Spannungsrissversagen, d.h. das Versagen unter gleichzeitiger Einwirkung von mechanischer Belastung und chemischem Medium, ist eine der häufigsten Versagensursachen für Kunststoffbauteile. Die Spannungsrissprüfung an Kunststoffen ist in der Normenreihe ISO 22088 beschrieben. Diese Verfahren stellen grundsätzlich Rankingverfahren dar und erlauben in der Regel keine quantitative Ermittlung von für die Lebensdauervorhersage relevanten Materialkennwerten.
Erarbeitung eines zeitraffendes Prüfkonzepts
Im Rahmen eines über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten FuE-Kooperationsprojektes haben die beiden Partner IPT Institut für Prüftechnik Gerätebau GmbH & Co. KG und das Kunststoff-Zentrum SKZ deshalb ein Prüfgerät entwickelt, welches unterschiedliche mechanische Prüfungen von Kunststoffen unter Medieneinfluss ermöglicht. Parallel zur Geräteentwicklung wurde durch das SKZ ein zeitraffendes Prüfkonzept erarbeitet, um anhand von relativ kurzdauernden Versuchen bei unterschiedlichen Prüfgeschwindigkeiten und Temperaturen Prognosen für das Langzeitverhalten (Versagenszeiten sowie Kriechverformung nach mehreren Monaten und Jahren) zu treffen.
Auch konventionelle Zugprüfungen möglich
Im Gegensatz zu am Markt bereits verfügbaren Prüfgeräten zur Spannungsrissbeständigkeit von Kunststoffen, die jeweils Insellösungen darstellen, können mit der entwickelten Prüfanlage verschiedene Belastungszustände und Prüfmodi – bei gleichzeitiger Erfassung der Spannung und Dehnung des Probekörpers im beheizbaren Medienbehälter – realisiert werden. Neben der Ermittlung von Versagenszeiten über klassische Medien-Zeitstandversuche ermöglicht das Gerät auch die Erfassung der zeitabhängigen Verformung (Kriechen). Weiterhin sind auch Relaxationsversuche bei konstanter Dehnung und Erfassung des zeitabhängigen Spannungsabfalls möglich. Neben diesen Langzeitversuchen (Kriechen, Relaxation) sind auch konventionelle Zugprüfungen mit konstanter Abzugsgeschwindigkeit bzw. konstanter Dehnrate oder Kraftsteigerungsrate möglich.
Sechs autarke Messstationen
Das Prüfgerät verfügt in der aktuellen Ausführung über sechs autarke Messstationen, sodass parallele Messungen mit unterschiedlichen Medien, Kunststoffen oder Prüfbedingungen (Temperatur, Versuchsart, Prüfparameter) möglich sind. Es sind Prüfungen in unterschiedlichen Medien (z.B. Alkohole, Tenside, Öle, Betriebsstoffe – nicht selbstentzündlich) möglich. Dies wurde dadurch erreicht, dass sämtliche medienberührenden Teile aus V4A-Edelstahl gefertigt wurden und die Anlage über eine Absaugung verfügt, welche entstehende Gase absaugt. Über eine Beheizung des Medienbehälters und Umwälzung des Mediums sind Messungen bis 95 °C möglich. Auf der Prüfanlage sind Messungen mit Kräften bis max. 5 kN (pro Messstation) und Verformungen bis 100 mm möglich. Die Dehnungsmessung am Probekörper erfolgt über ein medienbeständiges Extensometer (Genauigkeit: Klasse 1 nach ISO 9513). Mit dem Messaufbau lassen sich unterschiedliche Probekörper (z.B. Probekörpertypen 1A, 1B, 1BA, 1BB, 5A, 5B nach ISO 527-2) prüfen.
Neue Prüfanlage steht ab sofort zur Verfügung
Die entwickelte Prüfanlage steht dem SKZ nun für weitere Forschungsaktivitäten aber auch Prüfdienstleistungen zur Verfügung. Durch diese Erweiterung der Prüfausstattung und die in mittlerweile über mehr als 50 Jahren aufgebaute Fachkompetenz zur Sicherung der Qualität von Kunststofferzeugnissen trägt das SKZ einen wichtigen Beitrag dazu bei, dass es künftig immer weniger Schadensfälle aufgrund von Spannungsrissbildung bei Kunststoffbauteilen gibt.
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Das SKZ ist ein Klimaschutzunternehmen und Mitglied der Zuse-Gemeinschaft. Diese ist ein Verbund unabhängiger, industrienaher Forschungseinrichtungen, die das Ziel verfolgen, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, insbesondere des Mittelstandes, durch Innovation und Vernetzung zu verbessern.
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