Streiks bei der Deutschen Bahn können dazu führen, dass Fahrgäste alternative Verkehrsmittel wie Fernbusse ausprobieren und dauerhaft auf diese Konkurrenz umsteigen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Arbeitspapier unter maßgeblicher Beteiligung von Forscherinnen und Forschern des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel). Die Ergebnisse geben der Politik auch Hinweise, wie sie den Umstieg auf alternative Verkehrsmittel befördern kann. 

Die Studie wertet den größten Bahnstreik im deutschen Schienennetz im Herbst 2014 aus. Durch die Kombination nicht öffentlich verfügbarer Buchungsdaten für Fernbusse mit Informationen über Zugausfälle konnten die Forscherinnen und Forscher drei wesentliche Erkenntnisse gewinnen: 

  1. Der Anstieg der Buchungen von Fernbustickets infolge des Streiks ist im Kreis jener Personen besonders hoch, die zuvor noch nie mit dem Fernbus gereist waren. Interessanterweise hält dieser Effekt über die Dauer des Streiks hinaus an, was darauf hinweist, dass Reisende nicht zu ihrem ursprünglich bevorzugten Verkehrsmittel zurückkehren.
  2. Insbesondere an den Wochenenden hat der Streik zu einem signifikanten Anstieg der Buchungen von Fernbustickets geführt. Dies legt nahe, dass Fernbusse, insbesondere für Freizeitreisende, eine Alternative zur Bahn sind.
  3. Reisende stiegen hauptsächlich für kürzere Strecken auf Fernbusse um, weil diese auf Langstrecken als weniger attraktiv wahrgenommen werden.

„Unsere Untersuchung trägt zum Verständnis bei, wie sich Verbraucherinnen und Verbraucher in einem unsicheren Planungsumfeld verhalten. Wenn Kundinnen und Kunden gezwungen sind, mit anderen Verkehrsmitteln zu experimentieren, können auch kurzfristige Serviceunterbrechungen zu einem dauerhaften Abwandern führen. Das belegt erneut, welche Bedeutung Verlässlichkeit von Angeboten für die Kundenbindung hat“, sagt Levke Jessen-Thiesen, Forscherin am IfW Kiel und an der Studie beteiligt.  

Für die Untersuchung haben die Forschenden detaillierte Buchungsdaten des führenden Betreibers „MeinFernbus“ für die Verbindungen zwischen 33 großen deutschen Städten über einen Zeitraum von vier Monaten im Jahr 2014 ausgewertet. Diese Daten haben sie dann mit Bahnfahrzeiten und Notfallfahrplänen im selben Zeitraum und auf den gleichen Verbindungen abgeglichen.  

Während der ersten Streikwelle schossen die Fernbusbuchungen um 32 Prozent in die Höhe. Nach dem Streik blieben die Buchungen auf den betroffenen Strecken im Durchschnitt noch um mindestens acht Prozent höher als vorher. Der Anstieg geht vor allem auf Reisende zurück, die den Bus erstmals nutzten. Das zeigt: Nachdem Fahrgäste gezwungenermaßen während des Streiks das alternative Verkehrsmittel ausprobieren mussten, blieben sie diesem auch danach treu. 

„Für die Politik bringen unsere Ergebnisse weitere wichtige Erkenntnisse: Will sie den Wechsel auf andere – zum Beispiel nachhaltigere – Verkehrsmittel voranbringen, muss sie die Experimentierfreude der Nutzerinnen und Nutzer fördern. Und die Verlässlichkeit der Verkehrsmittel ist ein entscheidendes Kriterium für deren Nutzung“, sagt Koautor Alexander Sandkamp. 

Jetzt Kieler Arbeitspapier lesen: 

"Striking Evidence: The Impact of Railway Strikes on Competition From Intercity Bus Services in Germany"

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