Wer hat in diesem Jahr noch nicht mit KI und Chatbots experimentiert? Die mit dem Sonderpreis ausgezeichneten Projekte 2023 gehen darüber hinaus, indem sie gesellschaftspolitische Themen aufgreifen. In einem ausgeklügelten Spiel-Setting können Jugendliche erleben, was es bedeutet, wenn im Jahr 2084 eine KI machtvoll agiert und unser Verhalten steuert und bewertet. Oder sie programmieren im Kontext der Ausstellung „Femme fatale“ selbst Chatbots mit Themen, die klassische und stereotype Rollenbilder hinterfragen.
Sichtbar sein, kreativ sein, aktiv medial mitwirken, das zieht sich durch die weiteren Preisträger*innen-Projekte: Im Mittelpunkt der Medienpädagogik stehen die agierenden und auch fantasievoll gestaltenden Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen selbst! Dass Medienkompetenz über Technikvermittlung hinaus auch soziale, politische, kulturelle und ethische Aspekte einbezieht, zeigt sich in den herausragenden Projekten: Es werden nicht einfach nur kleine Roboter programmiert, sondern diese in ein fantastisch gestaltetes Theaterstück eingebettet. Jugendliche eignen sich Kunst und Kultur an, indem sie selbst mit digitaler Bildhauerei und Virtual Reality experimentieren und beispielsweise Fragen zur Überwachung kreativ nachgehen. Medienpädagogik bringt Menschen zusammen: Aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche agieren gemeinsam mit anderen Heranwachsenden. In inklusiven Projekten oder Redaktionen machen Menschen auf ihre besondere Situation und ihre Sichtweisen aufmerksam. Kinder und Jugendliche bespielen ihren regionalen TV-Kanal mit eigenen Themen. Was „Digitalisierung in der Jugendarbeit“ bedeutet, zeigt ein herausragendes Netzwerk: das Aufgreifen der medialen Lebenswelten und Aktionsräume von jungen Menschen. Dem sich kontinuierlich fortbildenden und im reflektierenden Austausch stehenden Netzwerk gelingt dies besonders gut.
Für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend begrüßte die Leiterin des Referates „Jugendschutzgesetz, Kinder- und Jugendmedienschutz, Aufwachsen digital“ Miriam Junker-Ojo die Teilnehmenden. Sabine Eder, GMK-Vorsitzende, betonte vor dem Hintergrund des 40. Forum Kommunikationskultur: „Medienpädagogische Arbeit schafft es stets aufs Neue, gesellschaftspolitisch wichtige Themen, wie z.B. Künstliche Intelligenz, Inklusion und Teilhabe, aufzugreifen und vielseitige Projekte zu gestalten. Die hier prämierten Projekte bestärken Kinder, Jugendliche und Erwachsene darin, die Welt aktiv mitzugestalten, Unbekanntes zu erforschen und dabei kritikfähig zu sein. Das zeigt: Die Zukunft hängt nicht nur von Algorithmen ab, sondern vor allem von der einfallsreichen Gestaltung von Bildungsprozessen.“
Der mit 12.000 Euro dotierte Dieter Baacke Preis wird gemeinsam vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) vergeben. In diesem Jahr gibt es acht Preisträger*innen-Projekte in sechs Kategorien sowie eine besondere Anerkennung. Medienprojekte mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen im Mittelpunkt der Auszeichnung und geehrt werden damit auch die Pädagogischen Fachkräfte für ihr medienpädagogisches Wirken und ihre Methodik.
Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verleihen seit 2001 gemeinsam die bundesweite Auszeichnung für herausragende medienpädagogische Arbeit. Der Dieter Baacke Preis präsentiert Beispiele und Methoden, wie aktuell, vielseitig, digital oder auch gut vernetzt Medienbildung heute sein kann. Herausragende Medienprojekte mit Kindern und Jugendlichen stehen im Mittelpunkt des mit 12.000 € ausgezeichneten Preises. Diese und weitere Informationen und Videos finden Sie auf der Webseite www.dieter-baacke-preis.de.
Zu den einzelnen Preisträger-Projekten:
Kategorie A: Projekte von und mit Kindern
An Ozobots Fairytail
Medienwerkstatt Identity Films e.V.
Vorhang auf für die kleinen Ozobots! Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren erschaffen einzigartige Theaterstücke, fantastische Geschichten und Settings, in dem kleine Ozobots-Roboter im Mittelpunkt stehen. Das Projekt verbindet Robotik, Basteln, Storytelling und Theater. Es fördert MINT-Kenntnisse, Problemlösung und soziale Kompetenzen bei den Kindern. Ein herausragendes Modell kultureller Medienbildung, das zudem die Selbstwirksamkeit der Kinder stärkt.
Kategorie B: Projekte von und mit Jugendlichen
Kulturcaster
jfc Medienzentrum e.V.
Kunst und Kultur auf innovative Weise erleben und gestalten: In Kulturcaster experimentieren Jugendliche mit digitaler Bildhauerei in Virtual Reality oder entwickeln Street-Art-Kreationen. Das Projekt bietet Workshops, Ausflüge zu Ausstellungen und Galerien und kreative Aktivitäten für Jugendliche im Alter von 15 bis 25 Jahren. Als herausragendes Modell kombiniert Kulturcaster Medienkompetenz, Selbstvertrauen und die aktive Auseinandersetzung mit Kunst.
JUZ-TV – Deine Stadt im Überblick
Jugendzentrum Papenburg
Regionale und mediale Teilhabe von Jugendlichen: JUZ-TV zeigt, wie’s geht. In der Redaktion wirken über 40 Kinder und Jugendliche mit. Die jungen Medienmacher*innen setzen sich dabei gestaltend mit Kunst, Kultur und vielen anderen Themen auseinander. Ihre TV-Berichte sind auf YouTube und im regionalen Kabelfernsehen zu sehen. Die Jugendlichen erforschen die Region, lernen dabei Fragen zu stellen und kritisch zu denken. Das Projekt fördert nicht nur Medienkompetenz und Teilhabe, sondern auch Zusammenarbeit und Kreativität.
Kategorie C: Interkulturelle und internationale Projekte
DELTour – Gemeinsam tüfteln, entdecken & ausprobieren
Stadtbücherei Delmenhorst
Wie kann Medienpädagogik sprachliche Hürden in der Zusammenarbeit mit neu Zugewanderten oder Geflüchteten überwinden? Kinder und Jugendliche aus der Ukraine und Kinder anderer Herkunftsländer bauen und steuern Roboter, erstellen Stop-Motion-Filme und programmieren Jump ’n‘ Run-Spiele. Übersetzer*innen aus der ukrainischen Community wirken bei Bedarf mit. So gelingt es den Jugendlichen, gemeinsam zu experimentieren. DelTour fördert die Integration, stärkt die Medienkompetenz und schafft eine inklusive Umgebung, die auch nachhaltig wirkt: Viele der beteiligten Kinder nehmen nun regelmäßig an den Angeboten der Stadtbücherei teil.
Kategorie D: Inklusive und intersektionale Projekte
22Q Media
filmreflex Gbr / Wir sind 22Q e.V.
Teilhabe ermöglichen, Unsichtbares sichtbar machen, dieses Ziel verfolgt die Partnerschaft zwischen filmreflex und dem Verein Wir sind 22Q e.V. Junge Menschen mit dem 22Q-Syndrom, einer seltenen Krankheit, gestalten Podcasts und Doku-Porträts über ihre Situation und das Leben anderer Betroffener. Das Projekt schafft Bewusstsein für das Syndrom und befähigt die Teilnehmenden zur eigenständigen Medienproduktion.
Alles inklusive Medien
Kanal 21 – Offener TV-Kanal Bielefeld e.V.
„Nicht ohne uns über uns“ – unter diesem Leitmotiv arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam in einer Redaktion, um ein tieferes Verständnis für Inklusion und mehr Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern. Die Teilnehmenden sind in allen Produktionsphasen einbezogen, sei es bei der Planung, Recherche, Dreharbeiten, Postproduktion oder Verbreitung der erstellten Inhalte. Die qualitativ hochwertigen Beiträge behandeln intersektionale und inklusive Themen und bieten persönliche Einblicke und Geschichten von Menschen mit Behinderungen. Das Projekt fördert Inklusion, Medienkompetenz und Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen.
Kategorie E: Netzwerkprojekte
Digi-4-OJA
ServiceBureau Jugendinformation Bremen
„Challenge Accepted“: In Bremen gibt es nun eine maßgeschneiderte Digitalisierungsstrategie für die Jugendarbeit. Das vielschichtige Netzwerk trägt dazu bei, die digitalen Lebenswelten von Jugendlichen wahrzunehmen und in der Jugendarbeit daran anzuknüpfen. Dieses erfolgt in einem dreiteiligen Netzwerk-Modell, das Jugendarbeiter*innen, Jugendarbeitsträger und Expert*innen auf internationaler Ebene vernetzt. Kinder und Jugendliche profitieren in verschiedenen Jugendzentren und Verbänden direkt von diesen Fortschritten. So laden Angebote zu VR, Games und Influencer*innen dazu ein, in den Jugendzentren kreativ und kritisch zu wirken.
Kategorie F: Sonderpreis 2023 „KI und wir – gruselig und genial“
2084 – Ein medienpädagogisches Planspiel
JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis
1984 war gestern, wirkt aber noch nach. 2084 – Ein medienpädagogisches Planspiel versetzt die Teilnehmenden in die fiktive Zukunft des Jahres 2084. Hier gestaltet eine Künstliche Intelligenz namens Harmony Score die Gesellschaft massiv um. Das Spiel ermöglicht es den Teilnehmenden, die Auswirkungen digitaler Technologien auf Machtverhältnisse und Wertekonflikte zu erkunden. Die Jugendlichen übernehmen unterschiedliche Rollen und setzen sich aktiv mit den Zusammenhängen von Technologie, Gesellschaft und individuellen Entscheidungen auseinander. Dabei erkunden sie auch die gegenwärtigen Möglichkeiten von KI. 2084 bietet eine einzigartige Gelegenheit, das Verständnis junger Menschen für die Herausforderungen der digitalen Welt zu vertiefen.
Besondere Anerkennung
Chatte mit einer Femme fatale! Ein kunst- und medienpädagogisches Projekt zur Entwicklung eines KI-basierten Chatbots
Hamburger Kunsthalle
Helena von Troja oder die Medusa – Im kreativen KI-Projekt Chatte mit einer Femme fatale! entwickeln Jugendliche einen Chatbot, der historische Frauenbilder hinterfragt und Wissen über Macht und Gender vermittelt. Das Projekt sensibilisiert für gesellschaftliche Machtverhältnisse und die Zukunft der Künstlichen Intelligenz.
Dieter Baacke Preis – Die bundesweite Auszeichnung für Medienpädagogische Projekte:
Der Dieter Baacke Preis richtet sich an Projekte außerschulischer Träger (z.B. Jugendzentren, Kindergärten, Träger der Jugendhilfe oder Familienbildung, Medienzentren und Medieninitiativen) und Kooperationsprojekte zwischen schulischen und außerschulischen Trägern. Die Projekte sollten im Vorjahr entstanden sein oder im laufenden Jahr bis zur Bewerbungsfrist beendet sein. Bewerben können sich Institutionen, Initiativen oder Einzelpersonen mit innovativen, originellen oder mutigen Projekten zur Förderung einer pädagogisch orientierten Medienkompetenz. Bewerbungsschluss ist der 31. Juli des laufenden Jahres.
Ausführliche Informationen und Bewerbung: www.dieter-baacke-preis.de
Dieter Baacke (1934-1999) war Professor für Pädagogik an der Universität Bielefeld. Von 1984 bis 1999 war er Vorsitzender der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK). Sein pädagogisch begründeter Begriff der Medienkompetenz inspiriert dauerhaft Wissenschaft, Praxis und Politik.
Gefördert vom: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Im Rahmen von: Gutes Aufwachsen mit Medien
Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK)
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33602 Bielefeld
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