Gestörte Liefer- und Handelsketten, ein Krieg vor der Haustür, bürokratische Neuregelungen von höherer Stelle und ein banger Blick in die Zukunft: Bei der Ortslandwirteversammlung in Rainrod gab es neben Informationen aus dem hessischen Landwirtschaftsministerium, dem Amt für Wirtschaft und ländlichem Raum (AWLR) sowie dem Amt für Veterinärwesen, Verbraucherschutz und Ordnungsangelegenheiten (AVVO), Raum für Austausch und Diskussion.

In seinem Grußwort machte Dr. Jens Mischak, Erster Kreisbeigeordneter und Landwirtschafts-Dezernent, gleich zu Beginn deutlich, wo der Landwirtschaft der Schuh drückt: ein hoher Flächendruck durch Freiflächenphotovoltaik und Energieerzeugung auf dem Acker, Fachkräftemangel, eine anspruchsvolle Regulierung und gleichzeitiger globaler Konkurrenz sowie die teils hohen naturschutzfachlichen Ansprüche seien nur einige Punkte, die für Missmut sorgten. „Nicht nur bei uns im Vogelsbergkreis ist die Landwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftszweig, der für wichtige Nahrungs- und Genussmittel sorgt“, unterstrich der Dezernent. Die Krisen hätten gezeigt, wie wesentlich es ist, diese vor Ort produzieren zu können. „Die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte muss sich lohnen“, stellte Dr. Mischak klar, und rief die Landwirte dazu auf, sich bei Fragen an die Fachämter zu wenden.

Kreislandwirt Andreas Kornmann blickte auf ein ereignisreiches Landwirtschaftsjahr zurück. Die Folgen des Ukraine-Krieges, die Auswirkungen der Corona-Pandemie und die langandauernde Unsicherheit bei der Ausgestaltung der neuen Rahmenbedingungen für die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) forderten die Landwirte stark. Daher seien Schutz, Förderung sowie ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft von Gesellschaft und Politik in Deutschland vonnöten, unterstrich er. Die von Kornmann angesprochene GAP regelt die Förderung landwirtschaftlicher Betriebe, und wird in der neuen Periode einige Änderungen mit sich bringen. Beschlossen von der EU-Kommission, wird sie auf Bundesebene angepasst, und schließlich auf Landesebene umgesetzt. Die Neuerungen beleuchtete Gerd Trautmann, Referatsleiter Agrarpolitik, Agrarmärkte und Flächenförderungen im Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, später in seinem Vortrag.

Die Punkte seiner Vorredner griff schließlich CDU-Landtagsabgeordneter Michael Ruhl auf, und kündigte an, sich auch weiterhin für die Belange der Landwirtschaft – auch im Verhältnis zum Naturschutz – einsetzen zu wollen.

Neuerungen in der GAP 2023-2027

Unter der Überschrift „GAP 2023-2027 – langer Anlauf, kurzer Sprung“ referierte anschließend Gerd Trautmann aus dem hessischen Landwirtschaftsministerium. Denn nach zähen und langwierigen Abstimmungsprozessen auf EU-, Bundes- und Landesebene seit 2017 sei diese nun endlich in Kraft. Trotzdem gebe es noch immer Unklarheiten bei der Umsetzung, wie Trautmann anmerkte. Kernstücke des Werks: neben dem Ziel einer ökologischeren und klimagerechteren Landwirtschaft, ein neues Umsetzungsmodell mit mehr Entscheidungsspielraum auf nationaler Ebene sowie kurzen Evaluationszeiträumen. Und somit weniger Planungssicherheit und eventuell verspätete Förderzahlungen für die Landwirte. Neuerungen gibt es ebenfalls bei den „Grundanforderungen an die Betriebsführung“ oder den Anforderungen für einen „Guten landwirtschaftlichen ökologischen Zustand“, die etwa den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln regeln, die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit garantieren, Tierwohlaspekte schützen sollen oder etwa den Umbruch von Ackerbrachen reglementieren. Auch das HALM 2 (Hessisches Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen) wurde entsprechend der Vorgaben aus Brüssel und Berlin angepasst. Um die Stoßrichtung der Reform zu verdeutlichen, machte Trautmann klar, dass er einen extensiven Tierhaltungsbetrieb als klaren Gewinner der Reform sehe, da Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte stark betont werden. Das sorge zuweilen für großen Unmut in der Landwirtschaft.

Im Anschluss informierte Ronny Mohr, kommissarischer Leiter des AWLR, über aktuelle Themen und rief die Ortslandwirte dazu auf, ihr Mitspracherecht bei Flächenverkäufen zu nutzen. Weiterhin wies Dorothea Mauß vom Sachgebiet Landwirtschaft und Agrarförderung, auf Neuerungen beim Online-Agrarantrag 2023 und das in diesem Jahr erstmals eingesetzte Flächenmonitoring per Satelliten hin. Für den 8. März sowie für Anfang April sind Informationsveranstaltungen zur GAP und zum Online-Agrarantrag geplant. Auch gab es von Markus Daum und Stefan Rhiel, beide Sachgebiet Landwirtschaft und Agrarförderung, Informationen zu den Wertigkeiten, beziehungsweise zum Umgang mit Kauf- und Pachtanfragen bei Freiflächen-PV-Anlagen, zur Stoffstrombilanz und zu den Bewirtschaftungsregelungen an Gewässerrändern sowie der Grünlandumwandlung.

Abschließend gab Dr. Torsten Scheid, stellvertretender Leiter des AVVO, einen Überblick über Neuerungen bei Kälbertransporten, dem Arzneimittelrecht sowie der Tierseuchenbekämpfung. Beispielsweise sei darauf zu achten, dass Kälber im Alter von weniger als 28 Tagen nicht transportiert werden dürften. Ausnahmeregeln gäbe es unter anderem bei Transporten der eigenen Tiere im Umkreis von 50 Kilometern. Außerdem solle der Einsatz von Antibiotika mit Hilfe eines Minimierungskonzepts überwacht und eingedämmt werden – detaillierte Informationen seitens des zuständigen Regierungspräsidiums stünden aber noch aus. In Bezug auf die Afrikanische Schweinepest berichtete Dr. Scheid, dass diese momentan vor allem in Osteuropa grassiere. Immer wieder treten – gerade im Grenzbereich – einzelne Fälle auf. Die Gefahr einer Einschleppung mit massiven Folgen für die Landwirtschaft sei weiterhin gegeben. Weiter ging er auf die Blauzungenkrankheit ein, und riet Landwirten bei Viehkäufen die entsprechenden Einfuhrbedingungen aufgrund möglicher Verbreitung in der Region des Verkäufers zu prüfen. Abschließend verwies er auf die weiterhin aktive Geflügelgrippe und die dabei hilfreichen Vorsichtsmaßnahmen hin.

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