Gemeinsam mit der Meeresforscherin Dr. Kerstin Glaus hat die Deutsche Stiftung Meeresschutz ein Projekt über die bei den Fidschi-Inseln im Südpazifik lebenden Rochenarten gestartet. Unterstützt werden sie von lokalen Organisationen und Tourismusbetrieben*. Ziel ist es, herauszufinden, wie einige küstennahe und selten untersuchte Arten ihren jeweiligen Lebensraum nutzen. Untersuchungsgebiete sind die Natadola-Bucht auf der Hauptinsel Viti Levu sowie die zur Yasawa-Gruppe gehörende Insel Drawaqa.

Rochen: vielfältige Funktionen für Menschen und Ökosysteme

Rochen werden in Fidschi als Nahrung genutzt und sind bedroht von Veränderungen ihres Lebensraumes, inklusive Änderungen, die mit dem Klimawandel einhergehen (Versauerung, steigende Wassertemperaturen). Gleichzeitig haben die spektakulär geformten und gemusterten Knorpelfische ein hohes touristisches Potenzial für Tauchtouristen.

Die meisten der am Boden lebenden Rochenarten sind bedeutende Bioturbatoren. Sie wühlen im Meeresboden, wirbeln organische Materialien auf, durchmischen und durchlüften so den Boden. Diese Aktivitäten fördern den Stoffaustausch im Sediment, was wiederum das Ökosystem des Meeresbodens stärkt.

Überdies spielen Rochen – wie Haie –eine entscheidende Rolle für das Funktionieren von Küstenökosystemen wie Korallenriffen. „Das Verständnis der Lebensraumnutzung von Rochen ist für die Sicherung der marinen Biodiversität und die Bewahrung des kulturellen Erbes in Ozeanien von entscheidender Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund der Anfälligkeit von Rochen gegenüber der Zerstörung ihres Lebensraumes“, erklärt Kerstin Glaus, wissenschaftliche Beraterin für Haie und Rochen bei der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

Messung von Umweltparametern, Beobachtung mit Unterwasserkamerasystemen

In den Untersuchungsgebieten misst Kerstin Glaus regelmäßig Umweltdaten wie pH-Wert, Salzgehalt, Sauerstoffgehalt und Temperatur. Zusätzlich kommen beköderte Kamerasysteme (baited remote underwater video systems/BRUVs) zum Einsatz. Mit ihnen kann man mit minimal-invasiven Mitteln Arten identifizieren und deren Verhalten und Häufigkeit des Vorkommens analysieren.

Seltene und unbekannte Rochen

„Fast 70 Prozent der in den Gewässern der Fidschi-Inseln dokumentierten Rochen haben ein erhöhtes Aussterberisiko“, erklärt Kerstin Glaus. „Es gibt mindestens 19 verschiedene Rochenarten in Fidschi. Doch wir wissen nicht, wie es um sie bestellt ist.“ Im Fokus des Projekts stehen daher bis dato wohl unbeschriebene Arten wie der Fidschi-Maskenrochen. Diese etwa 40 cm breite Stachelrochenart lebt wahrscheinlich ausschließlich in fidschianischen Gewässern.

Spektakulär sind auch die auffälligen blaugepunkteten etwa 22 cm breiten Ozeanien-Fächerrochen. Gleiches trifft auf die haiähnlichen bis zu 3 m großen und vom Aussterben bedrohten Riesengeigenrochen zu. Letztere werden vor allem wegen ihrer Flossen für den internationalen Flossenhandel gefischt. In Fidschi jedoch nicht. Bereits seit 2017 gilt hier ein Im- und Exportverbot für Hai- und Rochenflossen.

„Je besser wir die Rochen verstehen und je mehr wir über sie erfahren, desto überzeugender und effektiver können wir sie schützen. Schutzmaßnahmen sollten für alle Altersgruppen wirksam sein und daher verschiedene Lebensräume sowie deren Verbindung miteinbeziehen“, sagt Kerstin Glaus zu den Zielen des bis Mitte 2026 laufenden Biodiversitätsprojekts der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

* Projektunterstützer auf Fidschi:
Drawaqa Marine Conservation Trust
CrystalBlue Reef Safari
Barefoot Manta Island Resort
IHG-Hotels and Resorts-InterContinental Fiji

Hintergrund: Rochen, die „vergessenen Haie“

Mit mehr als 630 anerkannten Arten sind Rochen die artenreichste Gruppe der Knorpelfische. Sie leben in allen Meeren – auch im Arktischen Ozean und in der Antarktis. Trotz ihrer ökologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung weiß man vergleichsweise wenig über sie. Rochen sind die „vergessenen Haie“.

In den vergangenen Jahrzehnten sind die Populationen der meisten Rochenarten stark zurückgegangen. Einige der teuersten Produkte (Flossen und Kiemenreusen) auf Fischmärkten stammen von Rochen. Etwa 19,9 % der bekannten Rochenarten stehen auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Allerdings gibt es für 47,5 % der bekannten Rochenarten nicht genügend Daten, um ihren Erhaltungszustand beurteilen zu können. Sie könnten bereits unbemerkt ausgestorben sein.

Besonders dramatisch ist die Situation bei den urtümlichen, haiähnlichen Sägerochen und Geigenrochen.

Die meisten der fünf Sägerochenarten, die einst an Küsten, in Flussmündungen und Seen von 90 Ländern lebten, sind heute in mehr als der Hälfte davon ausgestorben.

15 von 16 Geigenrochenarten der Familien Rhinidae und Glaucostegidae gehören zu den weltweit am stärksten vom Aussterben bedrohten Knorpelfischen.

Auch in deutschen Küstengewässern in Nord- und Ostsee ist die Überlebenssituation der meisten Rochenarten kritisch. Bereits seit 2018 gelten der Gewöhnliche Stechrochen und der Glattrochen laut Umweltbundesamt als ausgestorben oder verschollen. „Am Meeresboden lebende Tiere wie Rochen erleiden in deutschen Küstenmeeren durch die bei uns selbst in Meeresschutzgebieten erlaubte Grundschleppnetzfischerei nicht mehr zu kompensierende Verluste“, sagt der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz. 

Über Deutsche Stiftung Meeresschutz (DSM)

Die Deutsche Stiftung Meeresschutz (DSM) ist eine Treuhandstiftung, die 2007 gegründet wurde. Ziel unserer Arbeit ist es, der Ausbeutung der Weltmeere und der Vernichtung ihrer Bewohner etwas entgegenzusetzen. In Kooperation mit engagierten Forschern und Organisationen rund um den Globus fördern und verwirklichen wir Projekte und Aktionen zum Erhalt des Lebens in den Meeren. Ermöglicht wird dies durch Spenden.

Wir sind Mitglied im europäischen Meeresschutzbündnis Seas At Risk (SAR / seas-at-risk.org), in der Deep Sea Conservation Coalition (DSCC / deep-sea-conservation.org) und sind Netzwerkpartner der UN-Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung (2021 – 2030) in Deutschland (Ozeandekade / ozeandekade.de).

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