Die Digitalisierung der Justiz ist jetzt wieder in aller Munde: Die Erweiterung der Videoverhandlungsmöglichkeiten in § 128a ZPO, die digitale Aufzeichnung der Hauptverhandlung in Strafsachen und jetzt der „Digitalpakt“, den der Haushaltsausschuss des Bundestags am Mittwoch mit 93 Millionen Euro ausgestattet hat.

Richtigerweise soll nun das seit Jahren laufende Projekt der Entwicklung eines gemeinsamen Fachverfahrens für die Justiz (GeFa) vorangetrieben werden. Es wird allerhöchste Zeit, hier endlich zu Ergebnissen zu kommen. Aber das Grundproblem der Digitalisierung in der Justiz in Deutschland wird nicht angegangen:

Die völlige Zersplitterung der Justiz-IT-Landschaft in Deutschland! Jedes Bundesland arbeitet selbständig an seiner Struktur und seinen Verfahren, hier und da gibt es Länderverbünde. Die einzelnen Verbünde scheinen sich aber eher als Konkurrenz zu verstehen denn als Partner.

Und wie dann die konkrete IT-Ausstattung in den einzelnen Gerichten ist, hängt eher vom Zufall und den Haushaltsentscheidungen der Länder ab, nicht aber von einer geordneten, übergreifenden Strategie, die sich an den fachlichen Notwendigkeiten der Justiz und der mit ihr zusammenarbeitenden Professionen und der Bürger:innen ausrichtet.

So gibt es in vielen Gerichten nur einen Saal oder ein „Technikset“ für Videokonferenzen. Die Ausstattung lässt es häufig nicht zu, dass mehrere Richter:innen an einem Gericht parallel oder auch nur am selben Tag Videoverhandlungen führen. Zudem muss „die Technik“ oft für jede Konferenz aufwändig „gebucht“ und vorbereitet werden. Insbesondere die sog. Hybrid-Verhandlungen (einige Beteiligte sind im Saal, andere sind „im Video“), die zunehmend häufiger vorkommen, führen immer wieder zu technischen Problemen. Sehr oft müssen die Richter:innen selbst große Teile der Technik vorbereiten. Zudem ist die Technik überall anders, was nicht selten insbesondere Anwält:innen und sonstige professionell Beteiligte vor erhebliche technische Schwierigkeiten stellt.

Um es noch deutlicher zu sagen: Das föderale „Klein-Klein“ behindert in hohem Maße eine zügige und sinnvolle Digitalisierung.

Um Abhilfe zu schaffen, müssen die technischen Rahmenbedingungen vereinheitlicht werden. Das ginge durch bundeseinheitliche Vorgaben (schließlich sind alle Prozessgesetze Bundesgesetze). Es könnte in das GVG eine Verordnungsermächtigung aufgenommen werden, über die dann in einer Bundesverordnung die Mindeststandards und Rahmenbedingungen (Hardware, Software, Support) einheitlich und auf einem guten und sicheren technischen Standard geregelt werden.

Ohne einheitliche Standards wird viel Geld versickern und die Digitalisierung zur Schnecke!

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