Der inländische MINT-Nachwuchs kann den nationalen Bedarf an MINT-Arbeitskräften nicht dauerhaft decken. Der MINT-Lehrkräftemangel führt zu mangelnden MINT-Grundlagenkompetenzen bei Schülerinnen und Schülern, die sich auf die Ausbildungs- und Berufswahl auswirken. Die Wertschätzung der Lehramtsausbildung sowie attraktive Fortbildungsangebote und Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte müssen auf der bildungspolitischen Agenda nach ganz oben.

Die Arbeitskräftelücke im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) bleibt trotz der konjunkturellen Abkühlung auf hohem Niveau. Die MINT-Lücke erreicht im September 2023 einen Wert von 285.800 – 15,5 Prozent unter dem Rekordwert des Vorjahres. In den kommenden Jahren dürften die Engpässe an MINT-Kräften wieder deutlich steigen, denn die Unternehmen erwarten steigende Bedarfe an MINT-Kräften, um die Herausforderungen von Klimaschutz und Digitalisierung zu meistern. Zugleich führt der demografische Wandel zu steigenden Ersatzbedarfen, während es am Nachwuchs in Studium und Ausbildung mangelt. Mittelfristig droht der inländische Nachwuchs weiter abzunehmen, da die Leistungen von Schülerinnen und Schülern im Lesen und in den MINT-Fächern sinken und dazu ein steigender Lehrkräfteengpass an Schulen droht. 

Prof. Dr. Axel Plünnecke, Leiter Themencluster Bildung, Innovation und Migration am Institut der deutschen Wirtschaft Köln: „Die MINT-Lücke wäre heute noch deutlich höher, wenn in den letzten zehn Jahren nicht erste Erfolge zur MINT-Fachkräftesicherung bei Frauen, Älteren und Zuwanderern erreicht worden wären. Der Frauenanteil in MINT-Berufen hat von 13,8 Prozent Ende 2012 auf 16,1 Prozent im März 2023 zugenommen. Die MINT-Beschäftigung von Personen im Alter ab 63 Jahren ist in den letzten zehn Jahren um 153.700 gestiegen, davon allein um 65.500, weil 61-63-Jährige in den Folgejahren länger im Arbeitsmarkt bleiben. Unter Zugewanderten ist die Beschäftigungsdynamik besonders groß – ohne Erfolge bei der Zuwanderung würden rund 413.800 MINT-Fachkräfte zusätzlich fehlen.“

Indra Hadeler, Geschäftsführerin Bildung und Internationale Beziehungen des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall: 

„Die Metall- und Elektro-Industrie investiert pro Jahr rund 103 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung, darunter vermehrt in Klimaschutz und Digitalisierung. Dies dient dem Erreichen der Nachhaltigkeitsziele, stärkt die Unternehmen im Wettbewerb und sichert Beschäftigung und Wohlstand in Deutschland. Dazu sind wir auf MINT-Fachkräfte, von der Facharbeiterin und dem Facharbeiter bis zur Ingenieurin und dem Ingenieur, dringend angewiesen. Dem akuten Lehrkräftemangel in den MINT-Fächern müssen wir daher konsequent entgegentreten. Hier sind dringend Konzepte erforderlich, um mehr Lehrkräfte zu gewinnen. Sie sind der wichtigste Schlüssel zur MINT-Bildung. Dabei dürfen wir auch die Berufsschulen nicht vergessen. Die Situation ist bereits so alarmierend, dass einzelne Maßnahmen nicht mehr ausreichen, wir brauchen ein ganzes Bündel und wir brauchen es schnell."

Christina Ramb, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der BDA: „Ohne ausreichend MINT-Nachwuchs werden wir viele drängende Zukunftsfragen nicht lösen können. Der erste Schritt in die MINT-Welt ist MINT-Unterricht, der Spaß macht und Neugierde weckt. Fehlende MINT-Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern wirken sich massiv auf die Berufswahl aus. Gerade bei MINT-Lehrkräftemangel können viele außerschulische Partner Schulen unterstützen. Es gibt zahlreiche MINT-Akteure, die vielfältige Angebote bereitstellen. Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT kann zudem bei der Berufsorientierung helfen. Langfristig ist es entscheidend, die MINT-Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler mit Hilfe von gut aus- und fortgebildeten Lehrkräften – auch Seiten- und Quereinsteigenden – zu sichern.“

Prof. Dr. Christoph Meinel, Vorstandsvorsitzender von MINT Zukunft schaffen: „Digitalen Kompetenzen, die besonders in den Schulen vermittelt werden müssen, kommt eine besondere Bedeutung für die digitale Transformation in allen Bereichen unserer Gesellschaft zu. Deutschland braucht hier einen echten Bildungsaufbruch. Nötig ist eine flächendeckende Bereitstellung digitaler Infrastrukturen für den Schulunterricht, tragfähigen Lehr- und Lernkonzepten, Informatik in den Stundentafeln aller Länder, Digitalisierung von Schulabläufen und länderübergreifende Anstrengungen bei der Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte sowie Quereinsteigender und dem Einsatz von multiprofessionellem Personal.“

Edith Wolf und Prof. Dr. Carsten Busch, Vorstände des Nationalen MINT Forums: „Um Deutschland als erfolgreichen Wirtschaftsstandort zu halten, müssen sowohl Fachkräftekrise als auch die Probleme im Bildungssystem zügig gelöst werden. Dazu braucht es ein gemeinsames politisches Vorgehen auf Bundes- sowie auf Landesebene. Der MINT-Lehrkräftemangel entfaltet dauerhaft eine mehrfach negative Wirkung: ein reduziertes Angebot in den MINT-Fächern führt zu Kompetenzverlusten und beeinflusst so mittelfristig die Entscheidungen von Schüler*innen für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung oder eines Studiums in MINT-Disziplinen. Nur wenn das Unterrichtsangebot und die Unterrichtsqualität in einem hohen Maß gewährleistet werden, kann das Bildungssystem seinen Anspruch auf die Schaffung von Chancen und Teilhabe für alle Kinder und Jugendliche realisieren und die dringend benötigten Fachkräfte von morgen ausbilden.“

Den MINT-Herbstreport 2023 finden Sie hier.

Über den MINT-Report

Der MINT-Report wird zweimal jährlich vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln erstellt. Die Studie entsteht im Auftrag folgender Mitglieder des Nationalen MINT Forums: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Arbeitgeberverband Gesamtmetall und MINT Zukunft schaffen.

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