Die schriftlichen Prüfungen in der juristischen Ausbildung sind bereits heute eine Tortur, die keine Entsprechung in einem anderen akademischen Fachgebiet kennt. Die Stoffbreite, die Komplexität der Prüfung und die physische und psychische Belastung von sechs fünfstündigen Klausuren fordert dem juristischen Nachwuchs körperliche und geistige Höchstleistungen – oft oberhalb der Schmerzgrenze – ab.
Diese Prüfungsbelastung weiter zu verschärfen ist untragbar. Obschon bereits heute alternative Prüfungsformen – digital und mit Hilfsmitteln – diskutiert werden, halten die Prüfungsämter am bestehenden Prüfungssystem fest, das weder als Abschluss eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums noch gemessen an realen Praxisanforderungen überzeugt. Prüfungsgegenstand ist damit vor allem die physische und psychische Belastbarkeit der Kandidat*innen, nicht ihre Eignung für juristische Berufe. Schon heute herrscht im juristischen Berufsalltag eine ungesunde Konformität und Fokussierung auf Individualleistung, Leistungsdenken und Selbstausbeutung. Die Staatsexamina sind Teil eines Selektionsverfahrens, das dazu führt, dass Menschen mit Begabungen wie Empathie, Solidarität und Teamfähigkeit es seltener in das juristische Berufsleben schaffen. Die zeitliche Belastung der Klausurenwochen benachteiligen schon jetzt jene, die durch Care- und Familienarbeit oder die Notwendigkeit zur studienbegleitenden Erwerbstätigkeit weniger psychische und zeitliche Ressourcen haben. All das geht schon heute zu Lasten einer vielfältigen und menschlichen Justiz. Durch die Streichung der Ruhetage wird diese Fehlentwicklung und der Selektionsdruck in Richtung einer hohen Belastbarkeit weiter verschärft.
Eine Verkürzung der Prüfungszeit und Erhöhung des Prüfungsdrucks, um Schwierigkeiten bei der Akquise und Bewirtschaftung der Prüfungsräume zu begegnen, ist aberwitzig. Das schon jetzt katastrophale Prüfungssystem wird damit aus bloßen Fiskalinteressen zu Lasten der Studierenden weiter verschärft. Dem muss entschieden entgegengetreten werden!
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