Philipp Amthor MdB würdigt die Charta der deutschen Heimatvertriebenen aus dem Jahr 1950 vor dem neuen Schloss in Stuttgart als eines der grundlegenden politischen Dokumente der deutschen Nachkriegszeit.

Der Landesvorsitzende der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge (UdVF) Christoph Zalder, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender der Ost-und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU ist, erinnerte in seinen Begrüßungsworten an die Teilnehmer, unter Ihnen der ehemalige Vizepräsident des Europaparlaments Rainer Wieland, die CDU-Landtagsabgeordneten Konrad Epple und Raimund Haser und Bürgermeister Klaus Hoffmann, im Ehrenhof des Neuen Schlosses zur Verkündung der Charta vor 74 Jahren, bei der auch seine Eltern zugegen waren und mit der die deutschen Heimatvertriebenen ein Zeichen der Versöhnung, des Friedens und der Zukunft setzten.

Festredner Philipp Amthor MdB (CDU) würdigte an der Gedenktafel vor dem Neuen Schloss auf dem Stuttgarter Schlossplatz, den 74.Jahrestag der Unterzeichnung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ vom 5.August 1950 und machte deutlich, dass die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ unzweifelhaft zu den grundlegenden politischen Dokumenten Nachkriegsdeutschlands gehöre. Dabei lobte er auch den Weitblick, den die Heimatvertriebenen schon damals mit der Verkündung der "Charta" besaßen. So sprachen sie sich neben dem Verzicht auf Rache und Vergeltung vor allem auch für die Unterstützung der Herbeiführung eines freien und geeinten Europas und die Beteiligung am Wiederaufbau Deutschlands und Europas aus. Keine Selbstverständlichkeit angesichts dessen, was die Menschen durch die Vertreibung aus ihrer Heimat erleiden mussten. „Deshalb müsse sich auch weiterhin die Menschlichkeit durchsetzen und nicht Zorn und Hass“, so der Festredner weiter, der sich die Zivilität und Humanität von damals auch für heute wünsche. Aber auch das §Recht auf die Heimat“ war den Verfassern der „Charta“ ein wichtiges Anliegen, das heute im Hinblick auf die Vertreibungen und ethnischen Säuberungen in der Welt, Bestandteil internationalen Rechts sei. In diesem Zusammenhang machte Philipp Amthor auf die Landesverfassung von Baden-Württemberg aufmerksam, in der schon im Jahre 1953 unter Artikel 2 (2) niedergeschrieben wurde, dass sich Baden-Württemberg zu einem unveräußerlichen Recht auf Heimat bekenne. Er lobte in diesem Zusammenhang insbesondere den Aufbauwillen und die Integrationskraft der deutschen Heimatvertriebenen, die man sich heute von manchen Zuwanderergruppen, die Zuflucht in Deutschland finden, wünschen würde. „Wir brauchen wieder eine Mentalität des Leistens und Schaffens“, so der engagierte Politiker. Die deutschen Heimatvertriebenen hätten diese Mentalität vorgelebt und sie zu Leistungsträgern der deutschen Nachkriegszeit gemacht, mit der sie tatkräftig und in verdienstvoller Weise am Aufbau der Demokratie, der Wiederbelebung einer freiheitlichen Gesellschaft und vor allem an der Schaffung der größten Volkswirtschaft in Europa mitgewirkt haben. Dabei erwähnte er auch anerkennend die tätige und verantwortliche Mitarbeit der Vertriebenenverbände, ohne die eine Eingliederung der Heimatvertriebenen in dieser Form nicht gelungen wäre.

An dieser Stelle hob er hervor, dass es schon immer die Union gewesen sei, die sich für die Bewahrung und Pflege des geschichtlichen und kulturellen Erbes der Deutschen in Mittel-und Osteuropa eingesetzt habe. So unterhalte seit 1949 einzig die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Arbeitsgruppe, die sich allein mit den Anliegen der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten beschäftige und deren Stellvertretender Vorsitzender er seit 2019 ist.

Doch müsse die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ als bedeutendes Dokument der Zeitgeschichte im „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in Berlin auch endlich den prominenten Platz bekommen, den das „Grundgesetz der deutschen Heimatvertriebenen“ verdient habe.

Der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Hartmut Liebscher, bedankte sich in seinem Schlusswort für die eindrücklichen Worte des Festredners, die musikalische Begleitung durch die Bläsergruppe Feuerbach und lud schon einmal für die Jubiläumsveranstaltung zum 75. Jahrestag der Verkündung der Charta im kommenden Jahr ein, zu der auch der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz erwartet wird.

Über Sudetendeutsche Landsmannschaft Landesgruppe e. V

Sudetendeutsche Landsmannschaft Landesverband Baden-Württemberg e.V.

Wir vertreten die im Land Baden-Württemberg wohnenden Sudetendeutschen.

Die Nachfahren jener Deutschen, die vor mehr als 800 Jahren in den sogenannten "Böhmischen Ländern", nämlich in Böhmen, Mähren und dem südlichen Teil Schlesiens (diese Länder bilden heute die "Tschechische Republik") ansässig geworden sind, wurden in diesem Jahrhundert unter dem Sammelnamen "Sudetendeutsche" bekannt.

1945/46 wurden 3,2 Millionen von den insgesamt 3,5 Millionen Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben, ihr Eigentum wurde entschädigungslos konfisziert. Konfiskation und Vertreibung waren begleitet von blutigen Exzessen. Grundlage dieser gegen Menschen- und Völkerrecht verstoßenden "ethnischen Säuberung" bildeten Dekrete, die vom damaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš erlassen worden waren und die heute noch gültig sind.

Rund 600 000 dieser vertriebenen Sudetendeutschen kamen nach Baden-Württemberg, wo sie sich eine neue Existenz aufbauten und in das wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben eingegliedert wurden. Sie fanden sich in zahlreichen Vereinigungen zusammen, deren Grundlage ganz verschiedenartig war: Herkunftsgebiete, politische oder kulturelle Interessen, Freizeitgestaltung, berufliche Gemeinsamkeiten und manches mehr.

Jeder 15. Einwohner Baden-Württembergs ist Sudetendeutscher. Heute gibt es in Europa und Übersee insgesamt rund 3,8 Millionen Sudetendeutsche. Rund 600 000 von ihnen kamen im Zuge der Vertreibung aus ihrer Heimat nach dem 2.Weltkrieg nach Baden-Württemberg. Gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung trugen sie in der Nachkriegszeit zum Wiederaufbau des Landes bei. Durch ihre Stimmabgabe bei der Volksabstimmung 1952 waren sie wesentlich am Zustandekommen des "Südweststaates" beteiligt. Die für Baden-Württemberg kennzeichnende Ausgewogenheit zwischen großen Weltfirmen, Mittel- und Kleinbetrieben hat die wirtschaftliche Eingliederung der Sudetendeutschen und die Gründung neuer Werke und Fabriken durch sudetendeutsche Unternehmer in besonderem Maße erleichtert. Stellvertretend dafür seien genannt die Autofirma Porsche in Stuttgart, die Wiesenthal-Glashütte in Schwäbisch Gmünd, die Aluminium-Hütte Grohmann in Bisingen,die Maschinenfabrik Panhans in Sigmaringen, die Papierwerke Zechel in Reilingen,das Pharmawerk Merckle in Blaubeuren, dazu zahlreiche weitere mittlere und kleinere Betriebe.

27 Städte und Gemeinden Baden-Württembergs übernahmen Patenschaften über sudetendeutsche Kreise, Gemeinden und Landschaften. Insgesamt 24 kulturelle sudetendeutsche Einrichtungen – wissenschaftliche Gesellschaften, Archive, Büchereien, Sammlungen, Heimatstuben – wurden durch eigene Kraft der Sudetendeutschen und mit Hilfe öffentlicher Stellen in Baden-Württemberg aufgebaut.

Aus dem kulturellen Leben des Landes sind manche Namen von Sudetendeutschen nicht mehr wegzudenken, wie z. B. der Bildhauer Prof. Otto H. Hajek, die Tänzerin Birgit Keil, die Komponisten Karl-Michael Komma und Widmar Hader, der weltbekannte Posaunist Armin Rosin, die Dirigenten Wolfgang G. Hofmann und Emmerich Smola, die Malerin Traude Teodorescu-Klein oder der Dichter und Schriftsteller Josef Mühlberger – um nur einige wenige stellvertretend zu nennen.

Das Sudetenland im Vergleich zur Fläche einzelner deutscher Bundesländer

Bayern 70550 km2
Baden-Württemberg 35750 km2
Sudetenland 26500 km2
Hessen 21100 km2
Schleswig-Holstein 15700 km2
Saarland 2600 km2

Die kulturelle Verflechtung der Sudetendeutschen mit den übrigen deutschen Ländern und Landschaften ist seit Jahrhunderten eng und vielgestaltig.

Beispiele sind: Der schwäbische Baumeister Peter Parler aus Schwäbisch Gmünd, der im 14. Jahrhundert u. a. den Veitsdom in Prag erbaute, oder der aus dem Egerland kommende Barockbaumeister Balthasar Neumann, der nicht nur die Würzburger Residenz, sondern z. B. auch berühmte Treppenhäuser in Brühl und Bruchsal schuf. Auch andere Namen, herausgegriffen aus einer großen Zahl, beweisen den lebendigen Anteil, den die Deutschen aus den böhmischen Ländern am geistigen Leben des gesamten deutschen Volkes hatten und haben: Der Komponist Johann Wenzel Stamitz aus Deutsch-Brod beispielsweise, der später in Mannheim wirkte, Vinzenz Prießnitz und Johann Schroth, die großen Naturheiler, der Brünner Abt Gregor Mendel, dessen Vererbungslehre zur Grundlage moderner Genetik wurde, die Friedensnobelpreis-Trägerin Bertha von Suttner, die Dichter Rainer Maria Rilke, Adalbert Stifter, Marie von Ebner-Eschenbach, die Maler Alfred Kubin oder Ferdinand Staeger, aber auch die Bamberger Symphoniker, die nach der Vertreibung aus den "Prager Deutschen Philharmonikern" hervorgegangen waren, oder auch der Schriftsteller Otfried Preußler aus Reichenberg, dessen "Räuber Hotzenplotz" und "Kleine Hexe" heute Millionen Kinder und Erwachsene erfreuen.

Die Organisationen der Sudetendeutschen spiegeln in ihrer Vielfalt und Vielschichtigkeit das Leben und die Interessen der Angehörigen dieser Volksgruppe wider. Im politischen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, sozialen und gesellschaftlichen Bereich gibt es sudetendeutsche Zusammenschlüsse, aber auch auf Generationsebene und im Bereich der Freizeitgestaltung.

In Baden-Württemberg gibt es heute 27 größere sudetendeutsche Vereinigungen, von denen viele noch Untergliederungen auf Orts- und Kreisebene haben.

Mehrere sudetendeutsche Zeitschriften werden in Baden-Württemberg herausgegeben, ebenso haben verschiedene sudetendeutsche Stiftungen, Institute und Gesellschaften ihren Sitz in diesem Lande.

Die Sudetendeutschen im Vergleich zur Einwohnerzahl verschiedener Staaten

Norwegen 4,1 Mio
Sudetendeutsche 3,8 Mio
Irland 3,3 Mio
Albanien 2,7 Mio
Luxemburg 0,36 Mio
Island 0,23 Mio

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