In der klinischen Studie der Phase I, durchgeführt durch das Studienzentrum für Immundermatologie am Universitätsklinikum Tübingen als Sponsor der klinischen Prüfung, werden Sicherheit und Toxizität des neuartigen Wirkstoffkandidaten an gesunden Probanden untersucht.
Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) schlossen sich Wissenschaftler der Universitäten Tübingen, Greifswald (vormals Münster) und München zusammen und bereiteten gemeinsam mit der Firma HYpharm die klinische Prüfung eines Wirkstoffs gegen den gefürchteten Infektionserreger Staphylococcus aureus vor. Ein hochwirksames Protein aus bakterienspezifischen Viren, sog. Bakteriophagen, soll diesen Infektionserreger innerhalb kürzester Zeit eliminieren. Im Gegensatz zur breiten Wirkung von Antibiotika wird die natürliche Mikrobiota (mikrobielle „Normalflora“) nicht beeinträchtigt und bleibt erhalten. Die prophylaktische Behandlung der Nasenbesiedlung könnte einer Ausbreitung insbesondere multiresistenter Erregerstämme, sog. Methicillin-resistenter S. aureus (MRSA), in Kliniken entgegenwirken und Infektionen mit diesem Erreger beim Patienten verhindern.
Etwa jeder Dritte beherbergt das Bakterium Staphylococcus aureus in seiner Nase. Was im normalen Leben ungefährlich ist, wird bei einem Krankenhausaufenthalt schnell zum Problem. Denn die Erreger können zum Beispiel im Zusammenhang mit Operationen in Wunden gelangen und gefährliche Infektionen auslösen. Hinzu kommt die Gefahr einer Ausbreitung des Erregers als Krankenhauskeim. Besonders gefürchtet sind die MRSA-Stämme, denn sie sind inzwischen unempfindlich gegen viele der gebräuchlichen Antibiotika.
„Eine schnelle Erkennung und wirksame Beseitigung einer MRSA-Besiedlung der Nase vor einem Krankenhausaufenthalt ist ein entscheidender Schritt im Kampf gegen diese Krankenhauskeime“, so die Überzeugung von Prof. Dr. Karsten Becker von der Universitätsmedizin Greifswald. Gegen das derzeit in Kliniken gebräuchliche Antibiotikum Mupirocin sind die Bakterien in der Nase zunehmend unempfindlich, und die Dauer einer „Sanierung“ und einer Kontrolle ihres Erfolgs liegt bei etwa einer Woche. Für Patienten, die unmittelbar operiert werden müssen, ist damit keine wirksame MRSA-Dekolonisierung sicher möglich.
Gemeinsam mit der HYpharm GmbH in Bernried und mit Förderung des BMBF haben die Wissenschaftler an den Unikliniken in den letzten Jahren einen Wirkstoff der besonderen Art entwickelt und seine Wirkung untersucht: Ein Phagenlysin, das heißt ein Protein aus Viren, die ausschließlich Bakterien befallen, greift hochspezifisch Staphylococcus aureus-Zellen an und löst sie auf. Das Protein wurde künstlich hergestellt und als „Designer-Protein“ unter dem Namen HY-133 optimiert. „Wir sind stolz darauf, den Meilenstein der Genehmigung für die Phase I für unseren innovativen Ansatz erreicht zu haben und sind davon überzeugt, dass eine große Zahl von Patienten künftig von diesem innovativen Wirkstoff profitieren wird“, erklärt die Geschäftsführerin Frau Dr. Ingrid Wanninger von der HYpharm GmbH.
Nach umfangreichen Labortestungen durch Prof. Dr. Evgeny A. Idelevich und Prof. Dr. Karsten Becker im Institut für Medizinische Mikrobiologie in Greifswald wurde in Kooperation mit dem Mikrobiologen Prof. Dr. Andreas Peschel in Tübingen, der im DZIF den Forschungsbereich „Krankenhauskeime und antibiotikaresistente Bakterien“ koordiniert, die Substanz für die klinische Prüfung vorbereitet. Mehr als 5,0 Millionen Euro wurden dafür im DZIF für die GMP-Herstellung, präklinische Prüfung und Entwicklung einer stabilen Formulierung an der LMU München (Prof. Dr.Gerhard Winter) bis hin zur Durchführung der klinischen Phase I bereitgestellt. Im Rahmen der klinischen Studie Phase I wird die schnelle Sanierung von S. aureus-Stämmen in der Nasenhöhle an Freiwilligen getestet und die Auswirkung auf das Mikrobiom untersucht. „Neben neuen Antibiotika und Impfstoffen brauchen wir dringend spezifische Wirkstoffe zur Sanierung von Problemkeimen. Das HY-133-Protein ist ein hoch innovativer Wirkstoff für diesen Zweck. Aufgrund seiner schnellen Wirksamkeit innerhalb eines Tages kann es ein Gamechanger für die Sanierung von mit S. aureus bzw. MRSA besiedelten Patienten sein“, erklärt Dr. Dr. Sebastian Volc als verantwortlicher Studienarzt in Tübingen.
HYpharm wurde 2016 gegründet, um die bereits erfolgreich entwickelte Technologie der innovativen Endolysine für die Pharmaindustrie marktfähig zu machen. Das Auftreten von Bakterienstämmen, die gegen viele bis nahezu allen Klassen von Antibiotika, die in der Humanmedizin verwendet werden, resistent sind, gibt Anlass zu großer Sorge. Daher besteht ein dringender Bedarf an der Entwicklung von Alternativen zu herkömmlichen Antibiotika für die Behandlung und Vorbeugung von Menschen und zur Lebensmittelerzeugung genutzten Tieren. Bakteriophagen-kodierte lytische Enzyme (Endolysine), die die Zellwand des bakteriellen Wirts abbauen, sind innovative Alternativen zu Antibiotika. HYpharm bietet hierfür eine neue antimikrobielle Plattformtechnologie auf der Basis der Endolysine zur Bekämpfung bakterieller Krankheitserreger in einem breiten Spektrum von Anwendungen.
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