Das Märkische Museum ist nun für eine mehrjährige Erneuerung geschlossen, aber die Arbeit der Stiftung Stadtmuseum Berlin geht weiter. Neben dem Ausstellungsbetrieb an den übrigen fünf Standorten sind Highlight-Objekte aus der Sammlung in anderen Museen der Stadt zu Gast.

Paul Spies, Direktor Stadtmuseum Berlin: „Unglaublich viele Besucher:innen haben das Märkische Museum im letzten Öffnungsmonat bei freiem Eintritt besucht. Nun arbeiten wir intensiv an der Weiterentwicklung der inhaltlichen Konzepte, organisieren die Beräumung des Museums und begleiten die Bauplanungen. Das Stammhaus der Stiftung Stadtmuseum Berlin ist jetzt zwar erstmal geschlossen, aber glücklicherweise haben wir noch eine ganze Menge an Ausstellungen und Programm an unseren anderen Standorten zu bieten.“

Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park

Seit 2022 wird das denkmalgeschützte Marinehaus mit umfassenden Sanierungsarbeiten auf einen mehrjährigen Umbau vorbereitet. Dabei wird nicht nur wertvolle, historische Bausubstanz gesichert, sondern auch ein völlig neues Innenraumkonzept realisiert, mit dem das geschichtsreiche Gebäude unter dem Dach der Stiftung Stadtmuseum Berlin zum Bestandteil eines lebendigen Museumsquartiers in Berlins Mitte werden wird. Nun stehen die konzeptuelle Entwicklung des ehemaligen Marinehauses und des Märkischen Museums im  Vordergrund, die zusammen künftig ein Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park bilden werden.

Unter Einbeziehung von Studierenden, unterschiedlichsten Kooperationspartner:innen und weiteren Akteur:innen der Stadt werden vielfältige Themen und deren Umsetzung erarbeitet, um dort einen vernetzten und lebendigen neuen Museums- und Kreativort zu schaffen. Mit dem Beteiligungsformat „Junior-Kurator:innen im Museum“ haben Berliner Jugendliche in den vergangenen vier Jahren schon eine starke Stimme am Stadtmuseum Berlin erlangt. Durch die Gründung eines Junior-Beirats erhalten sie ab 2023 auch eine beratende Funktion. Damit wird Ihnen die Teilhabe an der Ausrichtung des Doppelstandorts ermöglicht.

„BERLIN GLOBAL“ im Humboldt Forum

In BERLIN GLOBAL, der Berlin Ausstellung im Humboldt Forum, bietet das Stadtmuseum Berlin Programme und Veranstaltungen an, die Berlins Vernetzung mit der Welt zum Thema haben. Darüber hinaus werden dort so genannte „Freiflächen“ für jeweils rund eineinhalb Jahre verschiedenen Gruppen, Projekten und Initiativen überlassen. Im Jahr 2023 werden sich zwei dieser Freiflächen mit dem Thema „Verdrängung“ beschäftigten: Ab 3. März ist die erste Präsentation unter dem Titel „Wir bleiben! Gentrifizierung und Widerstand in Berlin“ zu sehen, und ab Herbst widmet sich die zweite „Frauen* in der Wohnungslosigkeit“. Ein Veranstaltungsprogramm begleitet diese Präsentationen sowie die bestehenden Freifläche „30 kg“ über einen neuen Lebensabschnitt in einem neuen Land, die noch bis zum 30. Oktober 2023 zu sehen ist. Die Bespielung von zwei der drei genannten Freiflächen ab Frühjahr 2025 wird im April 2023 ausgeschrieben.

Im WELTSTUDIO von BERLIN GLOBAL können Besucher:innen ihre Erfahrungen aus der Ausstellung gemeinsam haptisch anwenden und verarbeiten. 2023 stehen hier einige Angebote und Workshops zu den Themen Weben, Illustrieren oder Kalligraphieren auf dem Programm und demenziell erkrankte Menschen gestalten mit Familienangehörigen eigene Präsentationen im Boxenformat.

Museum Ephraim-Palais

Im Museum Ephraim-Palais am Rande des Nikolaiviertels präsentiert das Stadtmuseum Berlin wechselnde Ausstellungen zu vielfältigen Themen rund um die Geschichte und Kultur der Stadt. Von Juni bis September 2023 ist im zweiten Obergeschoss des Museums eine Sonderausstellung mit Fotoarbeiten des Straßenfotografen Frank Silberbach zu sehen, die sich mit Berlin in den Jahren nach der Jahrtausendwende befasst. Im ersten Obergeschoss wird ebenfalls ab Frühjahr/Sommer die Ausstellung „MOTHERLAND/MUTTERLAND – zehn künstlerische Positionen aus der Ukraine hinterfragen das Heimatgefühl“ präsentiert. Gezeigt werden hier zehn großformatige und gewaltige Werke von Künstler:innen, die nach Kriegsbeginn in der Ukraine im Laufe des letzten Jahres entstanden sind. Zusammengestellt von der ukrainischen, nun in Berlin lebenden Kuratorin, Valeria Schiller, und beauftragt vom Stadtmuseum Berlin.

Ab November 2023 wird die Dauerausstellung „BerlinZEIT – Geschichte kompakt“ aus dem Märkischen Museum in einer aktualisierten und neu bearbeiteten Fassung im Museum Ephraim-Palais zu sehen sein. Die Neuauflage der erfolgreichen Ausstellung nimmt die Besucher:innen auf zwei Etagen des rekonstruierten Rokoko-Palais während der Schließzeit des Märkischen Museums mit auf eine Reise durch die Epochen der Berliner Stadtgeschichte.

Museum Nikolaikirche

Ab April 2023 werden Objekte aus dem geschlossenen Märkischen Museum die Dauerausstellung im Museum Nikolaikirche ergänzen, darunter das beliebte Stadtmodell der Doppelstadt Berlin-Cölln um 1440 und eine Kopie der Gründungsurkunde von 1237. So können Besucher:innen am historischen Ort das mittelalterliche Berlin mit dem heutigen vergleichen und hier die letzten sichtbaren Spuren des Mittelalters erkunden. Tastobjekte und Informationen in Braille-Schrift ermöglichen es auch blinden

und sehbehinderten Menschen, sich Berlins ältestes Kirchengebäude zu erschließen. Mit der Erweiterung der Dauerausstellung wird das buchbare Vermittlungsprogramm für Kinder- und Jugendgruppen um die Themen Stadtgründung und Mittelalter ergänzt.

In der vom preußischen Hofbildhauer Georg Glume (1679–1765) für die Familie Kraut gestalteten Kapelle der Berliner Nikolaikirche („Kraut-Kapelle) wird die künstlerische Intervention „Kunstraum Kraut“ noch bis Ende Mai 2023 fortgesetzt. Anstelle traditioneller denkmalpflegerischer Lösungen wird hier seit 2021 die Leerstelle eines im Zweiten Weltkrieg zerstörten barocken Wandbildes von wechselnden Künstler:innen für jeweils einige Wochen mit zeitgenössischen Interpretationen gefüllt. Zurzeit ist mit „Radical Love“ von Rebecca Raue die zehnte Variation zu der verlorenen Auferstehungsszene zu sehen. Es folgen noch zwei weitere Variationen.

Vom 7. Oktober 2023 bis voraussichtlich Februar 2024 wird das Museum Nikolaikirche erneut zum Ort für zeitgenössische Kunst. Zu Gast ist dann der weltweit arbeitende US-amerikanische Künstler Mark Dion. Schon seit den späten 1980er Jahre beschäftigt er sich mit der Frage, was ein Museum ist und wie dort Wissen gesammelt und vermittelt wird. Nun gilt sein Augenmerk der umfangreichen Spielzeugsammlung des Stadtmuseums Berlin. Für das Museum Nikolaikirche entwickelt er daraus eine künstlerische Arbeit, in der er eine Fülle von Objekten neu interpretiert und arrangiert. Die Ausstellung wird großzügig unterstützt von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.

Museum Knoblauchhaus

Im Museum Knoblauchhaus wird 2023 das „Eisenkunstguss-Kabinett“ fertiggestellt. Darin wird ein bedeutender Teil der Eisenkunstguss-Sammlung des Stadtmuseums Berlin zu sehen sein, vor allem Schmuckstücke und Ziergegenstände aus der Königlichen Eisengießerei, viele nach Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Dezember verwandelt sich das Knoblauchhaus dann wieder in ein stimmungsvoll geschmücktes Weihnachtshaus der Biedermeierzeit. Der Eintritt im Museum Knoblauchhaus ist weiterhin frei.

Museumsdorf Düppel

Das Museumsdorf Düppel in Nikolassee (Bezirk Steglitz-Zehlendorf) erfreut sich beim Publikum nach wie vor großer Beliebtheit. Die diesjährige Saison im Freilichtmuseum beginnt am 18. März mit dem traditionellen „Winteraustreiben“ und läuft bis zum 5. November. Nach Saisonende wird das Dorf in der Adventszeit noch einmal für das beliebte „Winterleben“-Wochenende geöffnet. Angemeldete Schulklassen und Kitagruppen können das Museumdorf weiterhin ganzjährig besuchen.

Ergänzend zur Dauerausstellung im Empfangsgebäude wurden im Freigelände bereits zwei Themeninseln zu „Bienen“ und „Artenvielfalt“ eröffnet. In dieser Saison kommt nun eine dritte zum Thema „Holz und Lehm in Vergangenheit und Zukunft“ hinzu, die sich mit natürlichen Baustoffen beschäftigt. Als wissenschaftliches Freilichtlabor und Sammlungsort für immaterielles Erbe unterstreicht das Museumsdorf damit seinen Anspruch, ein Ort der Begegnung zu sein, an dem aktuelle Themen wie Biodiversität und Nachhaltigkeit sowohl wissenschaftlich erarbeitet als auch partizipativ und publikumsorientiert vermittelt werden. Darüber hinaus wird weiterhin das Ziel verfolgt, ein Multifunktionsgebäude zu errichten, um damit auch an diesem Standort des Stadtmuseums Berlin allen Besucher:innen einen Ganzjahresbetrieb anbieten zu können.

Stadtmuseum Berlin unterwegs

Auch außerhalb seiner sechs derzeitigen Standorte ist das Stadtmuseum Berlin präsent. Ein Publikumsmagnet abseits der bekannten Museen ist das Atelier der Künstlerin Jeanne Mammen am Kurfürstendamm, das auch 2023 im Rahmen von buchbaren Führungen besichtigt werden kann.

Während der Schließzeit des Märkischen Museums werden zudem einige Schätze des Stadtmuseums Berlin in Ausstellungen anderer Institutionen zugänglich sein. So bereichern aktuell zwölf herausragende Werke der klassischen Moderne die Dauerausstellung der Berlinischen Galerie zum Thema „Kunst in Berlin 1880–1980“.

Ab dem 2. Juni 2023 präsentiert zudem das Museum Pankow in der Ausstellung „Musica di strada. Italiener*innen in Prenzlauer Berg. Handel, Handwerk & Musik“ in der Prenzlauer Allee 227 die mechanischen Musikinstrumente aus dem Märkischen Museum im Kontext der italienischen Migrationsgeschichte.

Im Rahmen des  Ausstellungs- und Veranstaltungsprojektes „Voicing Bethanien – ein Ausstellungs-ort im Kontext“ sind im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien vom 2. September bis 5. November 2023 Video-Interviews der Künstlerin Sonya Schönberger zu sehen. Darin hat sie vierzig Berliner:innen über diesen bewegten Kulturort befragt. Die Interviews erweitern zugleich das Zeitzeug:innen-Projekt „Berliner Zimmer“ – ein online frei zugängliches, stetig wachsendes Interview-Archiv, das Sonya Schönberger 2018 mit dem Stadtmuseum Berlin begonnen hat. In einem Pilotprojekt mit dem Berliner Start-up aureka werden die für die Ausstellung produzierten Videos mittels künstlicher Intelligenz (KI) automatisch transkribiert und mit Untertiteln versehen.

Aus den Sammlungen

Auch in diesem Jahr setzt das Stadtmuseum Berlin die erfolgreiche Provenienzforschung der vergangenen Jahre fort. Dafür erhält es eine Förderung zur wissenschaftlichen Erforschung und Dokumentation der Herkunft von Objektzugängen im Märkischen Museum von 1945 bis 1949 (SBZ) und von 1949/50 bis 1989/90. Dank einer weiteren Förderung kann ein Bestand von gerollten großformatigen Gemälden aus dem Märkischen Museum restauratorisch erschlossen werden. Damit wird zugleich die Voraussetzung für deren weitere Erforschung geschaffen.

Die Erhaltung schriftlichen Kulturguts wird 2023 ebenfalls gefördert. Dadurch können die einzigartigen Glasdias des Fotografen Oskar Bolle (1855–1929) sowie herausragende Werbeplakate aus dem frühen 20. Jahrhundert restauriert werden. Die digitale Erschließung von schriftlichem Kulturgut wird 2023 mit zwei durch das Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS) geförderten Projekten vorangetrieben. Für die Verbesserung der Depotausrüstung werden darüber hinaus bis 2025 Mittel aus dem Programm „Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Deutschland“ (INK) bereitgestellt – eine Voraussetzungen für die weitere digitale Erschließung der stadthistorischen Sammlung mit dem Ziel, sie für die Forschung und die Öffentlichkeit zu öffnen.

Im vergangenen Jahr wurde gemeinsam mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) die „Stiftung Archiv der Sozialen Künstlerförderung Berlins“ unter dem Dach des Stadtmuseums Berlin gegründet. 2023 beginnt eine dreijährige Projektentwicklungsphase zur Sichtung und Neuausrichtung dieses über 15 000 Kunstwerke umfassenden Bestands.

Dekolonisierung und Diversitätsentwicklung

Im Februar 2022 hat die Kompetenzstelle Dekolonisierung am Stadtmuseum Berlin ihre Arbeit aufgenommen. 2022 lag der Schwerpunkt unter anderem auf dem Projekt „Erstsichtung der Sammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin auf koloniale Spuren“. Die Ergebnisse des Projekts und die Empfehlungen der am Projekt beteiligten externen Expert:innen bilden eine wichtige Grundlage für die weitere Arbeit der Kompetenzstelle im Jahr 2023. So sollen ausgehend von einer multiperspektivischen Neusichtung ausgewählter Sammlungsobjekte Standards für eine dekoloniale Sammlungsarbeit entwickelt werden. Desweiteren wird die Kompetenzstelle am Beispiel konkreter Projekte und Projektideen der Frage nachgehen, wie dekoloniale Theorien in die Praxis umgesetzt werden können und welche Rolle dabei Mehrdimensionalität und Perspektivität spielen. Ein wichtiger Fokus liegt hierbei auf der Zusammenarbeit mit anderen Museen in Berlin und Deutschland sowie mit Wissenschaftler:innen und Expert:innen.

Auch die diversitätsorientierte Organisationsentwicklung, die im Masterplan 2025 als ein Schwerpunkt des Stadtmuseums Berlin festgeschrieben worden ist, wird 2023 weiter strukturell in der Institution verankert und widmet sich dem Thema verstärkt in den Bereichen Personal, Gremien und Beschwerdestelle.

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