Friedhelm Pfeiffer, stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“ am ZEW Mannheim, erklärt dazu:
„Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in den Ländern haben zu einem Ergebnis geführt. Im Wesentlichen wurde laut ver.di beschlossen, dass die Beschäftigten bis Oktober 2024 zeitlich gestaffelt einen steuer- und sozialabgabenfreien Inflationsausgleich in Höhe von insgesamt 3.000 Euro erhalten sollen. Ab November 2024 folgt eine Erhöhung um einen Sockelbetrag von 200 Euro, und ab dem 1. Februar 2025 eine tarifliche Erhöhung von 5,5 Prozent. Die Laufzeit soll 25 Monate betragen.
Schmerzhafter Kompromiss für beide Verhandlungsparteien
Beide Verhandlungsparteien haben einem wohl schmerzhaften Kompromiss zugestimmt. Für die an den Verhandlungen beteiligten Länder stellen Lohnerhöhungen einen Kostenfaktor dar. In Zeiten knapper Haushalte führen die vereinbarten Erhöhungen zu signifikanten Haushaltsbelastungen. Jedoch möchten auch die Länder attraktiv für Fachkräfte bleiben, um ihre Aufgaben, unter anderem in der inneren Sicherheit sowie dem Gesundheits- und Bildungswesen, erfüllen zu können. Je höher die Tariflöhne sind, desto attraktiver bleiben die Länder im Wettbewerb um Fachkräfte. Den Beschäftigten wiederum ist es mit dem Abschluss nicht gelungen, die Reallohnsenkungen seit 2021 wettzumachen. Sie haben mit relativ moderaten Forderungen stärker auf Beschäftigungssicherung gesetzt.
Der Abschluss sollte aber dazu beitragen, dass weitere Reallohnsenkungen in den nächsten beiden Jahren unwahrscheinlicher geworden sind. Aber auch Reallohnerhöhungen für die Masse der Beschäftigten sind eher unwahrscheinlich. Dieses Ergebnis trifft auch etwa für die gesamtwirtschaftliche Ebene zu, also nicht nur für den öffentlichen Dienst. Somit wird der expansive gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsimpuls, der von den Reallohnsenkungen für die Masse der Beschäftigten der letzten zwei Jahre ausgegangen ist, und zu dem aktuellen Beschäftigungshöchststand beigetragen hat, allmählich zu einem Ende kommen.
Untere Lohngruppen profitieren stärker
Vom Tarifabschluss werden aufgrund des vereinbarten pauschalen, für alle gleichen Inflationsausgleichs, und des Sockelbetrags die unteren Lohngruppen prozentual relativ stärker profitieren als die höheren Lohngruppen. Diese relative Aufwertung der unteren Lohngruppen folgt einem Trend in vielen Tariflohnvereinbarungen der letzten Jahre. Dieser neue Trend bedeutet eine allmähliche Umkehr der langjährigen Zunahme der Lohnungleichheit. Studien deuten darauf hin, dass manuelle Tätigkeiten, die nicht so einfach durch KI oder Roboter ersetzt werden können, allmählich wieder relativ besser entlohnt werden.“
Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.
Forschungsfelder des ZEW
Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte; Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen; Digitale Ökonomie; Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Marktdesign; Umwelt- und Klimaökonomik; Ungleichheit und Verteilungspolitik; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft.
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