Für die Beantwortung der Frage, ob ein neues Arzneimittel einen Zusatznutzen im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie hat, ist die Datenlage oft unzureichend. Dies gilt insbesondere für Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen („Orphan Drugs“). Um unter anderem hier die Evidenzbasis zu verbessern, kann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seit 2019 vom Hersteller eine anwendungsbegleitende Datenerhebung (AbD) fordern. Ob der G-BA dies tut, entscheidet er auch auf Basis eines vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellten Konzepts. Das IQWiG prüft dafür insbesondere, ob bereits ein krankheitsspezifisches Register existiert, das als Datenquelle für die AbD dienen kann.

In drei der eingeleiteten neun AbD-Verfahren ging es um onkologische Fragestellungen. Dabei habe das IQWiG jeweils krankheitsspezifische Register als geeignete Datenquellen identifiziert, berichten Volker Vervölgyi, Bereichsleiter Onkologie und AbD beim IQWiG, sowie IQWiG-Leiter Thomas Kaiser in der Fachzeitschrift „Die Onkologie“. Darüber hinaus wurden auch die klinischen Krebsregister betrachtet. Diese seien jedoch wegen grundsätzlicher Limitationen jeweils nicht als primäre Datenquelle infrage gekommen, heißt es im jetzt veröffentlichten Artikel „Datenerhebungen zu Arzneimitteln – eine Perspektive für die Krebsregister“.

„Wegen der nahezu bestehenden Vollzähligkeit sind die Krebsregister eine prinzipiell ideale Datenquelle für die AbD und darüber hinaus für die Beantwortung versorgungsrelevanter Fragen in der Onkologie“, betonen Vervölgyi und Kaiser in ihrer Publikation und erläutern detailliert, welche Maßnahmen aus ihrer Sicht erforderlich wären, damit die klinischen Krebsregister zukünftig für die AbD herangezogen werden könnten. Die beiden IQWiG-Autoren fordern insbesondere bessere Möglichkeiten der Datenverknüpfung, eine länderübergreifende Verbesserung der Datenqualität und allgemein den Aufbau einer besseren Forschungskompetenz in Deutschland.

Um die Datenqualität in den Krebsregistern zu verbessern – ohne zugleich den Aufwand unverhältnismäßig groß werden zu lassen –, plädieren Vervölgyi und Kaiser dafür, dass die gesetzlich vorgesehenen Meldungen an die Krebsregister zukünftig ohne großen Mehraufwand aus den ohnehin vorhandenen IT-Systemen der Praxen, Krankenhäuser und sonstigen beteiligten medizinischen Einrichtungen erfolgen sollte. Dadurch könne auch der derzeit teilweise entstehende Mehraufwand aufgrund von Doppelerfassungen reduziert werden. Hier seien vor allem striktere Anforderungen an Praxissoftware und Krankenhausinformationssysteme sinnvoll.

Um auf mehr Daten zu spezifischen onkologischen Erkrankungen zurückgreifen zu können, fordern die IQWiG-Autoren zudem einfache Datenverknüpfungen der klinischen Krebsregister mit anderen Registern zu onkologischen Erkrankungen sowie ggf. auch mit ganz anderen (qualitativ hochwertigen) Datenquellen wie etwa Sterberegistern.

Damit registerbasierte Forschung, auch zum Vergleich von Therapieeffekten, in Deutschland besser funktioniert, sei es zudem wichtig, die Rahmenbedingungen für hochwertige klinische Forschung zu verbessern und eine ambitionierte Forschungskultur in diesem Bereich zu etablieren. Um die Planung von Studien zu vereinfachen, könnten zum Beispiel Templates für Studienprotokolle und statistische Analysepläne durch eine zentrale Stelle bereitgestellt werden. Auf Basis dieser Dokumente könnten Pilotprojekte helfen, die bestehenden Schwachstellen zu identifizieren und zu beseitigen. Darüber hinaus könnten durch eine solche Stelle Forschungsprojekte begleitet werden, die bei der Identifikation relevanter Fragestellungen, aber auch bei der Durchführung von registerbasierten Studien unterstützt.

Der Artikel „Datenerhebungen zu Arzneimitteln – eine Perspektive für die Krebsregister“ ist Teil eines Schwerpunkthefts der Zeitschrift „Die Onkologie“, das in gedruckter Form am 2. April 2024 erscheint. Der Beitrag ist online aber bereits jetzt verfügbar.

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