Unternehmen können zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum beitragen und gleichzeitig den Ressourcen, von denen ihr langfristiger Erfolg abhängt, schaden. Immer mehr Länder fördern und fordern standardisierte Berichterstattungsregeln, um die Berücksichtigung positiver und negativer Auswirkungen von Unternehmenstätigkeiten zu gewährleisten. Was die Berichterstattung angeht, sind jedoch nicht alle Unternehmen gleich. Nur wenige Unternehmen überwachen und veröffentlichen die entsprechenden Risiken und Chancen, und noch weniger bewerten die externen Effekte sorgfältig.

Mit dem 2020 verabschiedeten Europäischen Green Deal will die EU Kapitalströme in nachhaltige Unternehmen lenken und Investitionen mobilisieren, die zur Erreichung ihres Klimaneutralitätsziels 2050 erforderlich sind.[1] Da die Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (Non-Financial Reporting Directive, NFRD) keine vergleichbaren und strategischen ESG-Informationen lieferte, legte die Europäische Kommission im April 2021 einen Vorschlag für eine Richtlinie über die nachhaltige Berichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainable Reporting Directive, CSRD) vor. Ziel der CSRD ist die Verbesserung der Standards und der Vergleichbarkeit von ESG-Informationen durch die Erweiterung sowohl des Umfangs als auch der Menge der erforderlichen Informationen. Außerdem verfolgt sie einen eher verbindlichen Ansatz, der festlegt, welche Informationen ein Unternehmen veröffentlichen muss und wie diese zu berichten sind. Alle Unternehmen, die der CSRD unterliegen, müssen ihre Nachhaltigkeitsinformationen unter Verwendung der von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlichen. Zwischen 2024 und 2028 werden voraussichtlich mehr als 50.000 Unternehmen im Rahmen der ESRS berichten, darunter auch Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern, die stark in der EU vertreten sind.

ESRS-Merkmale:

Die endgültige Fassung der ESRD ist auf die Wesentlichkeit ausgerichtet und bietet den Unternehmen Flexibilität bei der Festlegung der für ihre Tätigkeit relevanten Themen. Die CSRD ist die erste Verordnung, die von den Unternehmen eine doppelte Wesentlichkeitsprüfung verlangt. Nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit wird von den Unternehmen erwartet, dass sie über ihre gesamte Wertschöpfungskette hinweg darüber berichten, wie sich Nachhaltigkeitsaspekte auf ihre Geschäftstätigkeit auswirken UND wie sich ihre Geschäftstätigkeit auf die Umwelt und ihr Umfeld auswirkt. Für die berichteten Nachhaltigkeitsinformationen wird eine beschränkte Sicherheit verlangt. Die Europäische Kommission erwägt jedoch, dies in Zukunft auf eine angemessene Sicherheit auszuweiten, um zuverlässigere Informationen zu gewährleisten.

Vorschriften in der EU und außerhalb unter Druck

Weitere Verzögerungen bei der Finalisierung der CSRD sind aufgrund von Lobbyarbeit und politischer Einmischung zu erwarten. 2022 schrieben vier Organisationen, darunter die amerikanische Handelskammer in der EU, einen offenen Brief. Darin forderten sie eine stärkere Angleichung zwischen ESRS und IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS SDS) sowie die Möglichkeit für Nicht-EU-Unternehmen, im Rahmen der CSRD andere nationale/internationale Standards zu verwenden[2]. Die IFRS SDS wurden vom International Sustainability Standards Board (ISSB) entwickelt und sind auch als ISSB-Standards bekannt.

Laut EU-Kommission haben EFRAG und ISSB gemeinsam daran gearbeitet, die Kompatibilität ihrer Nachhaltigkeitsberichtsstandards zu verbessern. Dennoch gibt es immer noch erhebliche Unterschiede zwischen den beiden. Der Hauptunterschied besteht in der Wesentlichkeit – die ISSB-Standards richten sich an Investoren und konzentrieren sich hauptsächlich auf die finanzielle Wesentlichkeit, während die ESRS alle wichtigen Stakeholder ansprechen und sich auf breitere Themen wie Gesellschaft, Arbeitskräfte und Umwelt konzentrieren. Der ISSB-Vorsitzende hat deutlich gemacht, dass das Gremium das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit nicht übernehmen will[3]. Diese strukturelle Diskrepanz macht die breitere Umsetzung der CSRD noch schwieriger. Auch wenn die ISSB-Standards eine geringere Berichtslast für die Unternehmen bedeuten und rund 60 Länder sich dazu verpflichtet haben, sind wir der Meinung, dass die doppelte Wesentlichkeit für Unternehmen und Investoren bei der Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen sinnvoller ist. Im November 2023 kündigte die Europäische Kommission eine zweijährige Verzögerung (bis 2026) bei der Einführung von Anforderungen für Nicht-EU-Unternehmen an. Unternehmen, die sich jetzt für eine Berichterstattung nach ISSB-Standards entscheiden, werden zögern, künftig zu ESRS zu wechseln.

Außerdem droht eine politische Einmischung, die die Umsetzung der CSRD blockieren könnte. Im Oktober 2023 sprachen sich 42 % der Mitglieder des Europäischen Parlaments für einen Beschluss zur Blockierung der ESRS[4] aus und forderten dessen Einschränkung. Die Begründung: Die ESRS würden die EU-Unternehmen zu sehr belasten und komplizieren und könnten ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Die Europäische Parlamentswahl ist für 2024 angesetzt. Ihr Ergebnis wird sich auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU auswirken. Die Ergebnisse der laufenden SFDR-Konsultation könnten auch die CSRD-Vorschriften erheblich verändern, da beide Verordnungen Teil des EU-Green Deal sind.

Ständig veränderte Standards, Unternehmen brauchen mehr Transparenz

Für die Unternehmen besteht eine große Unsicherheit, da die Vorschriften noch nicht endgültig festgelegt sind. Im Oktober 2023 erhöhte die EU-Kommission die Schwellenwerte für größere Unternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die der CSRD unterliegen, um 25 %[5]. Laut EU-Beamten wurde diese Maßnahme ergriffen, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen zu gewährleisten[6]. Möglicherweise werden noch weitere Änderungen folgen. Außerdem gibt es einen gestaffelten Zeitplan für die Umsetzung der CSRD. Wie in Abbildung 1 dargestellt, erfolgt die Umsetzung schrittweise in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße. Unternehmen, die bereits der NFRD unterliegen, müssen ab 2024 über ihre gesamte Wertschöpfungskette berichten. Kleinere Unternehmen oder Nicht-EU-Unternehmen mit einer bedeutenden Präsenz in der EU werden jedoch mehr Zeit haben, die ESRS einzuführen.

Ursprünglich sollten KMU ab 2026 nach einem vereinfachten Berichtsstandard berichten, aber seit Ende 2022 können sie sich für zwei Jahre von der Berichtspflicht befreien lassen. Dies soll den KMU genügend Zeit und Ressourcen geben, um gute Verfahren einzuführen und die anfänglichen Umsetzungskosten auf mehrere Jahre zu verteilen. Allerdings könnten freiwillige Maßnahmen bei der Förderung der Nachhaltigkeitsberichterstattung wenig effizient sein[7].

Die Unternehmen könnten es vorziehen, die Berichterstattung zu verschieben, um zusätzliche Erkenntnisse über die Umsetzungsbedingungen zu gewinnen, insbesondere angesichts der sich ständig ändernden Anforderungen. Hinzu kommt, dass 99 % der europäischen Unternehmen zu den KMU[8] zählen. Sie bilden die Wertschöpfungskette vieler größerer Firmen, die für ihre eigenen Berichte auf diese angewiesen sind. Dies schafft ein Problem – ein Unternehmen kann nur dann gesicherte Informationen über seine Wertschöpfungskette offenlegen und an Dritte weitergeben, wenn seine Zulieferer nach den gleichen Standards berichten.

Die EFRAG hat in ihren überarbeiteten Standards auch die Berichtspflichten der Unternehmen erheblich verringert: Die Liste der Pflichtangaben wurde von 134 auf 84[9] (-40 %) reduziert, und die obligatorischen Datenpunkte wurden halbiert. Viele obligatorische Datenpunkte sind nun freiwillig. Die Änderungen basieren auf den Rückmeldungen zahlreicher Stakeholder und sollen einen pragmatischeren und realistischeren Standard schaffen. Unserer Ansicht nach wird dies jedoch die Vergleichbarkeit der gemeldeten Informationen zwischen den Unternehmen einschränken, da einige Firmen wahrscheinlich wesentliche Aspekte übersehen werden.

Schlussfolgerung

Die Einführung der CSRD hat mehrere Debatten ausgelöst und es gab Änderungen und Verzögerungen bei ihrer Umsetzung. Wir sind der Meinung, dass die EU-Regulierungsbehörden und die Mitgliedstaaten den berichterstattenden Unternehmen unbedingt Sicherheit geben müssen, sowohl in Bezug auf die Vorschriften als auch auf den Zeitplan. Die Regulierungsbehörden könnten auch Alternativen nutzen, um bereits vor der verpflichtenden Umsetzung ein zuverlässiges Umfeld für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zu schaffen. So könnten sie z. B. Subventionen für und Investitionen in KI-gestützte Berichterstattungs-Technologien bereitstellen und eine solidere Aufsichtsstruktur für Nachhaltigkeit in den Unternehmensvorständen fördern. Dies könnte den Grundstein für eine breitere Akzeptanz der CSRD legen, sobald sie in Kraft tritt.

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[1] Europäisches Parlament, Briefing Umsetzungsbewertung NFRD, Januar 2021-Link

[2] Positionspapier – Gemeinsames Schreiben der Organisationen zur CSRD, 21. April 2022 – Link

[3] Le Monde, Rechnungslegung von Unternehmen: „Es ist zu einfach zu erwarten, dass die Wesentlichkeit über den wirtschaftlichen Bereich hinausgeht“, 10. Oktober 2023 – Link

[4] Europäisches Parlament, Antrag auf eine Resolution, 11. Oktober 2023 – Link

[5] Europäische Kommission, Anpassung der KMU-Größenkriterien an die Inflation – Link

[6] Europäische Kommission, Langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU: Blick über das Jahr 2030 hinaus- Link

[7] Europäische Kommission, Offenlegung von nichtfinanziellen und Diversitätsinformationen durch große Unternehmen und Konzerne – Häufig gestellte Fragen, 15. April 2014 – Link

[8] Europäische Kommission, Förderung der KMU in Europa: Kommission bietet neue Unterstützung zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit von KMU, 12. September 2023 – Link

[9] EFRAG, Entwurf der Europäischen Berichterstattungsstandards, Due Process Note, 23. November 2022 – Link

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