Die auch als Thrombozyten bezeichneten Blutplättchen werden im Knochenmark gebildet und sind ein wichtiger Bestandteil des Gerinnungssystems. Liegt ein Mangel an Blutplättchen vor, kann dies zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen führen.
„Zusammen mit meinem Team möchte ich den Lebenszyklus der Thrombozyten, also wie sie gebildet und wieder abgebaut werden, umfangreich untersuchen. Daraus können wir neue Therapieansätze für einen Blutplättchenmangel, die sogenannte Thrombozytopenie, ableiten“, beschreibt Jun.-Prof. Dr. Carsten Deppermann das Forschungsvorhaben seiner Arbeitsgruppe am Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz.
Bei einer Thrombozytopenie steigt das Blutungsrisiko und es kann zu Blutungen in der Haut sowie zu Blutergüssen kommen. Ist der Blutplättchenmangel stark ausgeprägt, können bei den Betroffenen auch ohne eine Verletzung lebensbedrohliche Blutungen auftreten.
Die Thrombozytopenie kann durch unterschiedliche Mechanismen verursacht werden: Zum einen kann ein Mangel an Blutplättchen entstehen, wenn das Knochenmark nicht genügend Thrombozyten bildet, wie beispielsweise bei einer Leukämie. Zum anderen können Blutplättchen auch durch das eigene Immunsystem zerstört werden. Eine solche Immunthrombozytopenie entsteht in 80 Prozent der Fälle ohne erkennbare Ursache. Zu einer Verminderung der Anzahl der Blutplättchen kann es zudem kommen, wenn zu viele Blutplättchen in der Milz eingelagert werden. Das ist beispielsweise bei der Leberzirrhose der Fall, die mit einer fortschreitenden Zerstörung des Lebergewebes einhergeht.
„Ein weiterer Forschungsschwerpunkt meiner Arbeitsgruppe sind die bislang wenig untersuchten Funktionen der Thrombozyten, die über ihre bekannten Aufgaben in der Blutstillung und Thrombose hinausgehen, so zum Beispiel bei Infektionen oder chronisch-entzündlichen Erkrankungen“, erläutert Juniorprofessor Deppermann.
Eine der wichtigsten Untersuchungsmethoden ist dabei die Intravitalmikroskopie, mit der zelluläre Prozesse im lebenden Organismus sichtbar gemacht werden können. „Mithilfe dieser Technik konnten wir bereits zeigen, dass gealterte Thrombozyten von Lebermakrophagen, den Fresszellen des Immunsystems, aufgenommen und abgebaut werden“, so Juniorprofessor Deppermann. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wollen die Wissenschaftler:innen nun die Mechanismen, näher erforschen, die den Thrombozyten-Abbau regulieren. Ziel ihrer Untersuchungen ist es zudem, herauszufinden, wie sich das Altern oder thromboinflammatorische Erkrankungen wie Herzinfarkt auf die Abbauprozesse auswirken.
„Die Fragestellungen, die Dr. Deppermann und sein Team untersuchen, sind von großer Relevanz für die Grundlagenforschung, haben aber auch einen translationalen Aspekt: Wenn wir verstehen, wie der krankheitsbedingte Abbau von Thrombozyten und ihre Produktion im Knochenmark gekoppelt sind, hat dies Implikationen für die Behandlung von Blutplättchenmangel und die Therapie von entzündlichen und kardiovaskulären Erkrankungen. Zudem können die Erkenntnisse dabei helfen, Methoden zu finden, um die Lebensdauer von Thrombozyten nach einer Transfusion zu verlängern“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Wolfram Ruf, Wissenschaftlicher Direktor des CTH. Er ergänzt: „Wir freuen uns, dass die DFG das wichtige Forschungsvorhaben mit der Emmy Noether-Förderung unterstützt.“
Das Emmy Noether-Programm eröffnet herausragend qualifizierten Nachwuchswissenschaftler:innen die Möglichkeit, durch die eigenverantwortliche Leitung einer Forschungsgruppe über einen Zeitraum von sechs Jahren die Voraussetzungen für eine Hochschulprofessur zu erlangen. Ein Projekt in diesem angesehenen DFG-Programm muss daher einen hohen wissenschaftlichen Anspruch erfüllen. Die Nachwuchsgruppe von Dr. Deppermann erhält eine Förderung in Höhe von rund einer Million Euro.
„Ich gratuliere Herrn Dr. Deppermann zur Aufnahme in das renommierte Emmy Noether-Programm. Wir freuen uns sehr, dass er sich für Mainz und die Universitätsmedizin als Forschungsstandort entschieden hat. Er ist ein exzellenter Wissenschaftler und wir können ihm hier ein attraktives Forschungsumfeld mit modernster Infrastruktur und hervorragenden Kooperationsmöglichkeiten bieten“, betont Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann, Wissenschaftlicher Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin Mainz.
Zur Person:
Carsten Deppermann wurde 1985 in Frankfurt am Main geboren. Von 2005 bis 2010 studierte er Biochemie an der Goethe-Universität Frankfurt. Finanziert durch ein Stipendium der Graduate School of Life Sciences promovierte er 2015 an der Universität Würzburg bei Prof. Dr. Bernhard Nieswandt zur Rolle der Thrombozytengranula in der Hämostase, bei Thrombose und im Schlaganfall. 2013 wurde er mit dem Hentschelpreis für Schlaganfallforschung ausgezeichnet. Darüber hinaus ehrte die International Society on Thrombosis and Haemostasis Carsten Deppermann mehrfach mit dem Young Investigator Award. Gefördert durch ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) forschte er von 2016 bis 2019 als Postdoktorand bei Prof. Dr. Paul Kubes an der University of Calgary in Kanada. Nach seiner Rückkehr erhielt er 2021 den Ruf auf eine Juniorprofessur am Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz und leitet dort eine eigene Arbeitsgruppe. Seit 2022 ist er Mitglied der Gutenberg Akademie Mainz.
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich mehr als 345.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Mehr als 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie rund 670 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.700 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de.
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