Den 15. Januar 2020 wird Annabel Alekenju nie vergessen: An diesem Tag wurde sie nach eigener Aussage in ihrem Heimatland Kamerun entführt, in einen Wald verschleppt und dort von Paramilitärs lebensgefährlich verletzt. Ihre Geschwister kümmerten sich um die heute 41-Jährige und sorgten dafür, dass ihr zertrümmertes linkes Bein in Kamerun viermal operiert wurde. Laufen konnte die Mutter zweier Töchter danach allerdings nicht mehr. Jetzt, fast drei Jahre später, ist Alekenju immerhin wieder auf Krücken unterwegs. Zu verdanken hat sie das vor allem dem Einsatz zweier Unfallchirurgen und dem Team UKM International.

Annabel Alekenju erfährt die genauen Umstände ihrer Operation am UKM (Universitätsklinikum Münster) selbst erst an dem Tag, als sie auf die beiden Männer trifft, die maßgeblich mit dafür gesorgt haben, dass sie bald wieder zu ihren Töchtern nach Kamerun kann – und zwar auf zwei Beinen laufend. „Die beiden sind 11 und 15 und vermissen mich. Aber sie sagen, ich soll erst wieder zurückkommen, wenn ich wirklich gesund bin“, so Alekenju. Und so hält sie tapfer durch und arbeitet aktuell fleißig an ihrer physiotherapeutischen Rehabilitation.

Am Ende war es eine private Geldspende, die dafür gesorgt hat, nach der schweren Schussverletzung dem Gehen wieder einen Schritt näher zu kommen: Anlässlich eines runden Geburtstages hatte Dr. Stephan Maurer – selbst niedergelassener Chirurg und Unfallchirurg in Münster – auf Geschenke verzichtet und stattdessen bei Freunden und Bekannten Geldspenden gesammelt. „Damals hatte ich noch kein konkretes Schicksal vor Augen“, sagt Maurer. „Es war mir nur wichtig, das Geld sinnvoll für jemanden zu investieren, der oder die es wirklich benötigt.“ Das Team für Internationale Patienten am UKM machte Maurer den Vorschlag, Alekenju zu unterstützen, die schon 2020 Kontakt zur Stabsstelle UKM International aufgenommen hatte. Damals hatten die Geschwister der Kamerunerin in der Heimat bereits Spenden gesammelt und damit den Löwenanteil des notwendigen Geldes für eine Operation am UKM zusammenbekommen. Doch leider reichte die Summe nicht ganz. Deshalb stockte Maurer sie kurzerhand auf: „Es gibt Menschen, denen es vergönnt ist, keinen Mangel zu leiden. Wenn wir alle etwas von dem abgeben, das wir haben, dann können wir helfen, die Welt ein Stück besser zu machen.“

Auch der Direktor der Klinik für Unfall-, Hand-, und Wiederherstellungschirurgie, Univ.-Prof. Michael Raschke, unterstützte die Pläne. „Uns ist wichtig, dass Frau Alekenju wieder gesund wird, so wie ihre Töchter sich das wünschen. Das ist bei der Schwere der Verletzung nicht selbstverständlich, denn insbesondere die Tibia, also der Schienbeinknochen, war trotz der vorausgegangenen Operationen noch schwer zerstört als Frau Alekenju zu uns kam.“ Letztlich könnten eine solche Operation nur erfahrene Spezialisten erfolgreich durchführen, erklärt Raschke, der die Patientin mit seinem Team Mitte November operierte. Bis zu ihrer Rückkehr in die Heimat ist Annabel Alekenju in der Klinikambulanz angebunden, um das Operationsergebnis weiter zu optimieren. In einigen Wochen kann sie sich dann auf in Richtung Kamerun machen – und hoffentlich ohne weitere Unterstützung ihren Kindern entgegenlaufen.

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