Wald als „idealer Doppel-Wumms für Klima und Wirtschaft“ – IW-Studie belegt: Bewirtschaftung der Wälder verbessert CO2-Bilanz und sichert rund 1 Mio. Arbeitsplätze im ländlichen Raum

Waldeigentümer ziehen gemischte Waldbilanz 2022 – Waldsterben 2.0 setzt sich ungebremst fort

Die deutschen Waldeigentümer haben eine gemischte Bilanz des Waldjahres 2022 gezogen: „Das Waldsterben 2.0 hat sich ungebremst fortgesetzt“, konstatierte Prof. Andreas Bitter, Präsident der AGDW – Die Waldeigentümer am Donnerstag in Berlin. Die jüngsten Waldzustandsberichte aus den Bundesländern zeigten eine teilweise rasant zunehmende Schädigung der Wälder. „Die schlechte Nachricht ist, dass nach den Fichten nun auch die Buchen vom Klimawandel betroffen sind“, so Bitter. Die eine regelmäßige Wasserversorgung benötigenden Buchenwälder hätten extrem unter der Trockenheit im Sommer 2022 gelitten. „Die auch für uns unvorstellbaren Trockenheitsschäden und Käferkalamitäten machen deutlich, dass der Klimawandel den Wald in seiner Existenz gefährdet“, sagte Bitter. Hinzu kamen die verheerenden Waldbrände in diesem Sommer. Insgesamt standen 2022 in Deutschland mehr als 4500 Hektar Wald unter Flammen. Den entstandenen Schaden am Wald schätzt die AGDW auf mindestens 40 bis 50 Millionen Euro – das ist das mehr als 40mal so hoch wie im vergangenen Jahr. Noch weitaus größer sind die verbundenen Schäden für Gesundheit, Natur und Wirtschaft. Dieser Gesamtschaden dürfte sich auf mindestens 600 Millionen Euro belaufen. „Der Gesamtschaden übersteigt bei weitem den reinen Holzwert, den die offizielle Statistik in der Regel ansetzt“, sagte Bitter.

Ein erster Hoffnungsschimmer sei die im November 2022 angelaufene neue Förderung für „Klimaangepasstes Waldmanagement“, sagte Bitter. Sie ist bis 2026 mit 900 Mio. Euro Volumen ausgestattet. Die erste Resonanz der kleineren und mittleren Waldeigentümer sei sehr positiv, sagte Bitter. Für die Wiederbewaldung und den Waldumbau sei jedoch weiterhin insbesondere die Förderung im Rahmen der sogenannten GAK (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“) von großer Bedeutung. Für die Bewältigung der Folgen von Extrem­wetterereignissen stehen für die Periode von 2020–2023 Sondermittel von insgesamt 800 Mio. Euro zur Verfügung. „Angesichts des fortschreitenden Schadgeschehens mit immer größeren Kalamitätsflächen ist eine Fortsetzung und Aufstockung des Programms unverzichtbar“, sagte Bitter und widersetzte sich damit entschieden den Plänen der Bundesregierung, die Mittel für dieses Programm ab 2023 zusammenzustreichen: „Das wäre ein völlig falsches Signal für den Wald.“

Der deutsche Wald biete den „idealen Doppel-Wumms für Klima und Wirtschaft“, sagte Bitter. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) senkt der bewirtschaftete Wald nicht nur die deutsche CO2-Bilanz um 14 Prozent, sondern sichert auch rund 1 Mio. Arbeitsplätze im ländlichen Raum. „Der Wald ist der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung im ländlichen Raum“, sagte Bitter. Die deutsche Forst- und Holzwirtschaft sei zudem von einem extrem hohen Grad an Regionalität gekennzeichnet. „Das geerntete Holz wird in der Regel lokal oder zumindest regional verarbeitet, z.B. im Bau“, sagte Bitter. Derzeit deckt die deutsche Holzproduktion zwei Drittel des Inlandsbedarfs. Sollte die heimische Holzproduktion durch Stilllegungen oder andere Regulierungen eingeschränkt werden, müssten Importe den Bedarf decken. Längere Transportwege wären unvermeidlich. Dazu käme, dass im Ausland die Bewirtschaftung von Wäldern laut IW unter anderen Standards stattfindet, die nicht selten niedriger sind als in Deutschland.

Die IW-Studie, die im Auftrag von AGDW – Die Waldeigentümer sowie Familienbetriebe Land und Forst erstellt und von der Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert wurde, stellt den wirtschaftlichen Stellenwert des Waldes für den Standort Deutschland heraus: Mehr als eine Million Beschäftigte sind in der Wertschöpfungskette Holz tätig, u.a. neben der Wald- vor allem in Holzbau-, Möbel-, Papier-, Druck- und Verlagswirtschaft. Rund 57 Milliarden Euro wurden in dieser Kette im Jahr 2020 erwirtschaftet. Die Studie zeigt, dass das klimaschützende Substitutionspotenzial einer durch gesetzliche Auflagen reduzierten Forstwirtschaft begrenzt ist. Dagegen sorgt eine Bewirtschaftung der Wälder für stabile Beiträge zum Klimaschutz. Daneben stellt die IW-Studie den Wert des Waldes für Biodiversität und Artenschutz sowie als Erholungsgebiet fest. „Der Wald ist der beste Schutz für das Klima und die Vielfalt der Arten, den wir haben“, kommentierte Bitter.

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