Tourismus sollte mit all seinen Facetten bei Raumentwicklungskonzepten gehört werden, dies ist allerdings ohne die Einbindung der Touristiker*innen in die relevanten Prozesse kaum realisierbar. Hierin herrschte Einigkeit unter den Expert*innen, die im vierten Jahresdialog 2023 des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT) verschiedene Konzepte zur räumlichen Entwicklung und deren Herausforderungen auf Landes-, Regions- und Kommunalebene diskutierten. Mit dem vierten – und im Jahr 2023 letzten – Online-Fachgespräch wurde der Dialog zum diesjährigen BZT-Themenkomplex „Nachhaltige Gestaltung des Alltags- und Urlaubsraums: Bedürfnisse von Einheimischen und Gästen“ final abgerundet. Damit erhielten die Teilnehmer*innen aus verschiedenen Perspektiven Einblicke in ein zukunftsorientiertes Lebens- und Urlaubsraummanagement.

In einem Impulsvortrag stellte Prof. Dr. Thomas Bausch (Direktor des Kompetenzzentrums Tourismus und Mobilität der Freien Universität Bozen) die Ergebnisse der Studie „Lebensraumqualität Südtirol – Eine Studie zur Wohnort-Lebensqualität in der Wahrnehmung der Südtiroler Bevölkerung“ vor. Er ging auf den angestrebten Bettenstopp in Südtirol ein, auf die Zufriedenheit mit der Lebensqualität der Befragten im Allgemeinen und auf den Einfluss des Tourismus darauf. Dabei „sieht man keinen signifikanten Zusammenhang, dass das Lebensglück in Zusammenhang mit der Tourismusintensität zu- oder abnimmt“, so Prof. Bausch. In seinem Fazit betonte er, dass der Tourismus sicherlich einen Einfluss auf die Lebenssituation der Bevölkerung hat und die Konflikte zu Zeiten eines hohen Tourismusaufkommens unvermeidlich steigen, der Bettenstop allein allerdings nicht das Problem lösen wird, „da bereits heute die Probleme im Bereich Verkehr und Wohnen durch endogene Wachstumsfaktoren wie dem Bevölkerungswachstum dauerhaft existieren“.

Nach dem Impulsvortrag zog Prof. Dr. Alfred Bauer (Leiter des Bayerischen Zentrums für Tourismus) einen Vergleich zu einer BZT-Studie aus dem Jahr 2022 zum Thema „Lebenszufriedenheit, Tourismusbewusstsein und Tourismusakzeptanz in Bayern“. Die Gegenüberstellung der Studien zeigt, dass vergleichbare Ergebnisse festgestellt werden konnten, jedoch plädieren 44 Prozent der Südtiroler*innen für ein geringeres Tourismusaufkommen – in Bayern wünschen sich dies lediglich 13 Prozent.

Ministerialdirigent Klaus Ulrich (Abteilungsleiter Landesentwicklung im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie) stellte die Rolle des Tourismus in der Raumordnung und Landesplanung vor. Dabei ging er auf das Landesentwicklungsprogramm (LEP) ein, welches ein rechtsverbindliches, gesamträumliches Konzept der Staatsregierung zur räumlichen Ordnung und Entwicklung in Bayern darstellt. Im LEP werden dabei bestimmte Festlegungen gemacht wie zum Beispiel „die Verbesserung der Standortvoraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Tourismuswirtschaft sollen im Einklang mit Mensch und Natur erhalten und verbessert werden“. Auch zur verkehrlichen Erschließung und zum Schutz des Natur- und Lebensraums Alpen sind im „Alpenplan“ des LEP verbindliche Vorgaben gemacht. Neben der Aufstellung von Konzepten mit ordnenden Vorgaben sieht es die Landesentwicklung in Bayern auch als ihre Aufgabe „Impulse zu geben und zu unterstützen, um über konkrete Projekte der Regionalmanagementförderung, etwa im Bereich Tourismus, die Umsetzung voranzubringen“, so MDirig. Ulrich. Als besonders zielführend hat sich im Landesentwicklungsprogramm erwiesen, Fachverbände, Fachstellen, Kommunen und Institutionen an den Entwicklungsprozessen zu beteiligen. Das Ergebnis erzielt so eine hohe Akzeptanz der verbindlichen Umsetzungsmaßnahmen.

Irene Marquart (Geschäftsführerin des Regionalen Planungsverbands Allgäu) erläuterte, inwieweit der Tourismus in der Regionalplanung des Regionalen Planungsverbands Allgäu Berücksichtigung findet. Es existieren Vorgaben aus dem LEP, die es im Regionalplan umzusetzen gilt. Touristische Aspekte kommen in verschiedenen Kapiteln des Regionalplans vor, es gibt auch ein eigenes Teilfachkapitel unter der Überschrift „Wirtschaft“ für den Tourismus. Jedoch dienen Festlegungen z. B. zum ÖPNV oder zu Freizeit, Erholung und Sport, dem Tourismus- und auch dem Lebensraum. Die Relevanz der Partizipation in der Planung unterstrich Irene Marquart: „Wenn wir den Regionalplan fortschreiben, beteiligen wir einen großen Kreis, darunter auch die Öffentlichkeit.“

Dr. Sabine Rödel (Erste Bürgermeisterin von Bad Hindelang) war als Vertreterin einer großen Tourismusgemeinde vertreten und stellte das Lebensraumkonzept mit integriertem Tourismuskonzept "Unser Bad Hindelang 2030" vor. Im Vordergrund stehen dabei die Bedürfnisse der Einheimischen an ihren Lebensraum. Dazu wurde ein breiter Bürgerbeteiligungsprozess angestoßen, bei dem Einheimische und Gäste einbezogen wurden. Dr. Rödel betonte, dass „der Prozess dabei geholfen hat, die Gäste als das zu erkennen, was sie für Bad Hindelang als Destination bedeuten“.

Die Destinationsstrategie der Allgäu GmbH war im Lebensraumkonzept von Beginn an mit eingeplant. Klaus Fischer (Geschäftsführer der Allgäu GmbH – Gesellschaft für Standort und Tourismus) erläuterte, wie wichtig es sei, die Regionalplanungsebenen in eine Destinationsstrategie zu integrieren – das Erarbeiten von Visionen, hinter denen die Menschen stehen können. "Die Zusammenfassung der Organisationen ist dabei ein maßgebliches Instrument, um die Lebensraumgestaltung in ihrer Komplexität zu beachten und verbindlich umzusetzen.", so das Fazit von Fischer.

Auch wenn der Mangel einer rechtlich belastbaren Planungshoheit eine Herausforderung für touristische Akteur*innen darstellt, sollte der Blick in die Zukunft dennoch optimistisch sein: „Ich bin davon überzeugt, dass die Touristikerinnen und Touristiker mit anderen zusammen Zukunfts- und Lebensraumgestalter sein können“, so die abschließenden Worte von Prof. Bauer. Sie müssten sich jedoch aktiv in die Planungsprozesse einbringen.

Auszüge aus dem BZT-Fachgespräch finden Sie auf der Website des Bayerischen Zentrums für Tourismus: https://bzt.bayern/jahresdialoge-2023-4-management-lebens-urlaubswelt/

Über den Bayerisches Zentrum für Tourismus e.V.

Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) ist ein An-Institut der Hochschule Kempten. Es wurde im Zuge der neuen Tourismusinitiative des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gegründet und versteht sich als ein unabhängiger wissenschaftlicher Thinktank. Neben relevanten Forschungsprojekten initiiert und moderiert das BZT den praxisrelevanten Austausch zwischen Wissenschaftlern, Politikern und den verschiedenen Akteuren der Tourismuswirtschaft. Dabei stehen die Vermittlung von Wissen, die Identifikation wichtiger Themen der bayerischen Tourismuswirtschaft, die Vernetzung der bayerischen Tourismusakteure und ein lösungsorientierter Diskurs zur Förderung, Optimierung und Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit des bayerischen Tourismus im Fokus. Ziel des BZT ist die Förderung von Tourismuswissenschaft und -forschung sowie die Intensivierung des interdisziplinären Wissens- und Erfahrungsaustauschs. bzt.bayern

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