Deutschland hat ein demografisches Problem: In den nächsten Jahren erreichen deutlich mehr Menschen das Rentenalter als Jüngere nachrücken. Um diese Lücke zu schließen, müssen die Deutschen länger arbeiten. Eine interaktive Grafik des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wer wie viel arbeitet.

Der deutsche Arbeitsmarkt steht unter Druck. Bis 2030 erreichen knapp neun Millionen Menschen das Rentenalter – für sie rücken nur sechs Millionen Menschen nach. Um diese Lücke annähernd zu schließen, braucht es mehr Zuwanderung, ein höheres Renteneintrittsalter und vor allem mehr Menschen, die in Vollzeit arbeiten. Eine neue interaktive Grafik des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass in der Bevölkerung noch viel Potenzial schlummert:

  • 25 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten höchstens 30 Stunden pro Woche. 
  • Nur 59 Prozent aller erwerbstätigen Frauen arbeiten in Deutschland mehr als 30 Stunden pro Woche. Bei Frauen mit Kindern unter 14 Jahren sind es 41 Prozent. Aber auch Frauen ohne Kinder arbeiten häufiger in Teilzeit als Männer ohne Kinder.
  • Diejenigen, die keine berufliche Ausbildung abgeschlossen haben, arbeiten wenig oder sogar gar nicht: Knapp 40 Prozent von ihnen sind nicht erwerbstätig. Von denen, die einen Job haben, arbeitet fast jeder Zweite 30 Stunden oder weniger. Zum Vergleich: Über 80 Prozent der Beschäftigten mit beruflichem Abschluss arbeiten mehr als 30 Wochenstunden. 
  • Auch viele Menschen über 60 arbeiten vergleichsweise wenig: Etwa 44 Prozent von ihnen arbeiten höchstens 30 Stunden in der Woche. 
  • Darüber hinaus lässt sich beobachten, dass ein hoher Verdienst, also ein Bruttogehalt über 6.000 Euro, meist mit viel Arbeit einhergeht: Keine andere Gruppe in der Untersuchung arbeitet ähnlich lange.

Vor allem Frauen könnten und wollen gerne mehr arbeiten – Voraussetzung dafür ist aber eine flächendeckende, flexible Kinderbetreuung. Auch Menschen ohne Jobs könnten den Arbeitsmarkt bereichern, allerdings ist die Integration aufwändiger, hier bräuchte es Aus- und Weiterbildung. Und eine dritte Gruppe könnte das System entlasten: Frauen über 50 Jahre, deren Kinder schon etwas älter sind, arbeiten häufiger in Teilzeit. „Dass wir mehr und länger arbeiten müssen, wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, lässt sich nicht wegdiskutieren“, sagt IW-Ökonom Holger Schäfer. „Die Politik muss Anreize dafür schaffen, um die jeweiligen Gruppen zu motivieren. Wahlkampfparolen wie der Ruf nach der Vier-Tage-Woche helfen niemandem weiter.“

Zur MethodikAls Datengrundlage dient das Sozio-oekonomische Panel (SOEP), eine Langzeithaushaltsbefragung, für die jährlich rund 30.000 Personen befragt werden. Berücksichtigt wurden die tatsächlich geleisteten Wochenarbeitsstunden einschließlich Überstunden von abhängig Beschäftigten. Die Daten wurden im Jahr 2020 erhoben. Ein Vergleich mit 2019 zeigt, dass keine nennenswerte Veränderung infolge der Pandemie vorliegt. 
 

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