Auch sportlich geriet der mit 20.000 Dollar dotierte Feeder mit sechs Medaillengewinnen aus deutscher Sicht zu einem vollen Erfolg. Am Schlusstag krönte das Phänomen Steffen Mengel (Mühlhausen) die beste Woche seiner Karriere mit seinem zweiten aufeinanderfolgenden WTT-Titel im Einzel. Auch das Doppel Cedric Meissner/Ricardo Walther sorgte bei seiner Premiere mit der Goldmedaille für eine faustdicke Überraschung. Die Berlinerin Xiaona Shan schrammte nur knapp am Titel vorbei und holte ebenfalls Silber, genauso wie das Mixed Meisser/Yuan Wan. Sabine Winter sicherte sich nach starken Leistungen im Einzel den dritten Rang. Ebenfalls Bronze gewannen die Topgesetzten im Mixed, Nina Mittelham/Dang Qiu, die im Einzel vorzeitig ausgeschieden waren.
Steffen Mengel: "Zwei Feeder-Siege in Folge hätte ich mir nie träumen lassen"
Einen 1,95 Meter großen Modellathleten wie einen Irrwisch durch den WTT Octagoncourt hüpfen zu sehen, das ist auch im Hochleistungssport Tischtennis nichts Alltägliches. Zuschauer des Herren-Endspiels zwischen Steffen Mengel und dem Chinesen Liu Dingshuo kamen am Samstagabend im DTTZ in den Genuss dieses seltenen Vergnügens. Der ohnehin am Tisch zu den eher extrovertierten Vertretern seiner Spezies zählende Steffen Mengel tat dies allerdings aus einem überaus verständlichen Grund. Der Bundesligaspieler des Post SV Mühlhausen besiegte seinen favorisierten Gegner aus dem Reich der Mitte im Finale mit 10:12, 12:10, 11:9 und 11:9. Damit gewann der 35-jährige Deutsche Meister des Jahres 2013 im Spätherbst seiner Karriere seinen zweiten internationalen Einzeltitel in Folge, die gleichzeitig seine bislang einzigen sind. Mengel gestand nach dem Finale das Offensichtliche: "Ich bin so, so glücklich. Ich finde überhaupt keine Worte." Jeder, der dabei war, hat ja gesehen, wie erleichtert ich nach dem verwandelten Matchball war. Es war ein total enges Finale. Ganz wichtig war der Gewinn des zweiten Durchgangs, als er trotz meiner 9:4-Führung plötzlich Satzball hatte. Mein Ausgleich zum 1:1 war der Schlüsselmoment. Es hat ihm gezeigt, dass ich präsent bin und in der Box stehe, um den Titel zu gewinnen."
Beim Feeder Vila Nova de Gaia und auch beim Feeder Düsseldorf gehörte Mengel nicht zu den Titelaspiranten. Auch zum Kreis der Medaillenanwärter zählte er angesichts der Anzahl an gemeldeten Weltklassespielern nicht wirklich. Angst vor großen Namen kannte Mengel jedoch nie, wie auch Ex-Weltmeister Wang Hao 2014 bei den German Open schmerzlich erfuhr. In der Vorwoche besiegte der Topspinkünstler die gesamte Elite Portugals, darunter Marcos Freitas, Joao Geraldo und Tiago Apolonia, sowie im Finale den ehemaligen WM-Dritten An Jaehyun aus Südkorea. In Düsseldorf bekamen erneut An, der Weltklassespieler aus Spanien Alvaro Robles sowie im Halbfinale dieses Mal auch die Chinesen Zhou Kai und Liu Dingshuo das große Selbstvertrauen, den unverwüstlichen Kampfgeist und die spielerische Klasse des Team-WM- und Team-EM-Zweiten von 2014 zu spüren.
Mengel, der seine WTT-Reise in Portugal als Nummer 302 der Weltrangliste begann und als Lohn in Düsseldorf bereits an Position 122 notiert wurde, wird nach nunmehr bemerkenswerten 15 Einzelsiegen in Folge beim Erscheinen der nächsten Weltrangliste am kommenden Dienstag erstmals wieder seit geraumer Zeit deutlich unter die Top 100 zurückkehren. Ob die beiden ersten Turniertriumphe seiner Karriere ein Ausdruck der Form seines Lebens sind, das ließ der ehrgeizige Steffen Mengel schmunzelnd offen: „Ich bin in einer sehr guten Form, das war ich aber auch im letzten Jahr, aber dann war ich leider fast ein halbes Jahr verletzt. Ich habe jetzt zuletzt schon im Training gespürt, dass ich wieder da bin, dass ich in sehr guter Form bin. Aber zugegeben: zwei Feeder hintereinander zu gewinnen, das hätte ich mir vorher nie träumen lassen. Aber wenn man im Leben kontinuierlich für seine Ziele kämpft, dann erreicht man auch herausragende Resultate. Es kann also noch viel passieren."
Xiaona Shan verpasst Titel nur um Haaresbreite
Xiaona Shan ist nur um Haaresbreite an ihrem zweiten Düsseldorf-Feeder-Erfolg vorbeigeschrammt. Die Siegerin der Auflage 2/2022 erarbeitete sich in einem hochklassigen Finale gegen die Chinesin He Zhuojia im fünften und entscheidenden Satz zwar einen Matchball, nutzen konnte die in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt lebende Spielerin des ttc berlin eastside diesen jedoch nicht. Am Ende lautete das Ergebnis 9:11, 11:9, 7:11, 11:9 und 10:12 aus der Sicht der Penholderspielerin, die zuvor im Halbfinale gegen die Chinesin Shi Xunyao ebenfalls über die volle Distanz hatte gehen müssen. Die EM-Dritte trauerte zwar der verpassten Chance nach, war aber insgesamt zufrieden mit ihrer Turnierleistung: „Ich habe nicht schlecht gespielt. Sie ist eine starke Spielerin und ihr System liegt mir nicht so sehr. Es ist deshalb doppelt schade, dass ich meinen Matchball nicht nutzen konnte. Ich hätte gerne in Düsseldorf, wo ich lebe und trainiere, den Titel gewonnen."
He Zhuojia hatte zuvor im zweiten Vorschlussrundeneinzel den beeindruckenden Siegeszug von Sabine Winter gestoppt. Die Deutsche Meisterin vom TSV Dachau hatte im Turnierverlauf Europameisterin Sofia Polcanova (Österreich) sowie mit Wu Yangchen und Yang Yiyun erstmals überhaupt zwei Spielerinnen aus dem Reich der Mitte besiegt. Trotz der Niederlage zeigte sich Winter deshalb auch zufrieden: „Meine Gegnerin im Halbfinale lag mir gar nicht, das wusste ich vorher. Dass ich bei dieser Auslosung und diesen Gegnerinnen sber das Halbfinale erreiche, hätte ich vorher kaum gedacht. Deshalb bin ich sehr, sehr glücklich über meine Gesamtleistung."
Cedric Meissner und Ricardo Walther: Gold bei der Doppel-Premiere
Die beiden Gewinner strahlten nach dem Endspiel übers ganze Gesicht. Cedric Meissner (1. FC Saarbrücken-TT) und Ricardo Walther (ASV Grünwettersbach), die vor dem Düsseldorf Feeder noch nie ein Turnier gemeinsam Seite an Seite bestritten, hatten soeben im Finale des Herren-Doppels einen echten Coup gelandet und die Chinesen Yu Ziyang/Zhou Kai nach zwei umkämpften Auftaktsätzen noch relativ deutlich mit 11:9, 10:12, 11:6 und 11:8 in Schach gehalten. Cedric Meissner konnte es kaum glauben: "Wir spielen das erste Mal überhaupt zusammen und gewinnen auf Anhieb den Titel. Das fühlt sich einfach super an." Routinier Ricardo Walther ergänzte: "Wir hätten das vor dem Turnier natürlich nicht erwartet. Aber wir sind beide gute Doppelspieler, haben unser Bestes gegeben und sind jetzt einfach happy, das Turnier gewonnen zu haben."
Cedric Meissner hatte bereits wenige Stunden vor dem Doppel-Finale im Mixed zusammen mit seiner Standardpartnerin Yuan Wan (TTC Weinheim) einen ersten Anlauf auf einen Titelgewinn genommen. Das Duo, dass sich bereits einmal in die Siegerliste des Feeder Düsseldorf hatte eintragen konnten, unterlag jedoch den Chinesen He Zhuojia/Zhou Kai in einem Duell auf Augenhöhe knapp mit 1:3. „Wenn ich in ein paar Stunden über das Turnier nachdenke, dann werde ich mit dem Ergebnis zufrieden sein. Im Moment bin ich aber enttäuscht und etwas traurig, dass es Silber geworden ist“, sagte Yuan Wan nach dem Finale.
Die Spiele im Überblick
Herren-Einzel, Finale
Steffen Mengel – Liu Dingshuo (CHN) 3:1 (10:12, 12:10, 11:9, 11:9)
Halbfinale
Steffen Mengel – Zhou Kai (CHN) 3:1 (10:12, 11:6, 11:4, 11:7)
Hiroto Shinozuka (JPN) – Liu Dingshuo (CHN) 2:3 (11:13, 4:11, 11:9, 11:8 ,6:11)
Damen-Einzel, Finale
Xiaona Shan- He Zhuojia (CHN) 2:3 (9:11, 11:7, 9:11, 10:12)
Halbfinale
Sabine Winter – He Zhuojia (CHN) 0:3 (6:11, 9:11, 5:11)
Xiaona Shan – Shi Xunyao (CHN) 3:2 (12:10, 11:8, 8:11, 7:11, 11:5)
Herren-Doppel, Finale
Cedric Meissner/Ricardo Walther – Yu Ziyang/Zhou Kai (CHN) 3:1 (9:11, 12:10, 11:6, 11:8)
Mixed, Finale
Yuan Wan/Cedric Meissner – He Zhuojia/Zhou Kai (CHN) 1:3 (12:10, 6:11, 10:12, 9:11)
Damen-Doppel, Finale
He Zhuojia/Wang Tianyi (CHN) – Barbora Balazova /Hana Matelova (SVK/CZE) 3:1 (11:5, 10:12, 11:7, 11:6)
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