Mit seinem Beschluss vom 1. Juni 2023 kam das Amtsgericht Bayreuth dem Antrag auf eine gerichtliche Sanierung des Jean-Paul-Vereins Bayreuth e. V. nach. Der gemeinnützige Verein befindet sich damit aktuell in einem sogenannten vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren. „Wir haben uns diese Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht. Aber letztlich war der Antrag in der derzeitigen Situation ein notwendiger Schritt, um der Verantwortung für all die Menschen, die unserer Unterstützung bedürfen, langfristig gerecht zu werden. Die zahlreichen Krisen der letzten Zeit sind auch an unserem Verein nicht spurlos vorübergezogen. Durch das moderne Sanierungsverfahren nutzen wir nun die Möglichkeit, uns neu und stabil für die Zukunft aufzustellen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden über das Verfahren informiert – alle stehen geschlossen hinter unserem Verein. Das gibt uns die nötige Kraft und Zuversicht für die kommenden Aufgaben“, sagt Dr. Franz Sedlak, geschäftsführender Vorstand des Jean-Paul-Vereins. Durch die Eigenverwaltung hat er die Möglichkeit, das operative Geschäft des Vereins weiterhin zu leiten, während in Zusammenarbeit mit dem Sanierungsteam eine Lösung für die momentane Situation gefunden wird. Besonders der Fachkräftemangel und die Belastungen durch die hohen Energiekosten haben den gemeinnützigen Einrichtungen des Trägers zuletzt zugesetzt.

Personalmangel und Energiekrise belasten Traditionsverein

Der Jean-Paul-Verein blickt auf eine über 180-jährige Geschichte zurück und ist damit der älteste diakonische Verein der Stadt Bayreuth und der drittälteste Verein in gesamt Bayern. Bei der Jugendhilfe, im geförderten Lernen und der Seniorenpflege ist der Jean-Paul-Verein eine zentrale und traditionsreiche Institution in der Region. Trotz seiner Rolle als feste Größe im sozialen Miteinander können einige Einrichtungen des Trägers in der letzten Zeit nicht mehr kostendeckend arbeiten. So verhinderte etwa der zunehmende Fachkräftemangel, dass eine ausreichende Belegung erreicht werden konnte. Darüber hinaus musste der Verein aufgrund der globalen Krisen mit erheblichen Kostensteigerungen im Bereich Materialaufwand und Energie kämpfen. Dadurch litt die Ertragslage und die Liquiditätsreserven reduzierten sich in den letzten Jahren kontinuierlich. „Um der drohenden Zahlungsunfähigkeit zuvorzukommen, hatte sich Dr. Sedlak folgerichtig für den Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung entschieden. Die Eigenverwaltung gibt ihm nun die Möglichkeit das operative Geschäft weiterzuführen, während alle aussichtsreichen Sanierungsoptionen zum Erhalt und zur Neuaufstellung des Vereins geprüft und bewertet werden können. Besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, dass die Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien, für Schülerinnen und Schüler und für Senioren in gewohnter Form aufrechterhalten werden“, sagt Rechtsanwalt Stefan Ettelt von der Kanzlei Kulitzscher & Ettelt. Als Generalbevollmächtigter steht er dem Jean-Paul-Verein gemeinsam mit seinem Team bei allen insolvenzrechtlichen Fragen zur Seite.

Trotz der aktuellen Lage kann der gemeinnützige Verein aber nicht nur die Menschen mit allen Angeboten ohne Einschränkung weiter unterstützen – es gibt auch einen ersten Sanierungserfolg zu verzeichnen: Die Löhne und Gehälter der mehr als 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind durch das Insolvenzgeld für die Monate Juni, Juli, August gesichert.

Stabilisierung und Neustrukturierung der Angebote

Zum Sanierungsteam des Jean-Paul-Vereins gehört auch Simon Leopold, Geschäftsführer der ABG Consulting-Partner GmbH und Co. KG. Mit seinem Team verantwortet er die kaufmännische Begleitung und die Umsetzung des Sanierungskonzeptes. „Die Einrichtungen und Angebote des Vereins waren zuletzt nicht mehr wirtschaftlich. Deshalb müssen wir uns die einzelnen Bereiche nun genau anschauen, sie stabilisieren und restrukturieren. Dabei sind sich natürlich alle Beteiligten bewusst, welche Bedeutung die Arbeit des Vereins für das Miteinander und die Menschen in der Region hat. Deshalb ist es wichtig, die Arbeit am Laufen zu halten und zugleich nach einer langfristigen Lösung für diesen traditionsreichen Träger und vor allem für die Menschen zu finden, die auf ihn zählen“, erklärt Simon Leopold. Bis zur geplanten Eröffnung des Verfahrens Anfang September soll das Sanierungskonzept vollständig umgesetzt werden.

Vorläufiger Sachwalter sieht gute Chancen für Erhalt

Wie es in einem Eigenverwaltungsverfahren erforderlich ist, wurde vom Amtsgericht Bayreuth auch ein sogenannter vorläufiger Sachwalter bestellt. In dieser Funktion überwacht Rechtsanwalt Dr. Nils Freudenberg von der Kanzlei Tiefenbacher Insolvenzverwaltung I Restrukturierung den Fortgang des Verfahrens und kontrolliert die Geschäftsführung. „Ich sehe beim Jean-Paul-Verein beste Chancen auf einen Erhalt und eine nachhaltige Sanierung. Der Schuldner ist noch nicht tatsächlich zahlungsunfähig, was die Neuaufstellung deutlich erleichtern dürfte. Außerdem sind sich, denke ich, alle Beteiligten der Bedeutung des traditionsreichen Vereins für die Hilfebedürftigen und für das gesellschaftliche Miteinander in der gesamten Region Bayreuth bewusst. Deshalb gehe ich davon aus, dass hier konstruktiv und mit Nachdruck an einer zeitnahen Lösung für den Jean-Paul-Verein gearbeitet wird“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Nils Freudenberg.

Mehr Informationen: www.jpv-bayreuth.de

Über den Jean-Paul-Verein  

Die Ursprünge des gemeinnützigen Jean-Paul-Verein Bayreuth e. V. gehen bis in das Jahr 1841 zurück. Der Verein ist ein wesentlicher Bestandteil der Bayreuther Sozialgeschichte. Als selbstständiger Träger sozialer Einrichtungen in der bayerischen Diakonie ist er der älteste diakonische Verein der Stadt. Er beschäftigt 163 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, stellt Angebote in der Jugend- und Seniorenhilfe und der Pflege bereit und ist auch als Schulträger tätig. Zu den Einrichtungen gehören das Jugendhilfezentrum „Jean-Paul-Stift“, das Senioren- und Pflegeheim „Seniorenstift am Glasenweiher“ und die „Janus-Korczak-Schule“. Letztere unterstützt Schülerinnen und Schüler mit erhöhtem Förderbedarf. Der Jean-Paul-Verein ist Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern – Landesverband der Inneren Mission e. V. und ist damit dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen.

Über die Kanzlei Kulitzscher & Ettelt

Die Sozietät der Rechtsanwälte Kulitzscher & Ettelt wurde 1968 gegründet und verfügt über Standorte in Dresden sowie Döbeln. In der Sozietät arbeiten derzeit sieben anwaltliche Berufsträger. Mit dem Standort Dresden hat sich die Kanzlei bundesweit auf Sanierungsprozesse spezialisiert. Die Sanierungsabteilung leitet der Inhaber der Kanzlei, Rechtsanwalt Stefan Ettelt. Mit mehr als 245 eingeleiteten Insolvenzverfahren, der Mitwirkung in insgesamt 49 Gläubigerausschüssen und der Durchführung von mittlerweile 18 Schutzschirmverfahren sowie 47 Eigenverwaltungsverfahren ist die Kanzlei Kulitzscher & Ettelt deutschlandweit führend im Sanierungsbereich. Die Kanzlei wurde bereits im März 2015 vom Finance Magazin als eine der Top 5 Beraterkanzleien in Deutschland für ESUG-Verfahren ausgezeichnet.

Über die ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG

ABG Consulting-Partner hat sich seit mehr als 20 Jahren auf die Unterstützung von Unternehmen in Krisensituationen und deren ganzheitliche Sanierung spezialisiert – außergerichtlich wie gerichtlich. Ziel ist die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und die Neuausrichtung der Unternehmen für den Restart am Markt. Die Leistungen reichen dabei von der strategischen Beratung über die kaufmännische Begleitung und die Entwicklung von Sanierungsplänen bis hin zur Investoren- oder Finanzierungssuche. Durch die Zugehörigkeit zum Beratungsverbund ABG-Partner, mit seinen eigenständigen Gesellschaften in der Steuer- und Unternehmensberatung sowie in Marketing, Recht und Wirtschaftsprüfung, kann jederzeit auf umfassende Fachexpertise zurückgegriffen werden.

Über die Tiefenbacher Insolvenzverwaltung I Restrukturierung
Tiefenbacher Rechtsanwälte betreut mit 55 Rechtsanwälten und über 130 Mitarbeitern bundesweit und international agierende, große und mittelständische Unternehmen, Banken sowie Finanzdienstleister. Im Bereich Insolvenzverwaltung I Restrukturierung sind an 16 Standorten 70 Mitarbeiter tätig, die das gesamte Portfolio der Verwalteraufgaben abdecken und bereits mehr als 5.000 Verfahren betreut haben. Seit über 40 Jahren strebt die Kanzlei Tiefenbacher eine Fortführung von schuldnerischen Unternehmen in der Insolvenz und anschließend eine übertragende Sanierung oder ein Planverfahren an – immer mit den Zielen: bestmögliche Gläubigerbefriedigung sowie Erhalt von Unternehmen und Arbeitsplätzen.

Kontakt Jean-Paul-Verein:

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