Klimaveränderung in Produktionsprozess einbeziehen
Die Daten zu künftigen klimatischen Bedingungen sind landwirtschaftlichen Akteuren noch weitgehend unbekannt und außerhalb der Klimagemeinschaft schwer zugänglich, da oftmals zusätzliche Berechnungen für die Gewinnung von relevanten agroklimatischen Indikatoren (ACI) nötig sind. Die Anwendung CANARI (Climate ANalysis for Agricultural Recommendations and Impacts) wurde geschaffen, um für landwirtschaftliche Akteure diesen Zugang zu verbessern. Das Portal ermöglicht dem Agrarsektor, Veränderungen des Klimas in den Entscheidungs- und Produktionsprozess einzubeziehen: „CANARI veranschaulicht die klimatischen Bedingungen, an die sich Pflanzen und Tiere vor Ort anpassen müssen. Mit Hilfe der Daten können Landwirtinnen und Landwirte ihre Praktiken entsprechend anpassen“, sagt Carolina Wackerhagen, Projektleiterin im Handlungsfeld Landwirtschaft und Lebensmittel der Bodensee-Stiftung. Die Bodensee-Stiftung hatte mit Partnern im Projekt AgriAdapt zur Klimawandelanpassung der Landwirtschaft Grundlagen für die Webanwendung CANARI geschaffen.
Das Tool kann prognostizierte klimatische Bedingungen ins Verhältnis zum Entwicklungsstadium von Feldfrüchten oder die Anforderungen der Nutztierhaltung setzen. So wird ersichtlich, welchen Einfluss Hitzetage, Niederschlagsmenge, Verdunstung oder Frosttage z.B. auf den Zeitraum der Blüte, der Kornbildung und -füllung oder den Aussaatzeitraum haben. Dank der Kenntnis der Physiologie der Kulturpflanzen und der damit verbundenen klimatischen Belastungen vermag das Portal, die für jede Kultur interessanten ACI zu bestimmen.
Visualisierung von mehr als 100 agroklimatischen Faktoren
CANARI ermöglicht die Visualisierung von mehr als 100 agroklimatischen Indikatoren, die die Bedürfnisse der verschiedenen landwirtschaftlichen Sektoren (Ackerbau, Tierhaltung, Dauerkulten usw.) aufzeigen. Jeder ACI kann auf lokaler Ebene, für ganz Europa, für die nahe (2021-2050) und ferne (2051-2100) Zukunft nach einem Multi-Modell-Ansatz berechnet werden.
Das Portal macht Risiken und Chancen kommender Klimaveränderungen anschaulich. So führt eine Anzahl von Tagen, an denen die Höchsttemperatur am Ende des Entwicklungszyklus von Getreide (insbesondere Weichweizen) über 25 Grad Celsius liegt, zu einer Beeinträchtigung des Kornwachstums und damit zu einer Begrenzung des Endertrags. Als Chance kann dagegen der tendenzielle Anstieg der Durchschnittstemperatur wahrgenommen werden, wenn er zum Beispiel den Anbau einer Zwischenfrucht zwischen zwei Hauptkulturen ermöglicht.
Die Online-Anwendung richtet sich vor allem an beratende Stellen wie zum Beispiel Versicherungsgesellschaften, Ausbildungszentren, Bildungseinrichtungen, öffentliche Organisationen, Bauernverbände und Erzeugergemeinschaften. Nutzer sollten sich bereits mit dem Klimawandel in der Landwirtschaft auseinandergesetzt haben. Dazu können sich Interessierte vor der Arbeit mit CANARI die AWA-Plattform „AWA – AgriAdapt Webtool for Adaptation“ (https://awa.agriadapt.eu/de/) ansehen. Sie wurde im Rahmen des internationalen Projekts AgriAdapt aufgebaut, bei dem auch die Bodensee-Stiftung als Projektpartner wirkte.
Die Webanwendung CANARI ist das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen Solagro, einem Spezialisten für landwirtschaftliche Fragen und Klimawandel, und Makina Corpus, einem Entwickler von IT-Lösungen und Open-Source-Webanwendungen. Wissenschaftliche Unterstützung bei der Verwendung von Klimaprojektionen wurde vom französischen Labor IPSL (Institut Pierre Simon Laplace, Spezialist für Klimamodellierung) geleistet und von der MARS-Einheit des JRC (Joint Research Centre der Europäischen Union), die sich mit Fragen der Anpassung im Agrarsektor befasst.
Weitere Informationen auf der CANARI-Webseite: https://canari-europe.com/
Die Bodensee-Stiftung ist eine private Umwelt- und Naturschutzorganisation, die sich projektorientiert für mehr Nachhaltigkeit und Naturschutz einsetzt – regional, national und international. Sie ist aktiv in den vier Handlungsfeldern Energiewende, Landwirtschaft & Lebensmittel, Natur- & Gewässerschutz sowie Unternehmen & biologische Vielfalt und arbeitet eng mit Akteuren aus Wirtschaft, Fachverwaltungen, Kommunen, Politik und weiteren Interessenvertretungen zusammen. Die Bodensee-Stiftung wurde 1994 gegründet, ihr Sitz ist in Radolfzell am Bodensee
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