Bereits für seine Zeitgenossen galt die 4. Sinfonie Ludwig van Beethovens als der Inbegriff klassischer Proportionen und lichter, apollinischer Schönheit. Robert Schumann verglich sie mit einer »griechischschlanken Maid zwischen zwei Nordlandriesen« (womit Beethovens Dritte und Fünfte gemeint sind). Erst Richard Wagner distanzierte sich von diesem Werk, passte es doch mit seinem Charme, Witz und Esprit in Wagners Wahrnehmung nicht zum erhabenen Giganten Beethoven. Heute wird die 4. Sinfonie im Vergleich zu den anderen Beethoven-Sinfonien eher selten gespielt – unverständlicherweise. Denn der Komponist zeigt sich in diesem Geniestreich aus dem Jahr 1806 als ein Meister der Form und von schier unerschöpflicher, immer wieder aufs Neue überraschender Fantasie. So viel Optimismus in einer Komposition hat – zumindest in diesem Fall – auch autobiografische Gründe: Das nach Zeitzeugen-Aussagen unwiderstehliche Charisma der von Beethoven glühend verehrten Gräfin Josephine von Brunsvik führte den Komponisten zu jenen Glücksgefühlen, die auch die Hörer der Vierten unweigerlich mitreißen und begeistern.
Auch Antonín Dvořáks Slawische Tänze sind Schöpfungen voller Schwung, Leichtigkeit und Delikatesse – und nicht zuletzt deswegen äußerst populär. Entstanden sind sie auf Betreiben des Berliner Verlegers Simrock, der mit sicherem Instinkt auf die (für ihn lukrativen) Fähigkeiten des Komponisten setzte, aus dem Material böhmischer und mährischer Volkstänze hinreißende, subtil instrumentierte und deswegen von Anfang an äußerst beliebte orchestrale Paradestücke zu machen.
Genau jene souveräne Verwendung einer schillernden, leuchtend-warmen orchestralen Farbpalette verehrte der tschechische Komponist Bohuslav Martinů an seinem Landsmann Dvořák. Martinůs Cembalokonzert changiert höchst kunstvoll zwischen den Form- und Klangidealen der Barockzeit und der klaren, eleganten Nüchternheit der 1930er Jahre. Inspiriert wurde der Komponist durch die große Cembalistin Wanda Landowska und ihre Pionierarbeit auf dem Gebiet einer »Wiederentdeckung« der Musik Bachs, Händels und ihrer Zeitgenossen. In seinem Cembalokonzert verband Martinů barocke Formmodelle mit dem antiromantischen Klangideal und der erweiterten Harmonik seiner Zeit. Weniger interessierte ihn hingegen das Cembalo als ein Instrument, das nostalgisch die alte Zeit heraufbeschwört. »Für die Komponisten der 1920er und 1930er Jahre«, so Mahan Esfahani, »war das Cembalo ein modernes Instrument mit ganz neuen Klangmöglichkeiten.«
Der 1984 in Teheran geborene Cembalist Mahan Esfahani ist in dieser Saison Artist in Residence beim Gürzenich-Orchester. Er wuchs in den USA auf und studierte zunächst Musikwissenschaft und Geschichte an der Stanford University, anschließend Cembalo bei Peter Watchorn in Boston sowie bei der großen tschechischen Cembalistin Zuzana Růžičková in Prag. Mahan Esfahani ist ein mutiger musikalischer Grenzgänger, der für sein Instrument das Tor ins 20. und 21. Jahrhundert weit aufgestoßen hat. Er präsentiert weltweit und von Kritik und Publikum gefeiert das Cembalo-Repertoire der Barockzeit. Darüber hinaus engagiert er sich unermüdlich für die Musik unserer Tage, vergibt Kompositionsaufträge, spielt Uraufführungen und lotet neugierig die fließenden Grenzen zwischen Tradition und Avantgarde aus.
Mit seinen vielfältigen Programmen ist Mahan Esfahani unter anderem zu Gast in der Londoner Wigmore Hall und im Barbican Centre, in der Carnegie Hall in New York, in der Berliner Philharmonie, im Wiener Konzerthaus und in der Tonhalle Zürich. Als Artist in Residence beim Gürzenich-Orchester wurde er in dieser Konzertsaison bereits als Solist der Uraufführung von Miroslav Srnkas Standstill sowie in einem Kammermusik-Programm zusammen mit Musikerinnen und Musikern des Gürzenich-Orchesters gefeiert.
Seit der Saison 2021/2022 ist Michael Sanderling Chefdirigent des Luzerner Sinfonieorchesters. Gastengagements führen ihn darüber hinaus zu prominenten Orchestern in der ganzen Welt, beispielsweise zu den Berliner Philharmonikern, zum WDR Sinfonieorchester, dem SWR Symphonieorchester und dem Tonhalle-Orchester Zürich, außerdem ans Pult des Concertgebouworkest Amsterdam, des Orchestre de Paris oder des Toronto Symphony Orchestra. Eine besonders enge und regelmäßige Zusammenarbeit verbindet den Dirigenten mit dem Gewandhausorchester Leipzig und mit dem Konzerthausorchester Berlin.
Der 1967 in Ost-Berlin geborene Musiker sorgte vor seiner großen Dirigenten-Karriere als preisgekrönter, international gefragter Cellist für Aufsehen. Von 2011 bis 2019 war er Chefdirigent der Dresdner Philharmonie. Als Operndirigent trat Michael Sanderling bislang unter anderem mit einer Neuproduktion von Sergej Prokofjews Krieg und Frieden an der Oper Köln in Erscheinung.
ABO 11
FREISTIL
So 21.05.23 11 Uhr
Mo 22.05.23 20 Uhr
Di 23.05.23 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Antonín Dvořák
Slawische Tänze (Auswahl)
1876–86
Bohuslav Martinů
Konzert für Cembalo und kleines Orchester
1936
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
1806
Mahan Esfahani Cembalo
Gürzenich-Orchester Köln
Michael Sanderling Dirigent
€ 50 / 40 / 32 / 21 / 17 / 11
Gürzenich-Orchester Köln
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50667 Köln
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