Auch wenn der BGH heute etwas unerwartet kein Urteil zu den Rückforderungsansprüchen der Spieler bei Online-Sportwetten verkündet hat, so hat er doch deutlich gemacht, dass er die abgeschlossenen Wettverträge für nichtig hält, wenn der Sportwetten-Anbieter nicht über die in Deutschland erforderliche Lizenz verfügt. Konsequenz ist, dass der Spieler dann seine verlorenen Einsätze zurückfordern kann. Allerdings müsse auch geklärt werden, ob das deutsche Verbot von Online-Sportwetten gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstoßen hat. Das müsse zuvor der EuGH entscheiden, machte der BGH am 25.07.2024 deutlich.

Sicher hatten viele damit gerechnet, dass der BGH heute klar entscheiden würden, dass Online-Sportwetten in Deutschland ohne die erforderliche Lizenz verboten sind und Spieler ihre Verluste zurückfordern können. Das es dazu heute nicht gekommen ist, ist sicher eine Enttäuschung. „Positiv ist dennoch, dass der BGH erneut klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er Online-Sportwetten ohne die notwendige Genehmigung in Deutschland für illegal hält und die Spieler dann einen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Verluste haben“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte. Allerdings sei auch Unionsrecht betroffen. Daher hat der BGH nun den EuGH eingeschaltet.

„Spieler können ihre Ansprüche rückwirkend für die letzten zehn Jahre geltend machen. Allerdings läuft die Verjährung. Darum sollten Spieler auch nicht eine Entscheidung des EuGH abwarten, sondern ihre Ansprüche jetzt geltend machen. Denn durch Einreichung einer Klage oder anderer Maßnahmen kann die Verjährung der Ansprüche gehemmt werden“, so Rechtsanwalt Cocron.

Vor dem BGH ging es um die Klage eines Spielers, der zwischen 2013 und 2020 beim Wettanbieter Tipico an Sportwetten im Internet teilgenommen hatte und seine Verluste in Höhe von rund 4.000 Euro zurückforderte. Er argumentierte, dass Tipico in diesem Zeitraum nicht über die in Deutschland erforderliche Lizenz verfügte und damit gegen das Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen habe. Eine solche Konzession hat Tipico erst am 9. Oktober 2020 erhalten.

Tipico hatte zwar schon früher eine Lizenz für das Veranstalten von Sportwetten in Deutschland beantragt. Allerdings wurde das Verfahren zur Vergabe der Lizenzen unionsrechtswidrig durchgeführt, so dass keine Genehmigungen erteilt werden konnten. Erst in einem neuerlichen Konzessionsvergabeverfahren erhielt Tipico dann im Oktober 2020 die Lizenz.

Da Tipico auch schon vor der Lizenzerteilung Online-Sportwetten in Deutschland öffentlich angeboten hat, habe der Anbieter gegen das Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen. Dies führe grundsätzlich zur Nichtigkeit der abgeschlossenen Verträge und einem Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner Verluste, machte der BGH deutlich.

Allerdings hatte Tipico im streitgegenständlichen Zeitraum bereits eine Genehmigung beantragt. Da das Vergabeverfahren jedoch unionsrechtswidrig durchgeführt worden war, konnten keine Lizenzen erteilt werden. Daher müsse nun zunächst der EuGH entscheiden, ob das Verbot gegen europäisches Recht verstößt.

Der vorsitzende Richter Koch machte aber deutlich, dass er die Auffassung vertritt, dass die Wettverträge als nichtig anzusehen sind und die Spieler ihre Verluste zurückfordern können, wenn die Online-Sportwetten ohne die erforderliche Lizenz durchgeführt wurden. Denn die im Verhältnis des Staats zum Sportwettenanbieter eintretenden Rechtsfolgen ließen sich nicht ohne Weiteres auf das Verhältnis des Sportwettenanbieters zum Spieler als privatem Dritten übertragen. Die einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses – darunter der Schutz der Bevölkerung vor übermäßigen wirtschaftlichen Schäden durch öffentliches Glücksspiel – bestünden auch dann, wenn das Verfahren der Konzessionserteilung unionsrechtswidrig ausgestaltet war.

Er wies auch auf den Hinweisbeschluss des BGH vom 22. März 2024 hin. Hier hatte der BGH deutlich gemacht, dass Verträge auch dann nichtig sind, wenn die Veranstalter die Auflagen wie bspw. ein monatliches Einzahlungslimit in Höhe von maximal 1.000 Euro nicht einhalten. Darüber war im vorliegenden Fall allerdings nicht zu entscheiden.

„Die Einschätzung des BGH zeigt, dass Spieler nach wie vor gute Aussichten haben, ihre verlorenen Wetteinsätze zurückzufordern. Auch heute hat der BGH nicht gegen die Spieler entschieden. Vielmehr will er sich durch eine Einschätzung des EuGH absichern. Insofern ist aufgeschoben nicht aufgehoben“, so Rechtsanwalt Cocron.

 

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