Die weltgrößte Sportfachmesse, die ISPO Munich, bot erneut den Rahmen für das RUNNER’S WORLD-Symposium. Das Event feierte zehntes Jubiläum und gab somit Anlass für einen Rückblick und einen Ausblick. Die Corona-Krise wirkt im Markt noch nach, bedeutet für den Laufsport allerdings einen Boom bei den Läuferzahlen. Gleichzeitig stellen Inflation, sinkende Kaufkraft und die Notwendigkeiten der Klimakrise neue Herausforderungen für die Branche dar. Entsprechend gab es viel Diskussionsstoff beim Symposium für Händler, Hersteller, Experten und Interessierte.
Zum Auftakt der Veranstaltung begrüßte RUNNER’S WORLD-Redakteur und Symposiums-Host Urs Weber die Gäste gemeinsam mit Lena Haushofer, Exhibition Director der ISPO Munich, und Constanze Fuchs, Category Managerin der ISPO. „Wir sind wieder hier, und wir sind noch internationaler, noch diverser“, betonte Lena Haushofer den Fokus der diesjährigen Messe. „Wir freuen uns, dass die ISPO dem vielseitigen und zukunftsweisenden RUNNER’S WORLD-Symposium ein weiteres Mal eine Plattform bieten kann.“
Mehr Wachstum, mehr Zielgruppen
Inhaltlich ging es nach der Eröffnung direkt ins Detail: Urs Weber präsentierte, unterstützt von RUNNER’S WORLD Sales Director Elisabeth Bauer, eine aktuelle Analyse des Running-Markts unter dem Titel „Wo es läuft und wo es ruckelt“.
Wo es läuft, zeigen die auf Befragungen basierenden Zahlen eindeutig: Der Laufsport kann nach wie vor großes Wachstum verbuchen und birgt enormes Marktpotenzial. „Wir erleben eine Demokratisierung des Laufsports: Laufen wird immer interessanter, die Zielgruppen vielseitiger. Angesichts wachsender Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit und Fitness in der Bevölkerung bietet das Laufen einen ganzheitlichen Lösungsansatz für Körper und Psyche. Das spüren immer mehr Menschen, Institutionen und Akteure“, erklärt Urs Weber. „Das bedeutet viele Chancen, erfordert aber auch schnelle Anpassung und hohe Aufmerksamkeit von Hersteller-Seite.“
Luft nach oben gebe es auch in Sachen Nachhaltigkeit. Als „stark unterschätzten Faktor“ stellte Urs Weber die Umweltfreundlichkeit von Running-Produkten dar. Das Bewusstsein unter den Konsumenten sei sehr hoch, dieses gelte es bei der Entwicklung von Produkten zu implementieren.
Innovationen auf dem Trail: Adidas TERREX
Als erster präsentierender Partner auf der Symposiums-Bühne stellte Adidas TERREX das Trailrunning als Wachstumstreiber vor. „Traillaufen boomt“, erklärt Christian Oumard (Senior Director Adidas TERREX Central), „und Produkt-Innovationen sind ein Schlüssel dafür, diesen Trend zu verstärken.“
Ein Modell, das neue Standards auf dem Trail setzen soll, ist der Agravic Speed Ultra, den TERREX für das Frühjahr 2023 ankündigt. In diesem Jahr trug TERREX-Athlet Tom Evans den Schuh bereits bei seinem Sieg beim Western States Endurance Run. „Der Schuh ist bis ins kleinste Detail auf die Bedürfnisse von Trailläufern angepasst“, berichtete Julian Fritz, der die Entwicklung des Modells auf biomechanischer Seite betreute.
Einblicke aus Profi-Sicht teilte Kim Schreiber mit dem Publikum: Die TERREX-Athletin, die in diesem Jahr den Sieg in Streckenrekordzeit beim Cappadocia-Ultra Trail (Türkei) zu ihren Erfolgen zählt, war maßgeblich an der Entwicklung des Agravic Speed Ultra beteiligt. Beim OCC in Chamonix lief sie im Speed Ultra auf den 13. Platz. Auf der Bühne erzählte sie von der engen Zusammenarbeit zwischen Athleten und Produktentwicklern sowie vom Team-Geist unter den Läufern: „Das TERREX-Team bedeutet für mich nicht nur Sport, sondern auch Freundschaft und gemeinsame Leidenschaft.“
Ein Start-Up mit großen Zielen: WINQS
Jan Kratochvil, Mitbegründer der Running-Marke WINQS, löste die TERREX-Speaker auf der Bühne ab und teilte Einblicke in die Arbeit einer jungen Marke mit großen Ambitionen: Das Berliner Start-Up setzt auf sozial- und umweltverträgliche Produkte und möchte bereits ab 2027 die post-Petroleum-Phase einläuten – und in der Herstellung ohne erdöl-basierte Kunststoffe auskommen. Dieses Ziel sei mit zahlreichen Herausforderungen verbunden, so Kratochvil, vor denen man allerdings nicht zurückschrecken dürfe. Nicht erdöl-basierte Kunststoffe seien schon heute äußerst leistungsfähig. Würden sie genauso massenhaft verwendet wie konventionelle Kunststoffe, könnten Sie zudem genauso kostengünstig werden. Jan Kratochvil findet klare Worte zu den Themen Nachhaltigkeit und Konsum: „Der nachhaltigste Schuh ist der, den der Konsument bereits besitzt“, urteilte der WINQS-Gründer, auch im Hinblick auf sich häufende Rabatt-Aktionen von Herstellern und eine stetige Masse an neuen Produkten. Und die Verwässerung des Begriffs "Nachhaltigkeit" in den Kampagnen der Hersteller behindere den Sinn der Nutzer für wirklich verantwortungsvollen Konsum.
Best Practice im Handel
Im Anschluss wurde es bei der Paneldiskussion mit drei erfolgreichen Händlern aus dem Running-Bereich pragmatisch: Volker Haußmann (Laufbar, München), Thomas Bonetsmüller (Sporthaus Schuster, München) und Dirk Alexander (Frankfurter Laufshop) unterhielten sich über „Handel im Wandel“ und ihre Lösungen für zukunftsfähiges Business. Volker Haußmann berichtete von seiner Entscheidung, seinen Laden samstags zu schließen – eine im Einzelhandel ungewöhnliche Maßnahme. „Für uns geht das Konzept auf, denn wir vermeiden so Anstürme am Wochenende, denen wir nicht mehr mit qualitativer Beratung begegnen können.“
Einstimmig erzählten die Händler von einer Rückbesinnung der Kunden auf den persönlichen Besuch im Laufladen. „Beratungsintensive Produkte lassen sich nicht einfach so online kaufen“, urteilt Thomas Bonetsmüller. Das Laufen sei ein Trend, der auch langfristig nicht abbrechen werde – deshalb räumt der Experte Lauf-Produkten noch mehr Platz ein und vergrößerte die Verkaufsfläche kürzlich auf 700 Quadratmeter. Zudem gewinnt auch der Community-Gedanke hinter den Laufläden an Wichtigkeit. Im Sporthaus Schuster in München finden regelmäßig Lauftreffs statt, bei denen Laufbegeisterte zusammenkommen – der Kontakt zum Laufshop muss also nach der Beratung noch nicht zu Ende sein.
Technologie im Wandel
Auf eine Zeitreise wurden die Zuhörenden vom Symposiums-Partner ASICS mitgenommen. Die Firmengeschichte, die bis ins Jahr 1949 zurückreicht, spiegelt exemplarisch den stetigen Wandel wider, den die Produkt-Technologie in den letzten Jahrzehnten durchlief. Magdalena Gassebner, Senior Product Marketing Specialist für ASICS, verdeutlichte einige dieser Veränderungen anhand eines ASICS-Klassikers. Im direkten Vergleich des Kayano 14 (2008) und der 30. Version des Kayano (2023) führte Gassebner durch die wichtigsten Technologie-Fortschritte: In Sachen Gewicht, Flexibilität und Haltbarkeit haben Laufschuhe eine enorme Entwicklung erfahren.
Katharina Steinruck, ASICS-Athletin und Europameisterin mit einer Marathon-Bestzeit von 2:25:59, teilte im Anschluss an den Produkt-Vortrag persönliche Einblicke aus ihrer Vorbereitung auf die Olympia-Qualifikationen. Diese werden für sie von den Folgen einer Corona-Erkrankung überschattet, die Steinruck nach wie vor beeinträchtigen. „Ich hoffe, beim Marathon in Osaka noch auf den Paris-Zug aufspringen zu können“, berichtete Steinruck und gibt sich trotz der Widrigkeiten optimistisch.
Ein einfacher Weg zur Verletzungsprophylaxe
Ein fester Bestandteil des RUNNER’S WORLD-Symposiums ist stets der Blick auf die aktuelle Biomechanik-Forschung. Dass dabei allerdings nicht nur Schuh-Technologien eine Rolle spielen, erklärte Stefan Grau, Professor für Biomechanik und Bewegungswissenschaften an der Universität Göteborg (Schweden). Er präsentierte die jüngst veröffentlichten Ergebnisse einer langjährigen Studie aus der Biomechanik: Untersucht wurde der Effekt eines kombinierten Kraft- und Faszienrollen-Trainings bei Läufern auf die Häufigkeit von Verletzungen. Das eindeutige Ergebnis: Nahmen die Läufer regelmäßig am Trainingsprogramm teil, sinke die Verletzungsanfälligkeit um bis zu 85%, berichtete der Wissenschaftler.
Paneldiskussion: Die Zukunft der Running-Branche, langfristige Trends
Am Schluss des lebhaften Symposiums kamen auf der Bühne noch einmal Speaker der drei Partner zusammen: Enno von Seht (ASICS), Götz Hohaus (Adidas) und Jan Kratochvil (WINQS) warfen einen Blick in die Zukunft und diskutierten über langfristige Trends in der Laufbranche.
Fazit
Das RUNNER’S WORLD-Symposium bot erneut eine einzigartige Plattform und einen Treffpunkt für Handel, Hersteller, Experten und Opinion-Leader der Running-Branche. „Konzepte, die bei ihrer Präsentation vor zehn Jahren auf dem Symposium noch belächelt wurden, waren fünf Jahre später längst realisiert“, resümierte Urs Weber mit einem Rückblick auf die Symposiumsgeschichte. „Und die Konzepte und Trend-Voraussagen, die wir heute hier vorgetragen bekamen, werden wir noch viel schneller in die Realität umgesetzt sehen“, so die Prognose. „Die Entwicklungsgeschwindigkeit bei Runningprodukten und die Umsetzung von Trends beschleunigen sich rasant.“ Ein Kontinuum wurde aber auch deutlich: Hinter allen Innovationen und Trends steht die facettenreiche Lauf-Leidenschaft, die alle Beteiligten des Symposiums gemeinsam haben und die das Running-Business auszeichnet.
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