• Geringes Verbrauchervertrauen und Kaufzurückhaltung bremsen Handel aus
  • Atradius: „Mehr Insolvenzen im Jahr 2024.“

So wie es die weihnachtlichen Lebkuchen und Spekulatius bereits im September in den Supermärkten zu kaufen gibt, so starten auch die Werbeaktionen in diesem Jahr deutlich vor dem Black Friday, mit dem vielerorts die Weihnachtseinkaufssaison beginnt. „Aufgrund des milden Herbstes sehen wir bereits erste Promotionen für Textilien und für Elektronik – aus dem Black Friday ist längst eine Black Week geworden“, sagt Frank Liebold, Country Director Deutschland beim Kreditversicherer Atradius. Angesichts des geringen Verbrauchervertrauens und der Kaufzurückhaltung erwartet Atradius im Vergleich zu 2022 einen Umsatzrückgang am Black Friday und im Weihnachtsgeschäft.

Der Konsum in Deutschland hat weniger Schwung als erwartet. Die Einzelhandelsumsätze sanken nach Angaben von Oxford Economics im September um 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat und um 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Daten zu den Verbraucherdienstleistungen sind nicht viel besser. Zwar stützen die sich verlangsamende Inflation, ein robuster Arbeitsmarkt und solide Lohnzuwächse im restlichen Verlauf des Jahres die Stimmung unter den Verbrauchern noch einigermaßen. Doch 2024 dürften sich dann aufgrund des nachgebenden Arbeitsmarktes und der gestiegenen Ölpreise die Realeinkommen weniger stark erholen als bisher angenommen.

Die Verbraucher befinden sich laut Atradius vor diesem Hintergrund in einer Zwickmühle. Frank Liebold: „Wir erwarten nun, dass der private Verbrauch in diesem Jahr angesichts der anhaltenden Schwäche bei den hochfrequenten Ausgaben um 0,7 Prozent sinken wird. Die Einzelhandelsumsätze werden 2023 voraussichtlich um weitere 2,8 Prozent zurückgehen, nachdem sie 2022 bereits um 0,5 Prozent gesunken sind.“ So rechnet Oxford Economics im vierten Quartal mit einem Rückgang der Erlöse im Einzel- und Großhandel um insgesamt 1,6 Prozent. Bei Unterhaltungselektronik dürften die Erlöse sogar um 2 Prozent sinken, bei Haushaltsgeräten und Textilien jeweils um 5 Prozent.

Die geringeren Verkäufe haben auch Auswirkungen auf die Lagerbestände. Sie waren in den vergangenen Jahren ein massives Problem, das auf verschiedene Faktoren wie Corona, Lieferkettenprobleme und den Rückgang des Verbrauchs zurückzuführen ist. „Dieses Überangebot führte zu ganzjährigen Preisaktionen“, so Frank Liebold. Das hat Auswirkungen auf die Gewinnsituation der Einzelhändler: Aufgrund des derzeitigen Konsumklimas und der Rezession, die zur Kaufzurückhaltung führt sowie der gestiegenen Energiepreise und anderer Kosten, werden sich die Gewinnspannen deutlich verschlechtern. „Gleichzeitig sind neue Kreditfazilitäten im Vergleich zur aktuellen Zinsentwicklung wesentlich teurer, was die Lage zusätzlich verschärft“, erklärt der Atradius-Deutschland-Chef.

Auch im Online-Geschäft ist nach Angaben des Kreditversicherers derzeit keine Erholung zu erwarten. Die Folge: Atradius geht davon aus, dass die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2023 generell um 21 Prozent und im Jahr 2024 um 10 Prozent steigen werden. „Angesichts der großen Herausforderungen des Handels im zweiten Halbjahr 2023 und im nächsten Jahr, wird die Zahl der Insolvenzen im Einzelhandel das Niveau des Gesamtmarktes widerspiegeln“, so Frank Liebold. Nach seinen Worten sollten die Einzelhändler mehr denn je den Fokus auf striktes Kostenmanagement, optimale Lieferketten und Liquidität legen, um die aktuell schwierige Situation zu meistern.

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