Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, würdigte sie mit folgenden Worten:
„Philomena Franz hat sich Zeit ihres Lebens für die gleichberechtigte Teilhabe unserer Menschen in diesem Land stark gemacht. Durch ihr unermüdliches Wirken als Zeitzeugin und Bürgerrechtlerin hat sie im Hinblick auf unsere Minderheit die positiven Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte maßgeblich mit beeinflusst. Sie war eine der ersten, die über ihre Erlebnisse in den Konzentrations- und Vernichtungslagern geschrieben und damit auch vielen anderen eine Stimme gegeben hat. Sie hat sich nie mit der fehlenden Anerkennung des Unrechts an Sinti und Roma abgefunden. Ihrem Wirken um Versöhnung und Verständigung gehört unser aller Respekt.“
Philomena Franz wurde am 21. Juli 1922 in Biberach an der Riß in eine Musikerfamilie geboren. Das Streichquartett, in dem ihr Großvater Johannes Haag Cello spielte, hatte 1906 als Sieger eines internationalen Wettbewerbs die „Goldene Rose“ aus der Hand des württembergischen Königs Wilhelm II. erhalten. Bereits nach Himmlers Festschreibungserlass von 1939 wurde die Familie von Philomena Franz erkennungsdienstlich erfasst und durfte ihren Wohnort nicht mehr verlassen. 1943 wurde Philomena Franz nach Auschwitz deportiert, im Mai/Juni 1944 kam sie auf einen Transport ins KZ Ravensbrück. Damit entging sie der Vernichtungsaktion vom 2. August 1944 in Auschwitz-Birkenau, bei der die letzten 4.300 Häftlinge des sogenannten „Zigeunerfamilienlagers“ ermordet wurden. Nach einem zunächst gescheiterten Fluchtversuch aus Ravensbrück floh sie 1945 erfolgreich aus einem Lager bei Wittenberge und rettete ihr Leben mithilfe eines deutschen Bauern, der sie versteckte. Ein Großteil ihrer Familie, darunter ihre nächsten Angehörigen, wurde im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, sowie in anderen Konzentrationslagern ermordet.
In den 1970er Jahren begann Philomena Franz ihr Engagement als Zeitzeugin auf Grund der anhaltenden Diskriminierungserfahrungen und vor dem Hintergrund der verweigerten Anerkennung der Völkermordverbrechen an den Sinti und Roma. Sie sprach in Schulen, Universitäten, aber auch in Talkshows und Radiosendungen und trug dadurch dazu bei, Sinti und Roma als Opfer der NS-Verfolgung in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken.
„Über ihre Erfahrungen in den Vernichtungslagern der Nazis schrieb Philomena Franz ‚Ich bin ein Vogel, kann nicht fliegen. Man hat mir die Flügel gestutzt.‘ Durch ihre unermüdliche Arbeit für Versöhnung und ihre Stimme, die sie zeitlebens für ein friedliches, gemeinsames Zusammenleben erhoben hat, sind Philomena Franz wieder Flügel gewachsen. Ich wünsche mir sehr, dass ihre Stimme noch lange nachwirken wird“, so Romani Rose heute.
Philomena Franz wurde für ihr Wirken um Versöhnung und Verständigung 1995 mit dem »Bundesverdienstkreuz am Bande« ausgezeichnet.
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