Die Stimmung im regionalen Handwerk hat sich abgekühlt. Rund ein Drittel der Unternehmen erwartet, dass sich die Geschäftslage im ersten Quartal 2024 verschlechtern wird. Besonders pessimistisch fällt der Ausblick im Bauhauptgewerbe aus.

„Die einzelnen Branchen bewerten ihre Lage uneinheitlich. Im Bausektor hat sich die Situation verschärft. Die Krise im Wohnungsbau ist in den Unternehmen angekommen. Die Zahl der Betriebe, die Auftragsrückgänge verzeichnen, hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt“, fasst Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, die Ergebnisse der Ende Januar durchgeführten Konjunkturumfrage zusammen.

Danach rechnen 44 Prozent der Befragten im Bauhauptgewerbe mit einer schlechteren Geschäftslage, einen weiteren Auftragsrückgang erwarten sogar 56 Prozent. „Die für dieses Jahr erwartete Zinswende wäre ein wichtiger Baustein, um die Finanzierungskosten zu verringern. Eine nachhaltige Trendumkehr wird es aber nur geben, wenn private Haushalte mit staatlichen Programmen unterstützt werden und, wie seit Jahren angekündigt, massiv in den sozialen Wohnungsbau investiert wird.“

Solider Jahresabschluss

Mit dem Jahresabschluss 2023 waren die Betriebe mehrheitlich zufrieden, wenngleich der Vorjahreswert nicht erreicht wurde. 60 Prozent der Befragten in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb beurteilten die Geschäftslage im vierten Quartal als „gut“ (4/2022: 71 Prozent). Deutlich zugenommen hat hingegen der Anteil der Betriebe, die sich unzufrieden äußerten. Er stieg im Vergleichszeitraum von sechs Prozent auf nunmehr 12 Prozent.

Auftragspolster werden dünner

35 Prozent der Befragten verzeichneten im vergangenen Quartal weniger Bestellungen. Zwölf Monate zuvor lag dieser Wert noch bei 27 Prozent. Die fehlenden Neuaufträge wirken sich auf die Betriebsauslastung aus. Konnten vor einem Jahr noch rund 50 Prozent der Betriebe ihre Kapazitäten mindestens vollständig auslasten, waren es zuletzt nur noch 34 Prozent. Drastisch fällt der Rückgang bei den Bau- und Ausbaubetrieben aus. Im Bauhauptgewerbe halbierte sich die Zahl der voll ausgelasteten Betriebe von 70 auf 35 Prozent, im Ausbau ging der Anteil von 67 auf 49 Prozent zurück. Einen ähnlich starken Rückgang, wenn auch auf niedrigerem Niveau, melden die Dienstleistungsbetriebe. Hier sank der Anteil der Betriebe, die ihre Kapazitäten zu 100 Prozent nutzen können, von 30 auf 16 Prozent. Über alle Branchen hinweg hat sich die Zahl der Betriebe, die nur zur Hälfte ausgelastet sind, innerhalb eines Jahres von fünf auf 19 Prozent nahezu vervierfacht.

Umsätze und Verkaufspreise

Deutliche Unterschiede im Vergleich zum Vorjahr lassen sich bei den Umsätzen feststellen. Während 36 Prozent der Befragten im vierten Quartal 2022 ihre Einnahmen steigern konnten, gelang dies im vergangenen Quartal nur noch 25 Prozent. Genauso viele verzeichneten zuletzt Einbußen. Für die Mehrheit der Betriebe, nämlich 48 Prozent, blieben die Umsätze stabil. Dies entspricht dem Vorjahreswert.

Der Preisauftrieb dürfte sich in den kommenden Wochen wenig abschwächen. 64 Prozent rechnen mit stabilen Verkaufspreisen (4/2022: 54 Prozent), 30 Prozent gehen von einer Erhöhung aus (4/2022: 45 Prozent), sechs Prozent rechnen mit einem Rückgang (4/2022: 2 Prozent). Mit einem wachsenden Preisdruck sehen sich das Bau- und Ausbaubetriebe, die gewerblichen Zulieferer und das Kfz-Handwerk konfrontiert.

Eingetrübte Erwartungen

Trotz des soliden Vorquartals fallen die Prognosen in nahezu allen Branchen schlechter aus als vor zwölf Monaten. Allein die Gesundheitshandwerker sind etwas optimistischer gestimmt. Allerdings trägt auch ihre Kennzahl, die aus Lagebeurteilungen und Erwartungen gebildet wird, wie in allen anderen Gruppen ein negatives Vorzeichen. Unter dem Kammerdurchschnitt von minus 18,5 Punkten liegen Nahrungsmittelbetriebe (minus 38,6 Punkte), das Bauhauptgewerbe (minus 38,2 Punkte) und die Metall- und Elektrobetriebe der Zulieferbranche (minus 21,6 Punkte). Jeder dritte Betrieb (30 Prozent; 4/2022: 19 Prozent) stellt sich auf schlechtere Geschäfte ein. Luft nach oben sehen aktuell noch zwölf Prozent der Betriebe (4/2022: 14 Prozent).

Auf die Beschäftigtenzahl dürfte die schwierige konjunkturelle Lage keine unmittelbaren Auswirkungen haben. Die Zahl der Betriebe, die mit weniger Arbeitskräfte auskommen wollen, ist im Vergleich zum Vorjahr sogar geringfügig gesunken. 80 Prozent der Befragten planen keine Änderungen, rund elf Prozent suchen zusätzliche Mitarbeiter.

Die 13.800 Handwerksbetriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb erwirtschaften einen Umsatz von über 11,6 Milliarden Euro, beschäftigen rund 80.000 Mitarbeiter und bilden über 4.200 junge Menschen aus.

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