Ein Jobwechsel macht sich vor allem dann bezahlt, wenn Arbeitnehmer:innen in verwandte Tätigkeiten wechseln. Das Lohnplus kann dann um bis zu 3.500 Euro brutto pro Jahr höher ausfallen als bei einem Wechsel in nicht verwandte Berufe. Dabei profitieren in erster Linie Fachkräfte und Spezialist:innen von einem Jobwechsel. Helfer:innen sind dagegen benachteiligt: Sie wechseln den Job doppelt so häufig wie Fachkräfte und starten besonders oft in für sie fremden Berufen – zumeist ohne Aufstiegschancen und die Aussicht auf eine bessere Bezahlung. Auch Frauen sind bei Berufswechseln oft schlechter gestellt.

Je mehr Wissen aus dem alten Beruf auch in der neuen Tätigkeit genutzt werden kann, desto größer ist die Aussicht auf einen erfolgreichen Jobwechsel. Bei einem Neustart in einem eng verwandten Beruf ist im Schnitt eine Gehaltsaufbesserung von knapp 3.500 Euro brutto pro Jahr möglich, bei einem Wechsel in einen zumindest noch wenig verwandten Job sind es immerhin noch knapp 2.500 Euro. Der Wechsel macht sich auch noch über Jahre bezahlt. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Bertelsmann Stiftung, die erstmals die Distanz beruflicher Wechsel greifbar macht und damit Arbeitsmarkterfolge erklärt. 

Bei einem erfolgreichen Wechsel steigt die Zahl der Arbeitstage 

Ein erfolgreicher Wechsel erhöht zugleich auch die Produktivität. Wer in einem eng verwandten Job neu startet, ist im Schnitt 6,2 Tage pro Jahr mehr an seinem Arbeitsplatz als Beschäftigte, die in einen komplett fremden Beruf wechseln. Bei einem Wechsel in einen weniger verwandten Job sind es immerhin noch 4,3 Tage pro Jahr. In beiden Fällen erhöht sich also die Zahl der Arbeitstage. „Wenn mit dem Wechsel in einen nahen Beruf auch der Aufstieg gelingt, ist das sowohl für die Arbeitgeber:innen als auch für die Arbeitnehmer:innen ein Gewinn:  Arbeitgeber:innen profitieren von produktiveren Beschäftigten und die Arbeitnehmer:innen von besser entlohnten Tätigkeiten. Eine höhere Erwerbsbeteiligung ist außerdem ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den massiven Fachkräftemangel“, sagt Tobias Ortmann, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung. 

Helfer:innen sind deutlich benachteiligt

In Zeiten des Strukturwandels sind insbesondere Helfer:innen benachteiligt – und das in mehrfacher Hinsicht. Pro Jahr wechseln 11,3 Prozent von ihnen die Stelle und damit deutlich mehr als Arbeitnehmer:innen in qualifizierteren Tätigkeiten. Bei Fachkräften liegt die Wechselrate beispielsweise bei nur 7,3 Prozent. Hinzu kommt, dass Helfer:innen im Vergleich zu Beschäftigten in höheren Tätigkeiten doppelt so häufig in einen für sie neuen Beruf wechseln. Helfer:innen betreiben viel Job-Hopping, sie müssen sich am Arbeitsmarkt mehr nach der Nachfrage als nach ihren vorhandenen Kompetenzen richten. Somit können Helfer:innen nicht an Wissen anknüpfen und müssen im Job häufiger wieder neu angelernt werden. „Helfer:innen und Geringqualifizierte brauchen also eine Validierung ihrer informell erworbenen Kompetenzen, um nicht ihr Leben lang auf niedrigem Niveau zu verharren“, erklärt Roman Wink, Weiterbildungsexperte der Bertelsmann Stiftung. „Nur so können sie auch beim Jobwechsel an vorhandene Kompetenzen anknüpfen“

Berufsabschluss verhindert Abstiege, Teilqualifikation ist ein sinnvoller Weg

Der Erwerb von Teilqualifikationen bis zum Berufsabschluss ist insbesondere für Geringqualifizierte ein wichtiger Hebel. So kann ein beruflicher Abstieg verhindert und gleichzeitig die Chance auf einen Aufstieg vergrößert werden – auch für jene, die keine klassische duale Ausbildung durchlaufen haben. Denn nach dem Erwerb von Teilqualifikationen sind vermehrt auch Wechsel in verwandte Berufe möglich. „Was es braucht, ist Einheitlichkeit in der flexiblen Weiterbildung und die Unterstützung durch Unternehmens-, Sozial- und  Bildungspartner:innen“, sagt Wink. Die Studie zeigt, dass Personen mit einer Berufsausbildung im Vergleich zu jenen ohne Ausbildung eine um 50 Prozent erhöhte Aufstiegsquote von Helfer:innen zu Fachkräften haben. Demgegenüber droht Personen ohne Berufsabschluss bei einem Jobwechsel der Abstieg. Ihr Risiko, bei einem Jobwechsel von einer Fachkrafttätigkeit in einem Helferberuf abzusteigen, ist dreimal so hoch wie für Erwerbstätige mit Berufsausbildung. 

Frauen sind bei Berufswechseln oft schlechter gestellt

Wie in zahlreichen anderen Situationen am Arbeitsmarkt sind Frauen gegenüber Männern auch dann benachteiligt, wenn sie ihre Beschäftigung wechseln. Eine Berufsausbildung verbessert zwar auch für Frauen die Aufstiegsmöglichkeiten, sie kann aber die Benachteiligung im Geschlechtervergleich nicht lösen. So gelingt bei Männern mit Ausbildung in 82 Prozent der Wechsel der Aufstieg vom Helfer zur Fachkraft, bei Frauen sind es nur knapp 77 Prozent. Ebenso ist für Frauen das Risiko eines Abstiegs aus einer Tätigkeit als Fachkraft deutlich größer, wenn sie den Job wechseln. Auch mit Ausbildung führen bei Frauen 13 Prozent der Wechsel zum Abstieg, bei Männern nur 9 Prozent. „Diese Situation resultiert unter anderem aus der ungleichen Aufgabenverteilung in Familien und der unbefriedigenden Betreuungssituation der Kinder. Wenn durch eine faire Verteilung der Familienarbeit und bessere Betreuungsmöglichkeiten Frauen ihre beruflichen Unterbrechungszeiten verkürzen und ihre Arbeitszeiten erhöhen können, dann verbessert dies die Chancen von Frauen auch beim Jobwechsel“, sagt Ortmann. 

Zusatzinformationen
Die Studie „Bessere Perspektiven bei Jobwechseln – Zur Ähnlichkeit beruflicher Übergänge“ analysiert die Distanz beruflicher Wechsel sowie hieraus resultierende Einkommens- und Beschäftigungseffekte auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die Analysen basieren auf einem verknüpften Datensatz des Nationalen Bildungspanels (NEPS) mit den administrativen Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Für die Untersuchung wurde ein innovatives Ähnlichkeitsmaß konstruiert, das auf Basis offizieller Berufsinformationen (BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit) Tätigkeitsinhalte zwischen zwei Berufen bei einem Wechsel vergleichbar macht.

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