Betrachtet man die Entwicklung der Aktienmärkte der letzten Monate könnte die Stimmung kaum besser sein. Seit Anfang des Jahres haben der Dax 40 und der S&P 500 um mehr als zehn Prozent zugenommen. Einhergehend mit dieser Euphorie erwarten immer weniger Marktteilnehmer eine „harte Landung“ der Wirtschaft, obwohl die Leitzinsen in der Eurozone und den USA immer noch zwischen vier und über fünf Prozent liegen. Doch der Blick trügt. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, warum sich Marktteilnehmer nicht zu früh freuen sollten

Die trügerischen Hoffnungen auf eine „weiche Landung“

Laut einer Umfrage der amerikanischen Geschäftsbank Bank of America (BofA) unter über 300 institutionellen Investoren gingen im März dieses Jahres 85 Prozent der Markteilnehmer von „keiner“ oder einer „weichen“ Landung aus, was bedeutet, dass die hohen Zinsen sich kaum oder wenig auf die Wirtschaft auswirken werden (Vgl. Abbildung 1). Sechs Monate vorher lag derselbe Wert noch bei 75 Prozent, womit immer mehr Marktteilnehmer von einer Abwendung einer Rezession ausgehen. Für Deutschland ist dies jedoch schon zu spät, da die größte Volkswirtschaft Europas schon seit über einem Jahr stetig schrumpft. Zuletzt lag das Wirtschaftswachstum bei -0,3 Prozent im 4. Quartal 2023. In der Eurozone sehen die Zahlen zwar etwas besser aus, jedoch zeugen Wachstumsraten von null Prozent nicht gerade von einer grandiosen Entwicklung. Lediglich die USA können noch immer mit Wachstumsraten von über drei Prozent trumpfen. Für Europa stellt sich damit nicht die Frage, ob wir eine „harte“ Landung erleben, sondern eher, ob es noch schlimmer kommen könnte.

Um das zu beantworten, hilft es einen Blick auf den Zeitpunkt der letzten Zinserhöhung zu werfen bzw. wie lange die Zinsen schon auf dem derzeitigen Niveau verharren. In der Eurozone sind dies sechs Monate und in den USA acht Monate. Bis die Zinsen vollständig in der Wirtschaft angekommen sind, kann jedoch über ein Jahr vergehen. Das bedeutet, bis die Auswirkungen des derzeitigen Zinsniveaus abzusehen sind, kann es noch einige Monate dauern. So betrachtet sind die Rezessionsrisiken für die Eurozone noch nicht gebannt. Aber auch für die USA könnte es noch ernster werden. Eine Untersuchung von Bloomberg zeigt, dass die Anzahl der Artikel, die das Wort „Soft Landing“ anwenden ein guter Indikator für eine bevorstehende Rezession sind. Und diese waren in den letzten Monaten besonders hoch.

Nur weil die Wirtschaft trotz hoher Zinsen nicht an Fahrt verliert, heißt dies nicht, dass es nicht noch passieren wird. Es ist Geduld angebracht. Zudem wirken hohe Staatsausgaben in den USA sehr stimulierend, so dass die dortige Wirtschaft weiterhin heiß läuft, obwohl diese abkühlen müsste.

Es wirkt trügerisch, aber in der Vergangenheit wurden harte Landungen dann zur Realität, nachdem die Masse aufgab auf sanfte Landungen zu hoffen (Vgl. Abbildung 2).

In den letzten Jahren gab es einen großen Optimismus, dass sich eine sanfte Landung einstellen wird und, dass sich die Hochzinsphase nicht auf die Wirtschaft auswirken wird.

So gesehen lassen wir die Hoffnung auf ein Soft Landing, oder noch besser, auf ein No-Landing weiterleben: Denn der hohe Zins wird auf Dauer wirken.

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