Die Fristen für Aufbewahrungspflichten verkürzen, die Buchführungsgrenze oder die Grenze für die Ist-Besteuerung anheben – mit diesen und weiteren Maßnahmen will die Regierung gerade kleinen Unternehmen und Freiberuflern das Leben erleichtern. Was genau geplant ist, erklärt Steuerberater Ulf Knorr in Rostock.

Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes hat die Bundesregierung ein Maßnahmenbündel geschnürt, das besonders kleineren Unternehmen und freiberuflich Tätigen das Leben leichter machen soll.

Die Ist-Besteuerung in der Umsatzsteuer

Die Soll-Besteuerung in der Umsatzsteuer ist gerade für neue und kleine Unternehmen eine Herausforderung. Sie sind oft durch fehlende Liquidität erheblich eingeschränkt. Bei der Soll-Besteuerung müssen sie die Umsatzsteuerbeträge am Ende eines Monats oder Quartals an das Finanzamt zahlen, unabhängig davon, wann die Kunden die Rechnungen begleichen. Das erfordert, dass Unternehmen für die fällige Umsatzsteuer in Vorleistung gehen und auf ihre eigenen Rücklagen zurückgreifen müssen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Unternehmen einen Antrag auf Ist-Besteuerung beim Finanzamt stellen. Das ist dann der Fall, wenn

  • der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr bei nicht mehr als 600.000 Euro liegt,
  • das Unternehmen von der Buchführungspflicht befreit ist (Paragraph 148 Abgabenordnung, AO) oder
  • der Unternehmer Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des Paragraph 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz, EstG ausübt.

Die Ist-Besteuerung ermöglicht es Unternehmen, die Umsatzsteuerbeträge erst im Monat oder Quartal zu zahlen, in dem der Kunde die ausgestellte Rechnung bezahlt hat.

Die Regierung beabsichtigt, die Gesamtumsatzgrenze für den Antrag auf 800.000 Euro anzuheben. Durch diese Maßnahme sollen Unternehmen trotz der gegenwärtigen Inflation erleichterten Zugang zur Ist-Besteuerung haben.

Anhebung der Grenze für die Aufbewahrungspflicht bei Überschusseinkünften

Steuerpflichtige mit Überschusseinkünften, beispielsweise Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus der Vermietung von Immobilien oder Arbeitslohn, müssen besondere Aufbewahrungspflichten erfüllen, wenn ihre Einkünfte oberhalb einer bestimmten Grenze liegen. Alle Unterlagen und Aufzeichnungen zu diesen Einnahmen und der damit zusammenhängenden Werbungskosten müssen sie für einen Zeitraum von sechs Jahren aufbewahren. Die Grenze für die Aufbewahrungspflicht liegt momentan bei 500.000 Euro.

Mit dem Ziel auch hier Erleichterungen zu schaffen, ist geplant, diesen Schwellenwert um 50 Prozent auf 750.000 Euro signifikant zu erhöhen. Mit dieser Maßnahme wäre eine größere Anzahl Steuerpflichtiger von der steuerlichen Aufbewahrungspflicht befreit und von unnötiger Bürokratie entlastet.

Buchführungspflicht

Ob ein Unternehmen zur Buchführung verpflichtet ist, ist abhängig von bestimmten Grenzen des Handelsgesetzbuchs oder aber nach der Abgabenordnung.

Folgende Erleichterungen sind geplant. Erhöhung der

  • Jahresumsatzgrenze von 600.000 Euro auf 800.000 Euro.
  • Gewinngrenze für Gewerbebetriebe von 60.000 Euro auf 80.000 Euro.
  • Gewinngrenze für Land- und Forstwirtschaft von 60.000 Euro auf 80.000 Euro.

Diese geplante Anpassung hat vor allem das Ziel, Unternehmen, die allein aufgrund der Inflation zur Buchführung verpflichtet wären, in ihre vorherige Situation zurückzuführen.

Mehr Bürokratie durch neue Meldepflichten?

Der Gesetzesentwurf sieht zwar an einigen Stellen einen Bürokratieabbau vor, schafft an anderen Stellen jedoch zusätzliche Anforderungen. So ist eine Mitteilungspflicht für innerstaatlicher Steuergestaltungen geplant. Sie gibt es bereits für internationale Sachverhalte. Wird das Gesetz in der heutigen Form verabschiedet, müssen Unternehmer etwa darüber informieren, wie sie Verluste nutzen oder auch über Sachverhalte, in denen sie Einkünfte in Vermögen umwandeln.

Bringen die Änderungspläne wirklich Erleichterung oder ist das Augenwischerei?

„Das Wachstumschancengesetz hätte durchaus einen positiven Effekt auf kleine Unternehmen und Freiberufler. Die momentan geplanten Gesetzesänderungen könnten vor allem die Inflation auszugleichen. Aber ob die Erleichterungen wirklich kommen, bleibt abzuwarten“, sagt Ulf Knorr.

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