Bei der Verleihung des Theaterpreis des Bundes wurde das Chamäleon Berlin am gestrigen Mittwochabend in der Kategorie „Privattheater und Gastspielhäuer“ ausgezeichnet. Sichtlich bewegt nahmen Chamäleon-Intendantin Anke Politz und Geschäftsführer Hendrik Frobel den mit 100.000 Euro dotierten Preis im Haus der Berliner Festspiele aus den Händen von Dorothee Starke, Jurorin Theaterpreis des Bundes,entgegen – und betonten, wie wichtig die Auszeichnung für das Haus und für die Kunstform des zeitgenössischen Zirkus sei. „Wir haben in den vergangenen 19 Jahren außerordentliche, teilweise auch beschwerliche Pionierarbeit für den zeitgenössischen Zirkus geleistet“, sagte Politz am Abend im Rahmen der Verleihung. „Wir freuen uns, dass diese Anerkennung die Kraft und das Potential unseres Genres noch sichtbarer werden lässt.“

Laut Frobel gebührt der Preis „dem gesamten Chamäleon Team sowie allen Künstler:innen und Kreativen, die mit uns arbeiten.“ Besonders im Blick auf die Jahre der Pandemie sei man zutiefst dankbar für den unermüdlichen Einsatz aller. „Jegliche Arbeitsprozesse in unserem Haus beginnen mit dem gemeinschaftlichen Verständnis, dass neue Ideen und kreative Konzepte nur durch freie und faire Arbeitsbedingungen entstehen können – und dass die Entstehung für etwas Neues zu unseren absoluten Kernzielen gehört.“ Dies erfordere Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit maximaler Wertschätzung füreinander.

Das soll sich auch in der Verwendung des Preisgeldes ausdrücken. „Wir verstehen uns als ein Kulturzentrum für den zeitgenössischen Zirkus in Deutschland, nicht nur als Bühne“, sagt Anke Politz.Deswegen sei es ihr und Frobel wichtig, das Geld in neue Ideen, Residenzen und Kreationsprozesse fließen zu lassen. „So möchten wir junge Talente fördern, sowie der Freien Szene und den Darsteller:innen unseres Genres die Möglichkeit geben zu wachsen.“ 

Neben dem Chamäleon Berlin erhielten am Mittwochabend auch das Theaterhaus Jena sowie das Leipziger LOFFT jeweils eine mit 100.000 Euro dotierte Auszeichnung; mit dem Hauptpreis und damit verbundenen 200.000 Euro wurde das Ballhaus Naunynstraße in Berlin geehrt. Der Theaterpreis des Bundes wird alle zwei Jahre von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien verliehen und gilt als wichtigste Auszeichnung für kleine und mittlere Bühnenhäuser in Deutschland. Staatsministerin Claudia Roth würdigte die diesjährigen Preisträger:innen schon im Vorfeld der Verleihung für „ihre künstlerische Vielfalt, modellhafte Strukturen, die konsequente ästhetische Weiterentwicklung der darstellenden Künste sowie innovative Strategien der Publikumserweiterung insbesondere in der Zeit der Pandemie“. Moderiert wurde der Abend von der ZDF-Moderatorin Salwa Houmsi (aspekte), dazu traten unter anderem die Band Kara Delik und die Theaterautorin Sivan Ben Yishai auf. 

Für das Chamäleon ist die Auszeichnung auch ein vorzeitiges Geburtstagsgeschenk: Im kommenden Jahr feiert das mittlerweile gemeinnützig organisierte Haus sein 20. Jubiläum als Kreativort für den zeitgenössischen Zirkus. Wie kürzlich bekanntgegeben wurde, beginnt das Geburtstagsjahr im Haus mit der zweiten Ausgabe der Gastspielreihe „Play“, die dieses Mal einen generationenübergreifenden Schwerpunkt hat und Produktionen von acht internationalen Kompanien auf die Bühne bringt, darunter Star-Ensembles wie Gandini Juggling und Newcomer wie still hungry und Raum 305.

Auf „Play“ folgen zwei spektakuläre Uraufführungen, beide entstanden in Koproduktion mit dem Chamäleon: Ab Februar präsentiert die britische Kompanie Upswing ihre Castingshow-Satire „Showdown“, eine Mischung aus zeitgenössischem Zirkus, absurder Comedy, Spoken Word, UK Hip Hop, Grime und Afrobeat. Später folgt das australische Star-Ensemble Circa mit der neuen Produktion „Wolf“ – die der künstlerische Leiter von Circa, Yaron Lifschitz, als „animalische Inszenierung“ beschreibt. Wolf ist damit die siebte Zusammenarbeit zwischen Circa und dem Chamäleon.

Beide Stücke werden als große, ambitionierte Produktionen angekündigt, die den zeitgenössischen Zirkus in seiner ganzen künstlerischen Vielfalt und Tiefe zeigen sollen. Gleichzeitig betonen Anke Politz und Hendrik Frobel, dass alle Arbeiten im Haus „in bester Weise niedrigschwellig“ angelegt seien. „Der zeitgenössische Zirkus erreicht Kunstliebhaber:innen genauso wie Menschen mit wenig Kulturerfahrung, junge wie ältere“, sagt Politz. Jeder Abend sei eine Unterhaltung zwischen Bühne und Theatersaal, Künstler:innen und Publikum, Menschen und Menschen. „Das lieben wir!“

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