Bei manchen Schriftstellern fallen einem immer auch einige oder zumindest eine literarische Figur ein, die von ihm erschaffen wurde. Im Falle des vor fünfzehn Jahren, am 18. August 2008, in Berlin verstorbenen Philosophen und Schriftstellers, Dramatikers und Komponisten Dr. Gerhard Branstner war und ist dies Nepomuk. Der taucht schon sehr früh in den Schriften des sehr vielseitigen und zeitlebens keineswegs an mangelndem Selbstbewusstsein sowie übergroßem Respekt vor Autoritäten aller Art leidenden Autors auf – erstmals bereits 1961 im Mitteldeutschen Verlag Halle veröffentlichten Band „Zu Besuch auf der Erde. Unwahre Begebenheiten“. Später bekommt Nepomuk sogar eigene Bücher – so „Nepomuks Philosophische Kurzanekdoten“ (1969) und „Die unmoralische Tugend Nepomuks“ (1982). Dabei stand und steht sein Nepomuk für die streitbar-dialektisch-vergnügliche Grundhaltung des Autors, wie eine der zahlreichen Nepomuk-Anekdoten unter dem Titel „Hoftheater“ beweist:

Nepomuks Nachbar war ein Wahrheitsfanatiker, daher hielt er viel von den Hofnarren. „Die haben gegen ihre Potentaten kein Blatt vor den Mund genommen, selbst bei unliebsamen Wahrheiten.“ „Das ist eine der beliebtesten Unwahrheiten“, entgegnete Nepomuk, „ein Narr war schon immer ein Narr und kein Weiser.“ „Dann verstehe ich nicht“, meinte der Nachbar, „weshalb sie abgeschafft wurden.“ „Sind sie das?“, fragte Nepomuk“ – und man meint Gerhardt Branstner in der heiteren Ecke des Literatenhimmels lachen zu hören.

Bei EDITION digital liegen insgesamt 36 Titel von Branstner vor, die unter edition-digital.de sowie im Online-Buchhandel als E-Books zu haben sind. Die Auswahl reicht von seinem bereits erwähnten zweiten Buch „Zu Besuch auf der Erde“ (1961) über den utopischen Roman „Die Reise zum Stern der Beschwingten“ (1968), die Tierfabelsammlung „Der Esel als Amtmann“ (1976) sowie das Traktat „Das eigentliche Theater oder Die Philosophie des Augenblicks“ (1984) und die fantastischen Geschichten „Der negative Erfolg“ (1985) bis zu dem Hausbuch „Die Weisheit des Humors“ (2002) und seiner 2007 veröffentlichten Autobiografie „Liebengrün. Ein Schutzengel sagt aus“.

Dr. Gerhard Branstner wurde am 25.Mai 1927 als Kind überzeugter Kommunisten im zwischen Weimar und Rudolstadt gelegenen Blankenhain in Thüringen geboren. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er eine dreijährige Verwaltungslehre. Noch 1945 als Soldat eingezogen, geriet er im Zweiten Weltkrieg gleich drei Mal hintereinander in Kriegsgefangenschaft, zunächst in amerikanische, danach in französische und in belgische, aus der er 1947 entlassen wurde. Nach seinem 1951 an der ABF Jena abgelegten Abitur studierte er an der Berliner Humboldt-Universität. Von 1956 bis 1962 wirkte er als Dozent an derselben Universität, von 1962 bis 1964 war er zunächst Lektor und von 1966 bis 1968 Cheflektor im Eulenspiegelverlag/Das Neue Berlin. Mit einer Arbeit „Über den Humor und seine Rolle in der Literatur“ promovierte er 1963 zum Dr. phil. Seit 1968 war er freiberuflicher Schriftsteller.

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