus Histolith Sol-Silikat im Farbton Umbra-Weiß erfüllen.

Gewusst wie: Handarbeit schafft Oberfläche

Den Auftrag für die im Sommer und Herbst 2022 erfolgte Sanierung erhielt der Malerbetrieb Aug. Hespenheide aus Bremen, welcher im Verlauf des Projekts fachkundig von Caparol-Außendienstmitarbeiter Bernd Göttinger beraten wurde. Im Vorfeld der Ausführung wurden nach Klärung der Oberfläche zwischen Bauherrin, Architekten/Bauleitung und Bernd Göttinger Musterflächen vom Caparol-Anwendungstechniker André Dühlmeyer zur Ermittlung der geeigneten Applikationstechnik angelegt. Das Mauerwerk erhielt zunächst eine verfestigende Grundierung aus Histolith Silikat-Fixativ. Histolith Renovierspachtel wurde maschinell aufgetragen. Dies erfolgte zweimal, damit alle Mauerwerksfugen schlagregendicht geschlossen sind. Unmittelbar nach dem letzten Arbeitsgang wurde das Material händisch mit der Bürste verschlichtet, was eine besonders lebhafte und natürlich anmutende Oberfläche ergab. „Die alte Steinstruktur wird erlebbar“ so das Resümee von Architekt Jens Kruse aus Bremen.

Der Mittelrisalit mit dem Haupteingang an der Klußmannstraße wurde dagegen nicht verschlämmt, sondern ebenflächig verputzt. Auf diese Weise sollte der Eingangsbereich optisch hervorgehoben werden. Dafür wurde der Leichtunterputz Capatect GUP FL 200 in zwei Lagen mit Gewebeverstärkung aufgetragen. Nach Erhärtung wurde dann eine Filzputzoberfläche mit Capatect Feinspachtel 195 ebenfalls mit Gewebeeinlage erstellt.

Die vorstehenden Fenstergewände sollten ebenfalls eine ebene Filzputzoberfläche erhalten. Dafür wäre eine unverhältnismäßig hohe Putzdicke erforderlich gewesen, weil das Mauerwerk im Bereich der Fenster besonders uneben war. Um die erforderliche Standzeiten zur Putzerhärtung und die Gefahr möglicher Rissbildung umgehen zu können, war eine alternative Lösung gefragt. Letztendes wurden Mineralwolldämmstreifen aufgebracht, diese armiert und mit Filzputz aus Capatect Feinspachtel 195 versehen.

Herausforderung angenommen

Für Geschäftsführer Ingo Hespenheide war das Projekt Nordsee-Gebäude eine besondere Herausforderung: „Neben der anspruchsvollen und aufwändigen Sanierung von rund 3000 Quadratmeter Fassadenfläche mussten wir insgesamt 180 korrodierte Stahlträger an den Fensterstürzen nach Rücksprache mit einem Statiker austauschen und die verbliebenen mit neuem Korrosionsschutz versehen.“

Nach Fertigstellung stehen nun den Mitarbeitern des AWI insgesamt 148 Büro-, Lager- und Funktionsräume für die Forschungsarbeit zur Verfügung. Das Gebäude verbindet den historischen Charme der traditionellen Architektur mit den heutigen Anforderungen an ein modernes Verwaltungsgebäude. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich auch das neue Technikum und andere Einrichtungen des AWI. Der alte Fischereihafen entwickelt sich somit zu einem bedeutenden Forschungsstandort in Norddeutschland. Für das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven ist das ein weiterer Meilenstein im Strukturwandel von der Werft- und Fischereistadt zu einem Magneten für Forschung, Wirtschaft und Tourismus.

Die Handwerksfirma Aug. Hespenheide, die seit 91 Jahren besteht und nun in dritter Generation geführt wird, hat sich mit der Sanierung historischer Bauten in und um Bremen einen Namen gemacht.

Dr. Christian Brandes, Caparol Baudenkmalpflege

Bautafel:
Objekt: Ehemaliges Nordsee-Verwaltungsgebäude

Bauherr: Fischereihafen-Betriebsgesellschaft mbH

Architekt: Haslob, Kruse & Partner Architekten, Bremen 

Ausführung: Malerbetrieb Aug. Hespenheide GmbH & Co. KG, Bremen

Caparol Außendienst: Bernd Göttinger, André Dühlmeyer

Fertigstellung: 2023

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