Mit steigenden Temperaturen steigt auch die Lust, sich auf den Drahtesel zu schwingen und mit der ganzen Familie einen Ausflug in die Natur zu unternehmen. Schon im frühen Vorschulalter können Kinder das Radfahren lernen; den Straßenverkehr bewältigen sie aber noch nicht. So sind nach Zahlen vom Statistischen Bundesamt die meisten Kindern, die im Straßenverkehr verunglücken, mit dem Fahrrad unterwegs (36 Prozent). Wie Kinder für den Verkehr fit gemacht werden und welche Regeln dabei zu beachten sind, sagen die ARAG Experten.

Sicher im Verkehr?
Wenn kleine Kinder mit drei oder vier Jahren Fahrrad fahren gelernt haben, sind die Eltern mit Recht stolz. Man darf aber nicht übersehen, dass diese neue Fertigkeit sich auf den reinen Bewegungsablauf des Radfahrens beschränkt. Die Kleinen können noch nicht anderen Leuten ausweichen, gezielt bremsen, Entfernungen abschätzen und ihr Verhalten anpassen. Das lernen sie erst durch Versuch und Irrtum und durch Nachahmung der Erwachsenen. Eltern sollten das Radfahren im Verkehr also dringend mit ihren Kindern gemeinsam üben.

Wenn es beim Radeln kracht
Gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind Kinder und Jugendliche vom vollendeten siebten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr für Schäden, die sie verursachen, nicht verantwortlich, wenn sie zur Zeit der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis ihrer Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaßen. Bei der Feststellung der mangelnden Einsichtsfähigkeit sind die spezifischen Eigenheiten ganzer Altersgruppen zu berücksichtigen. Eine Besonderheit besteht allerdings für die Haftung von Kindern im Straßenverkehr. Diese Vorschrift sieht für den Bereich des Straßenverkehrs einen Ausschluss der fahrlässigen Verantwortlichkeit vor: Kinder haften für von ihnen bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn verursachte Schäden erst ab der Vollendung des zehnten Lebensjahres. Die Haftung eines jüngeren Kindes besteht laut ARAG Experten nur, wenn das Kind den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat.

Gehweg oder Fahrbahn?
Gemäß der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr von der Fahrbahn ausgeschlossen. Sie müssen den rechten oder linken Gehweg benutzen und dürfen dabei von einer geeigneten Begleitperson auf dem Gehweg begleitet werden. Geeignete Begleitpersonen sind Personen ab dem 16. Lebensjahr. Aber Vorsicht: Paragraf 2 Absatz 5 StVO spricht ganz gezielt von einer Begleitperson, nicht von beiden Eltern oder der ganzen Familie. Setzen sich Eltern über diese sogenannte Gehwegbenutzungspflicht hinweg, kann eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegen, die unter Umständen teure Folgen haben kann. In einem konkreten Fall musste der Vater einer sechsjährigen kleinen Radlerin knapp 800 Euro für einen Kratzer im Lack zahlen. Er war mit seiner Tochter auf einem baulich nicht von der Fahrbahn abgetrennten Radweg gefahren (Amtsgericht Düsseldorf, Az.: 37 C 557/20).

Gibt es einen von der Fahrbahn getrennten Radweg, dürfen radelnde Kinder auch diesen benutzen. Nur wenn ein Gehweg fehlt, darf laut ARAG Experten auf der Fahrbahn gefahren werden. Zwischen acht und zehn Jahren darf der Nachwuchs wählen, ob er die Fahrbahn oder den Gehweg benutzt. Kinder über zehn Jahre müssen sich an die gleichen Vorschriften wie die Erwachsenen halten, d. h. die Fahrbahn oder einen Radweg benutzen.

Das Kinderfahrrad
Da Kinder unter acht Jahren grundsätzlich von der Fahrbahn ausgeschlossen sind, ist rein rechtlich auch kein verkehrssicheres Fahrrad notwendig. Die ARAG Experten empfehlen allerdings ausdrücklich, die Kinderräder verkehrssicher zu machen! Die Deutsche Verkehrswacht spricht dazu einige weitere Empfehlungen aus. Als Faustregel gilt, dass Kinder in der ersten und zweiten Klasse zur Sicherheit immer den Boden mit beiden Füßen berühren können müssen. Der Sattel muss also entsprechend niedrig eingestellt sein! Ab der dritten Klasse reicht es, wenn die Kinder den Boden mit Zehenspitzen erreichen können.

Stützräder sind eher hinderlich!
Stützräder erleichtern das Erlernen des Fahrradfahrens nicht, sondern verkomplizieren es sogar. Sie vermitteln ein völlig falsches Fahrgefühl und das nötige Ausbalancieren während der Fahrt wird nicht erlernt. Es wird der falsche Glaube vermittelt, dass das Kind nicht umfallen kann, egal, ob es fährt oder steht. Später, wenn die Stützräder abmontiert werden, muss das Kind erst mühsam begreifen, dass es nur dann nicht umkippt, wenn es aktiv in Bewegung bleibt. Das Fahrradfahren muss dann noch einmal neu gelernt werden. Stützräder sind somit vollkommen unnötig zum eigentlichen Radfahren lernen.

Tipp: Sollte ein Kind große Schwierigkeiten mit dem Balancehalten haben, kann ein Laufrad sinnvoll sein. Alternativ können auch die Pedale am Rad abmontiert werden. Sobald das gut funktioniert, können die Pedale wieder montiert und das eigentliche Radfahren gelernt werden.

Helm tragen auch ohne Helmpflicht?
Eine Helmpflicht besteht in Deutschland zwar weder für Kinder noch für Erwachsene, doch die ARAG Experten raten allen Radlern, unbedingt einen Helm zu tragen. Denn laut der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) machen Kopfverletzungen 25 Prozent der Verletzungen bei Fahrradunfällen aus. Bei lebensgefährlichen Verletzungen ist sogar überwiegend der Kopf betroffen: Mehr als 70 Prozent aller Radler, die in Lebensgefahr schweben, sind schwer am Kopf verletzt.

Was sollte man bei Kindersitzen beachten?
Kindersitze können am Lenker oder auf dem Gepäckträger montiert werden. Sie müssen jedoch eine entsprechende Vorrichtung haben, damit die Füße der Kinder nicht in die Speichen geraten. Zwar hat man sein Kind bei dieser Transportart nah bei sich und kann mit ihm kommunizieren, doch bei einem Unfall steigt die Verletzungsgefahr des Kindes allein durch die Fallhöhe. Für Säuglinge sind Kindersitze laut ARAG Experten allerdings tabu, da sie noch nicht selbstständig aufrecht sitzen können.

Der Fahrradanhänger – eine gute Alternative?
Nicht nur in puncto Sicherheit ist ein Kinderanhänger Kindersitzen überlegen. Auch die Bequemlichkeit fährt beim Anhänger mit. Dies gilt besonders bei schlechtem Wetter: Bei entsprechender Ausstattung bieten sie einen guten Wind- und Wetterschutz für die Kleinen, während diese im offenen Fahrrad-Kindersitz schnell frieren und nass werden würden. Mehr Fahrspaß bieten die Höhlen auf Rädern allemal – erst recht in einem Zweisitzer zusammen mit Geschwistern oder Freunden. Nicht zu verachten: Die größere Bewegungsfreiheit im Hänger bietet auch eine prima Schlafmöglichkeit während längerer Touren. Ein immer wieder viel diskutierter Nachteil des flachen Anhängers ist allerdings, dass er von Autofahrern leicht übersehen werden kann. Hier empfiehlt die Unfallforschung der Versicherer (UDV) eine fest verbaute Beleuchtung, eine ausziehbare, fest installierte Fahne mit Blinklicht und eine eigene Bremse am Anhänger, die das Querstellen verhindert. Übrigens: Laut ARAG Experten dürfen bis zu zwei Kinder unter sieben Jahren per Anhänger transportiert werden. Eine Ausnahme gibt es für behinderte Kinder. Für sie gilt diese Altersbegrenzung nicht. Die Person auf dem Zugfahrrad muss mindestens 16 Jahre alt sein.

Lastenfahrräder für den Kindertransport?
So beliebt sie auch sind, gerade wenn mehr als zwei Kinder zu transportieren sind: Die ARAG Experten raten vom Transport von Kindern in Lastenrädern ab und weisen auf eine wissenschaftliche Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) hin. Danach sind Lastenfahrräder in der Regel für den Transport von Kindern nicht geeignet, da die überwiegend dreirädrigen Einstiegsmodelle hochgradig kippanfällig sind und keinerlei Schutz für Kopf und Oberkörper bieten.

In diesem Zusammenhang erinnern die ARAG Experten noch einmal an den Rückruf des Lastenrades der Marke „Babboe“. Im Februar hatte der Hersteller den Verkauf vorsorglich gestoppt, nachdem es zu Herstellungs- und Schweißfehlern gekommen war. Auch die zuständige Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat die meisten Babboe-Lastenräder als gefährlich eingestuft. Wer wissen will, ob sein Babboe-Modell alle Sicherheitsanforderungen erfüllt, kann sich hier registrieren. Nötig ist dafür unter anderem die Rahmennummer des Rades. Ist das Rad vom Rückruf betroffen, erhalten Kunden laut Babboe-Angaben ein neues Rad, wenn das betroffene Rad nicht älter als fünf Jahre ist und einen Rabatt beim Kauf eines neuen Rades, wenn das Lastenrad älter als fünf Jahre ist. Für alle Räder gilt: Seit 24. April können Kunden ihr Rad bei einem Babboe-Händler kostenlos inspizieren lassen.

Weitere interessante Informationen unter:
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