Kooperieren Krankenhäuser, etwa eine Privatklinik mit einem Plankrankenhaus, sollten sie ein besonderes Augenmerk auf die Leistungsbeschreibung, also den Vertragszweck Personalgestellung oder Heiltätigkeit, legen. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Oktober 2023 zeigt, warum es so wichtig ist, die Verträge inhaltlich sorgfältig zu gestalten. Die Details erklärt Ecovis-Steuerberaterin Cirsten Schulz in Potsdam.

Hintergrund

Operiert ein Arzt einen Patienten, ist das in der Regel umsatzsteuerfrei, denn die Operation dient dem therapeutischen Zweck, eine Krankheit zu heilen. Davon abzugrenzen sind umsatzsteuerpflichtige Leistungen, die nichts mit der eigentlichen Heilbehandlung zu tun haben, weil sie einen anderen Zweck verfolgen. Das gilt zum Beispiel bei der Überlassung („Gestellung“) von Personal zwischen zwei Krankenhäusern. Das ist etwa der Fall, wenn ein Krankenhaus einem anderen seine angestellten Ärztinnen und Ärzte für bestimmte Operationen oder Honorarleistungen überlässt – soweit in der Praxis nichts Ungewöhnliches. Problematisch ist das jedoch, wenn nicht ganz klar ist, für welche Leistung zwischen den Krankenhäusern Geld fließt: für eine Heilbehandlung, die der ausgeliehene Arzt durchführt? Dann wäre dies für das entsendende Krankenhaus umsatzsteuerfrei. Oder doch für die Personalgestellung, die umsatzsteuerpflichtig wäre?

Sachverhalt

Besteht ein Kooperationsvertrag zwischen einer Privatklinik und einem Plankrankenhaus, ist genau zu prüfen, ob es sich um eine umsatzsteuersteuerfreie Heilbehandlung oder eine umsatzsteuerpflichtige Personalgestellung, also Personalüberlassung, handelt. Insbesondere dann, wenn das Plankrankenhaus die Behandlungen über die gesetzliche Krankenkasse abrechnet, die die Privatklinik eigentlich so nicht hätte abrechnen können, für diese Behandlung jedoch eine Fallpauschale vom Plankrankenhaus erhält.

Personalgestellung oder Personalüberlassung bezieht sich auf die zeitlich befristete Entsendung oder den Austausch von Ärzten. Arbeitsrechtlich werden diese Modelle als Honorar-/Konsiliararzt zwischen dem entsendenden und dem aufnehmenden Krankenhaus vertraglich vereinbart. Dabei bleibt der ursprüngliche Arbeitsvertrag des Arztes und die Betriebszugehörigkeit zum entsendenden Krankenhaus bestehen. Für die Entsendung des Arztes erhält das überlassende Krankenhaus eine vertraglich festgelegte Fallvergütung oder Pauschale. Diese ist umsatzsteuerpflichtig zu versteuern, wenn eine Personalüberlassung an ein anderes Krankenhaus vorliegt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Tätigkeit des Arztes steuerfrei oder steuerpflichtig ist.

Der verhandelte Fall

Eine private Facharztklinik schloss einen Kooperationsvertrag mit einem Plankrankenhaus. Die Kooperation hatte ein klares Ziel: Gesetzlich versicherte Patienten sollten eine Behandlung durch die hoch qualifizierten Ärzte der Privatklinik bekommen, auch wenn sie keine Einzelfallzusage ihrer Krankenkasse für eine Behandlung in der Privatklinik erhielten. Die Patienten wurden im Plankrankenhaus stationär aufgenommen. Dieses rechnete auch die gesamte allgemeine Krankenhausbehandlung bei der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Von den Einnahmen zahlte das Plankrankenhaus wiederum der Privatklinik für die Heilbehandlung eine Fallvergütung in Höhe von 25 Prozent. Die Privatklinik behandelte diesen Erlös als umsatzsteuerfrei, da er ihrer Meinung nach im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung erzielt wurde.

Bei einer Betriebsprüfung bewertete das Finanzamt die Fallvergütung jedoch als umsatzsteuerpflichtig. Es argumentierte, dass der Erlös für die Personalgestellung erbracht worden sei. Daher müsse die Privatklinik die Umsatzsteuer auf diese Fallvergütung nachträglich berichtigen und abführen.

Das Finanzgericht folgte der Argumentation des Finanzamts. Es stellte fest, dass die Privatklinik die Einnahmen ausschließlich aufgrund der Kooperation erzielte und die Behandlungen nicht selbst hätte abrechnen können. Somit handele es sich um eine umsatzsteuerpflichtige Personalüberlassung.

Überraschende Wendung im Steuerfall

Der Bundesfinanzhof (BFH) teilte die Auffassung der Finanzverwaltung nicht, sondern gab der Privatklinik recht (XI R 18/20). Der BFH urteilte am 18. Oktober 2023, dass die Privatklinik gegenüber dem Krankenhaus keine Personalgestellung, sondern eine Heilbehandlungsleistung erbringe. Die Begründung des BFH: Die Einordnung, ob tatsächlich eine Heilbehandlungsleistung oder lediglich eine Personalgestellung vorliegt, richtet sich nach den geschlossenen Verträgen. So wollte die Privatklinik gemäß der Präambel des Kooperationsvertrags lediglich Operationen im Krankenhaus durchführen. Damit bestehen im Innenverhältnis der Privatklinik zum Krankenhaus Heilbehandlungsleistungen, die die Privatklinik durch ihre Ärzte am Ort des Krankenhauses erbringt.

Zudem dürfen die entsandten Ärzte gegenüber dem Empfangskrankenhaus nicht weisungsgebunden sein, was typisch für eine Personalgestellung wäre. Die vom BFH festgestellte Unabhängigkeit der Ärzte zum Plankrankenhaus war somit ein zentraler Punkt. Diese Klarstellung unterstreicht, dass die vertragliche und tatsächliche Ausgestaltung der Kooperation entscheidend für die umsatzsteuerliche Bewertung ist. Die medizinisch indizierten Operationen, die von den Ärzten der Privatklinik im Krankenhaus durchgeführt wurden, sind daher als steuerfreie Heilbehandlungen in der Humanmedizin anzusehen.

Entscheidend ist also, dass die betreffenden Ärzte die Heilbehandlungsleistungen erbringen. Außerdem dürfen die entsandten Ärzte gegenüber dem Empfangskrankenhaus nicht weisungsgebunden sein, was typisch für eine Personalgestellung wäre. Denn sie behandeln immer noch im Auftrag des entsendenden Krankenhauses. Die vom BFH festgestellte Unabhängigkeit der Ärzte war somit ein zentraler Punkt. Der BFH stellte ferner klar, dass es in diesem Zusammenhang unerheblich sei, dass die Privatklinik ohne ihre tätigen Ärzte keine Operationsleistungen erbringen könne. Diese Klarstellung unterstreicht, dass die vertragliche und tatsächliche Ausgestaltung der Kooperation entscheidend für die umsatzsteuerliche Bewertung ist. Die medizinisch indizierten Operationen, die von den Ärzten der Privatklinik im Krankenhaus durchgeführt wurden, sind daher als steuerfreie Heilbehandlungen anzusehen.

Fazit:

Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen und vertraglichen Vereinbarungen sorgfältig zu gestalten und zu prüfen, um steuerliche Missverständnisse zu vermeiden. Die Entscheidung des BFH bringt Klarheit für ähnliche Kooperationen zwischen Privat- und Plankrankenhäusern im Gesundheitswesen. „Krankenhäuser, die medizinisches Personal etwa für OPs überlassen, sollten in ihren Kooperationsverträgen präzise rechtliche Abgrenzungen zwischen Heilbehandlungsleistungen und Personalgestellungen vornehmen“, empfiehlt Ecovis-Steuerberaterin Cirsten Schulz.

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