In den letzten Wochen haben die Reformvorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für Apotheken in Deutschland eine breite Diskussion ausgelöst. Diese Vorschläge umfassen Lockerungen beim Mehrbesitz, geringere Auflagen für Filialapotheken und die Einführung der Tele-Pharmazie ohne die Anwesenheit von approbiertem Fachpersonal vor Ort. Eine ausführliche Analyse dieser Vorschläge wurde von dem renommierten Rechtsanwalt und Steuerberater Bernhard Bellinger aus der ETL-Gruppe durchgeführt, der die möglichen Vor- und Nachteile sorgfältig beleuchtete.

Fehlende politische und wirtschaftliche Substanz

Bellinger hebt hervor, dass die Apothekerschaft aufgrund des Koalitionsvertrags mit bestimmten Erwartungen an politische Unterstützung gerechnet hatte, von denen bislang nur wenige erfüllt wurden. Insbesondere die Vergütung von Botendiensten blieb bis dato unverändert, was die Motivation für seine Analyse der Reformvorschläge von Bundesgesundheitsminister Lauterbach darstellte.

Der Rechtsanwalt und Steuerberater kritisiert insbesondere die vorgeschlagene Lockerung für Filialapotheken, da diese potenziell zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Seiner Ansicht nach könnte diese Lockerung dazu führen, dass unliebsame Aufgaben durch die Gründung von Filialapotheken in benachbarten Gebieten umgangen werden, was die Effizienz der Hauptapotheken steigern könnte.

Wirtschaftliche Herausforderungen im Blick

Ein weiterer zentraler Punkt sind die steigenden Personalkosten, die Erhöhung des Kassenabschlags und allgemeine Kostensteigerungen im Bereich der Dienstleister, von Großhandel bis zu Rechenzentren. Diese Kostenentwicklung stellt kleinere Apotheken vor wirtschaftliche Herausforderungen, da die Gewinnspannen immer geringer werden und die Anstellung von Personal ökonomisch untragbar machen.

Bellinger argumentiert leidenschaftlich gegen die praktische Umsetzbarkeit der Tele-Pharmazie ohne Approbierte vor Ort und warnt vor potenziellen Risiken für das traditionelle Apothekenwesen.

Gesetzliche Rahmenbedingungen als potenzielle Hürde

Bellinger betont, dass die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen die Umsetzung der Reformvorschläge von Lauterbach erschweren könnten. Die Änderung der Verordnung zur Einführung der Tele-Pharmazie ohne Approbierte würde die Zustimmung des Bundesrats erfordern, was angesichts der Komplexität des Themas und des bürokratischen Prozesses als unwahrscheinlich erscheint.

Die geplante Lockerung des Mehrbesitzverbots wird von Bellinger als Abkehr von den bewährten Grundsätzen des deutschen Gesundheitssystems betrachtet, da sie die persönliche Verantwortung der Apothekeninhaber im Apothekenbetrieb gefährden könnte.

Eine mögliche Lösung in Sicht?

Als einzige sinnvolle Maßnahme aus Lauterbachs Vorschlägen betrachtet Bellinger die Flexibilisierung der Öffnungszeiten. Diese könnte dazu beitragen, dem Fachkräftemangel zu begegnen, insbesondere in Regionen mit zu wenigen Apotheken.

Kommentar:

Die Reformvorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach haben die Diskussion über die Zukunft der Apotheken in Deutschland entfacht. Die Analyse von Bernhard Bellinger zeigt, dass die Vorschläge nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Herausforderungen aufwerfen. In dieser wichtigen Diskussion sollten alle Beteiligten sorgfältig abwägen und nachhaltige Lösungen finden, um die Belange der Apotheker und die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung gleichermaßen zu schützen. Die Flexibilisierung der Öffnungszeiten erscheint als eine der wenigen Maßnahmen, die praktikabel sein könnte und gleichzeitig dem Fachkräftemangel entgegenwirken könnte.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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