Wegen ihres hohen Zuckergehalts gehören vor allem Softdrinks und unverdünnte Fruchtsäfte zu den weit verbreiteten Dickmachern. Wer regelmäßig zu viel davon trinkt, riskiert krankhaftes Übergewicht (Adipositas), Diabetes und in der Folge potenziell tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Um die flüssigen Kalorien zu meiden, greifen viele Verbraucher zu sogenannten Diät- oder Light-Getränken mit Zuckerersatzstoffen. Doch vor dem Hintergrund aktueller Studienergebnisse zu bestimmten Süßstoffen wie Erythrit rät Professor Dr. Hans Hauner, Leiter des Instituts für Ernährungsmedizin der Technischen Universität München, Klinikum rechts der Isar, und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung, zu Zurückhaltung bei diesen Produkten. „Für eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung brauchen wir den Zuckergeschmack nicht. Zum Durstlöschen ist Wasser oder ungesüßter, allenfalls schwach gesüßter Tee nach wie vor am besten.“ Warum zu viel Zucker auch dem Herzen schaden kann, darüber informiert der Ernährungsmediziner auch auf der Herzstiftungs-Homepage unter https://herzstiftung.de/zucker-herz-in-gefahr
Zucker: Die Dosis macht das Gift!
Eindeutig sind dagegen die Erkenntnisse über Zucker. „Menschen, die zu viel Zucker zu sich nehmen, haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, sagt Prof. Hauner, schränkt aber zugleich ein: „Zucker ist kein Gift und in moderaten Mengen nicht schädlich. Wer sich mal ein Stück Kuchen gönnt, muss sich keine Gedanken machen.“ Hier gilt eher die Weisheit: Die Dosis macht das Gift! Und davon ist in Softdrinks und Säften reichlich vorhanden. So enthält ein Liter Cola ca. 110 Gramm Zucker. Zum Vergleich: Die Fachgesellschaften für Ernährung raten dazu, dass man nur etwa zehn Prozent seiner Gesamtenergiemenge in Form von Zucker konsumieren sollte. „Das wären bei einem durchschnittlichen Erwachsenen nicht mehr als 50 Gramm am Tag“, rechnet Prof. Hauner vor. „Doch gerade bei vielen Kindern und Jugendlichen liegt der Anteil bei 15 bis 20 Prozent oder sogar noch darüber. Hier herrscht massiver Handlungsbedarf.“ Deutschland zählt zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an zuckergesüßten Getränken. Zu viel Zucker schädigt nicht nur die Zähne und ist ein wesentlicher Risikofaktor für Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Der Konsum von zuckergesüßten Getränken wie Limonaden, Fruchtgetränken, Sport- und Energy-Drinks trägt wesentlich zu einer Gewichtszunahme bei Kindern und Erwachsenen bei.
Erfrischungsgetränke: mit frischem Aroma und dazu noch gesund? Geht doch
Wer partout nicht auf Fruchtsäfte verzichten will, der solle diese wenigstens verdünnen, so Prof. Hauner. Leitungswasser lasse sich beispielsweise mit frischen, kleingeschnittenen Früchten wie Zitronen oder Orangen zu abwechslungsreichen Geschmacksvarianten aufpeppen. „Man kann sie morgens mit ein paar einfachen Handgriffen zubereiten und für ein, zwei Stunden in den Kühlschrank stellen. Dadurch nimmt das Wasser die Aromastoffe der Früchte besser auf, und man hat den ganzen Tag über ein leckeres Getränk zur Verfügung. Wer es spritzig mag, der kann einen Soda-Sprudler nutzen, um Kohlensäure je nach Gusto zuzusetzen“, empfiehlt Prof. Hauner. Auch verschiedene Teesorten bieten Abwechslung: „Viele Sorten – etwa Ingwer-, Malven-, Pfefferminz- oder Hagebuttentee – schmecken auch ungesüßt oder mit ganz wenig Zucker sehr gut.“
Im Ausland erfolgreiche Zuckersteuer: Warum nicht auch in Deutschland?
Wie sich der Zuckerkonsum insbesondere in der jüngeren Generation senken lässt, habe jüngst die englische Regierung bewiesen. Sie führte vor fünf Jahren eine Zuckersteuer ein – gegen heftigen Widerstand der Industrie. Seit dieser Reform sind Getränke mit besonders viel Zucker teurer geworden und Drinks mit einem reduzierten Zuckergehalt deutlich günstiger. „Wie eine neue Studie aus England zeigt, verringerte sich dort die Zuckeraufnahme bei Kindern und Jugendlichen um rund 30 Prozent. Diesen positiven Effekt sollten wir zum Anlass nehmen, auch in Deutschland endlich eine Zuckersteuer einzuführen“, fordert Ernährungsmediziner Hauner, und fügt hinzu: „Sie wird bereits in etwa 50 Ländern weltweit mit Erfolg genutzt, um die Verbraucher zu einer zuckerärmeren Ernährung zu motivieren.“
Die Deutsche Herzstiftung unterstützt auch als Mitglied der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) die Forderung nach einer Steuerreform bei zuckerhaltigen Lebensmitteln und vor allem Softdrinks. Die Allianz mahnt mehr Tempo bei der Umsetzung an und verweist dabei auf eine Studie von Wissenschaftlern der beiden Münchner Universitäten LMU und TUM. Danach ist der durchschnittliche Zuckergehalt von Softdrinks in Deutschland zwischen 2015 und 2021 lediglich um etwa zwei Prozent gesunken. Die Getränkeindustrie erfülle ihre selbstgesteckten Ziele zur Zuckereindämmung nicht. Sie hatte sich 2018 im Rahmen einer „Nationalen Reduktionsstrategie“ dazu verpflichtet, den Zuckergehalt in Softdrinks bis 2025 um 15 Prozent zu verringern. Rechnerisch hätte bereits bis 2021 eine Reduzierung um neun Prozent zu Buche schlagen müssen, um das selbst gesteckte Ziel zu erreichen. „Doch davon sind wir weit entfernt. Um ein nachhaltiges Umdenken bei den Verbrauchern zu bewirken, brauchen wir den Anreiz einer anderen, am Gesundheitswert ausgerichteten Besteuerung von Lebensmitteln und Getränken“, betont Prof. Hauner als Ernährungsexperte von der Deutschen Herzstiftung.
Zuckeralternativen: Was taugen Süß- und Zuckeraustauschstoffe?
Um Figurbewusste als Kunden zu ködern, setzen die Hersteller verstärkt neue Süßstoffe und Zuckerersatzstoffe ein. „Zu den etablierten Süßstoffen wie Saccharin oder Natriumcyclamat, die bereits im ersten Weltkrieg verwendet wurden, sind einige neue wie Acesulfam, Aspartam, Sucralose oder Stevia dazugekommen. Diese Süßstoffe zeichnen sich durch eine hohe Süßkraft aus, sodass davon nur sehr kleine Mengen zum Süßen benötigt werden“, so Hauner. Daneben gebe es die sogenannten Zuckeraustauschstoffe, hauptsächlich chemisch hergestellte Zuckeralkohole, die keinen (z.B. Erythrit) oder einen geringeren Brennwert als normaler Zucker (z.B. Sorbit, Isomalt) hätten. „Diese können wegen ihrer Fülle auch als Zuckerersatz verwendet werden“, erläutert der Experte der Deutschen Herzstiftung. Erythrit ist als Lebensmittelzusatzstoff mit der Nummer E968 gekennzeichnet.
Aktuell Thromboserisiko durch Zuckerersatzstoff Erythrit in der Diskussion
„Der Vorteil von Erythrit besteht darin, dass er vom Körper nicht verwertet, sondern direkt wieder ausgeschieden wird“, berichtet der Ernährungsmediziner. Ob hohe Konzentrationen von Erythrit im Blut schaden können, müsse noch wissenschaftlich untersucht werden. Allerdings gebe es bereits erste Beobachtungsstudien zu Softdrinks mit Süßstoffen, nach denen es einen Zusammenhang zwischen einem regelmäßigen Konsum und einem erhöhten Schlaganfallrisiko geben könnte. Eine neue Studie weist darauf hin, dass Erythrit ebenfalls Thrombosen fördern könnte. „Die wissenschaftliche Beweiskette insbesondere bei den Arbeiten zu Erythrit ist allerdings längst nicht geschlossen. Wir benötigen weitere Studien, um die Wirkung der Zuckerersatzstoffe seriös beurteilen zu können“, analysiert Prof. Hauner. „Nach derzeitigem Wissensstand gibt es aber auch keinen Grund, den Konsum von Light-Getränken zu dramatisieren. Es ist sicherlich nicht gefährlich, wenn man mal ein Glas davon trinkt. Light-Getränke sollten allerdings nicht literweise getrunken werden.“
Mehr Infos zum Thema Zuckerkonsum und Auswirkung auf die Herzgesundheit sowie zur wissenschaftlichen Lage bei Zuckeralternativen finden Sie unter https://herzstiftung.de/zucker-herz-in-gefahr
Literatur:
- Medscape, Deutsche Ausg. vom 3. Juli 2023, „Beliebte Krankmacher? WHO rät von Süßstoffen ab, trotz dünner Datenlage – deutschem Experten geht das zu weit“: https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4912647
- Medscape, Deutsche Ausg. vom 13. März 2023, „,Brisanter Datensatz‘: Assoziation zwischen Süßungsmittel und kardiovaskulären Erkrankungen – Experten warnen (noch) nicht vor Erythrit“: https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4912248
- World Health Organization, Rios-Leyvraz, Magali & Montez, Jason. (2022). Health efffects of the use of non-sugar sweeteners: a systematic review and meta-analysis. World Health Organization. https://apps.who.int/iris/handle/10665/353064
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