Im Prozess um die Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz-Group AG sind die Chancen der Verbraucher, dass Verfahren zu ihren Gunsten zu entschieden, nach der zweiten mündlichen Verhandlung am 21. September 2023 enorm gestiegen. Der Vorsitzende Richter Thilo Rebmann am Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart ließ in vorläufigen Einschätzungen erkennen, dass der Senat Hinweise auf unzulässige Abschalteinrichtungen in den streitgegenständlichen Fahrzeugen sehe. Die Abschalteinrichtungen veränderten die Abgasreinigung der Dieselmotoren gesetzeswidrig. Sogar vorsätzliches und sittenwidriges Handeln hielt der Senat teilweise für möglich. Der 24. Senat legte den 28. März 2024 als Verkündungstermin für seine Entscheidung fest. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte den Autohersteller im Namen von rund 2800 Verbrauchern im Diesel-Abgasskandal verklagt (Az.: 24 MK 1/21). Die Inhaber der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vertreten in dem Verfahren den vzbv in einer Spezialgesellschaft – wie bereits 2020 erfolgreich gegen die Volkswagen AG. Damals war es zu einem Vergleich in Höhe von 870 Millionen Euro gekommen.

BGH-Diesel-Urteil wirkt bei Mercedes-Musterfeststellungsklage

„Wir wollen den BGH nicht in Frage stellen.“ Mit diesem Satz gab der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Stuttgart, Thilo Rebmann, die neue Richtung im Verfahren zur Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz-Group AG vor. Für Verbraucher war das im Grunde eine gute Nachricht, für Mercedes könnte es jetzt teuer werden. Die Weichen in der Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz-Group AG weisen nach der zweiten mündlichen Verhandlung am 21. September 2023 in eine neue verbraucherfreundliche Richtung. Ausgangspunkt der neuen Sichtweise des Senats sind Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.

Der Bundesgerichtshof hatte am 26. Juni 2023 ein neues Kapital im Diesel-Abgasskandal der Automobilindustrie aufgeschlagen. Die Hürden für erfolgreiche Diesel-Klagen senkte der BGH in drei Musterverfahren gegen Audi, VW und Mercedes erheblich. Bereits der Nachweis fahrlässigen Handelns genügt seitdem für die Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz. Noch bis zum Juni 2023 beharrte der BGH im Diesel-Abgasskandal auf den Nachweis von Vorsatz und Sittenwidrigkeit der Autohersteller. Nun lautet im Diesel-Abgasskandal die Formel: fahrlässiger Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung = Schadensersatz. Welche Folgen zieht das Diesel-Urteil des BGH für die Musterfeststellungsklage gegen Mercedes nach sich:

  1. Bei der Musterfeststellungsklage konzentriert sich die Klage auf den Motortyp OM651. Dieser Motortyp wurde unter anderem in den Fahrzeugmodellen Mercedes GLC und Mercedes GLK eingebaut. Das OLG Stuttgart vermutet in der zweiten mündlichen Verhandlung in diesen Motoren der Abgasnomen Euro 5 und Euro 6 jeweils Abschalteinrichtungen.
  2. Das Gericht zweifelt darüber hinaus an der Zulässigkeit der Abschalteinrichtungen. Die entsprechende EU-Verordnung verbietet Abschalteinrichtungen, lässt aber Ausnahmen zu. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den Ausnahmerahmen in zahlreichen Diesel-Verfahren sehr eng gesteckt. Dem ist auch der BGH gefolgt. Der Vorsitzende Richter am OLG Stuttgart machte bei der Diskussion über das Thema Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen klar, dass der Senat die Entscheidungen des BGH nicht in Frage stellen wolle. Damit spricht viel für die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtungen in den streitgegenständlichen Diesel-Motoren von Mercedes.
  3. Bei der Frage, ob Mercedes im Sinne von § 826 BGB vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt hat, sieht der Senat bei den Euro6-Motoren darauf gewisse Hinweise. Gegen drei Mercedes-Mitarbeiter hatte das Amtsgericht Böblingen auf Antrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafbefehle erlassen. Diese sind auch rechtskräftig. Die Mitarbeiter gehören nicht zur Führungsriege im Unternehmen. Das OLG Stuttgart will jetzt, dass Mercedes die Namen und Hintergründe nennt. Der Autobauer ist nun aufgefordert zu liefern. Bislang wurden Details stets verschwiegen

Fazit der Verhandlung zur Musterfeststellungsklage: Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer, deren Mitinhaber in einer Spezialgesellschaft den vzbv in der Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz-Group-AG vertreten, sind nach der zweiten mündlichen Verhandlung die Chancen der Verbraucher auf Schadensersatz enorm gestiegen. Folgendes ist festzustellen:

  1. Das Gericht glaubt unzulässige Abschalteinrichtungen in den Motoren zu erkennen. Hat diese Ansicht weiter Bestand, könnte es zumindest auf eine Verurteilung aufgrund fahrlässigen Handelns hinauslaufen. Das wäre im Sinne der neuen BGH-Rechtsprechung. Hier sieht der BGH Schadensersatzansprüche zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises vor – den sogenannten Differenzschadensersatz.
  2. Letztlich ist zum Teil auch eine Verurteilung aufgrund vorsätzlichen und sittenwidrigen Handelns nach BGB §826 möglich. Hier kann es dann auch um die Rückabwicklung des Kaufvertrags (großer Schadensersatz) gehen.
  3. Kommt es tatsächlich zu einer Verurteilung der Mercedes-Benz-Group AG kann das auch ein Fingerzeig für die weiteren Diesel-Klagen gegen den Stuttgarter Autobauer sein. Es laufen zahlreiche Einzelprozesse, bei denen sich Gerichte an der Musterentscheidung orientieren könnten. Dazu drohen weitere Klagen. Der Diesel-Motor OM651 ist auch in weiteren Mercedes-Modellen eingebaut worden.
  4. Unterm Strich lässt sich sagen: Die Chancen der Mercedes-Kunden auf Schadensersatz sind enorm gestiegen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer rät daher Mercedes-Kunden zur anwaltlichen Beratung im kostenlosen Online-Check. Mehr Infos zu den Entwicklungen am EuGH und BGH gibt es auf unseren Spezial-Websites.
Über die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien in Deutschland. Mit der Expertise von über 30 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise-, Erb-, Versicherungs-, Sozial-, Wohn- und Mieteigentums- , Handels- und Gesellschafts- sowie Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterklage gegen die Mercedes-Benz Group AG.

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