Mittwochmorgen in der Zentralen Leitstelle des Vogelsbergkreises. Ein Notruf geht ein. Stefan Vones nimmt den Anruf entgegen: „Notruf, Feuerwehr und Rettungsdienst – wo genau ist der Notfallort?“ Schnell wird klar: Der Mann der Anruferin hat einen Herzkreislaufstillstand erlitten und muss reanimiert werden. Während des Telefonats schickt Vones sofort einen Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug zum Einsatzort, doch diese brauchen einige Minuten, bis sie dort eintriffen. Vones versucht unterdessen, der Frau des Patienten Schritt für Schritt zu erklären, wie sie eine Herzdruckmassage ausführen muss. Doch sie ist zu aufgeregt, durcheinander und schlichtweg überfordert: Sie schafft es nicht, den Anweisungen zu folgen.

„Jetzt zählt wirklich jede Minute – es müsste am besten sofort mit der Herzdruckmassage begonnen werden“, erläutert Jessica Usinger, Einsatzbearbeiterin in der Leitstelle.

Und genau hier setzt das sogenannte Voraushelfer-System im Vogelsbergkreis an: Voraushelfer sind freiwillige Helfer, die alarmiert werden, wenn Menschen in ihrer Nähe einen Kreislaufstillstand erlitten haben. „Unsere Voraushelfer verfügen mindestens über eine abgeschlossene Erste-Hilfe-Ausbildung und eine aktuelle Ausbildung in Herz-Lungen-Wiederbelebung“, informiert Kreisbrandinspektor Dr. Sven Holland. Medizinisches Personal müsse lediglich den Nachweis über eine jährliche Fortbildung in Herz-Lungen-Wiederbelebung vorweisen. „Die Helfer sind in der App ,Katretter‘ registriert und werden von der Zentralen Leitstelle über diese App informiert, wenn jemand in ihrer unmittelbaren Nähe wahrscheinlich einen Kreislaufstillstand erlitten hat, um zu reanimieren“, fährt Dr. Holland fort.

„Die Arbeit der Voraushelfer ist enorm wichtig“, betont Landrat Manfred Görig. „Gerade in unserer sehr ländlich geprägten Region werden wertvolle Minuten gewonnen, indem die freiwilligen Helfer bereits vor Eintreffen des Rettungsdienstes mit der Wiederbelebung beginnen.“ Sowohl der Landrat als auch Erster Kreisbeigeordneter und Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak zeigten sich beeindruckt von den vielen Menschen, die sich bereits als Voraushelfer im Vogelsbergkreis engagieren. „Ich hoffe, dass sich das Voraushelfer-System flächendeckend im gesamten Vogelsbergkreis durchsetzt und dadurch vielen Menschen das Leben gerettet werden kann“, so Dr. Mischak.

Denn schnelles Handeln ist bei einem Herzstillstand entscheidend, weiß Dr. Dennis Humburg, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst beim Vogelsbergkreis. „Wenn das Herz nicht schlägt, werden die Organe nicht mehr mit ausreichend Sauerstoff versorgt, was bereits nach wenigen Minuten schwerwiegende und irreversible Schäden, besonders im Gehirn, verursacht“, klärt Dr. Humburg auf. „Die ersten Minuten nach einem Kreislaufzusammenbruch sind absolut entscheidend – je schneller Sofortmaßnahmen ergriffen werden, desto höher die Überlebenschance des Patienten.“ Zudem mache eine sofortige Reanimation den Unterschied, ob ein Mensch wieder vollständig gesund werden kann oder mit lebenslangen Folgen kämpfen muss.

„Das Projekt mit den Voraushelfern ist wirklich sehr gut angelaufen“, berichtet Martin Gonder, Rettungsingenieur beim Vogelsbergkreis und Projektleiter. „Bislang haben wir 220 freiwillige Helfer bei uns im System.“ Im ersten Schritt waren Rettungsdienstmitarbeiter und das Deutsche Rote Kreuz angefragt worden, im zweiten sollen die Feuerwehren angeschrieben werden, um weitere Voraushelfer zu akquirieren. „Wir haben bereits viele Nachfragen zum Projekt aus den Reihen der Feuerwehren bei uns im Landkreis erhalten, deshalb gehe ich davon aus, dass wir die Zahl der ehrenamtlichen Helfer zeitnah deutlich erhöhen können: Durchaus realistisch ist, dass wir bis Weihnachten um die 500 Voraushelfer im Kreis haben“, schätzt Gonder. „Ein erfolgreicher und äußerst vielversprechender Start für dieses wichtige Projekt“, konstatiert Dr. Mischak. „Es freut mich, dass so viele Menschen bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren und so eine sinnvolle Ergänzung zum Rettungsdienst und damit zur Sicherheit der Bevölkerung beitragen“, fügt Landrat Görig hinzu. Im dritten Schritt soll sich unter anderem auch die Bevölkerung ohne medizinische Vorkenntnisse als Voraushelfer registrieren können – mit entsprechender Erste-Hilfe-Ausbildung und einem intensiven Wiederbelegungs-Training.

Alarmierung der Voraushelfer

Alarmiert werden die Voraushelfer immer dann, wenn sie eine Chance haben, vor dem Rettungsdienst den Notfallort zu erreichen. Die angestrebte Eintreffzeit nach Alarmierung liegt bei maximal vier Minuten. „Somit ist das Einsatzgebiet eines Voraushelfers relativ eng auf seinen Aufenthaltsort beschränkt“, so Gonder weiter. „Wenn ein Patient einen Kreislaufstillstand erleidet, werden die aktiven Voraushelfer georeferenziert geortet und diejenigen, die sich in der Nähe des Notfallorts befinden, gefragt, ob sie den Einsatz übernehmen können. Wenn sie innerhalb von 30 Sekunden nicht reagieren, wird automatisch der nächste Helfer alarmiert. Erst, wenn bestätigt worden ist, dass ein Voraushelfer den Einsatz übernimmt, wird dieser für die Zentrale Leitstelle ,sichtbar‘ und er wird über eine Wegführung auf dem Display des Handys zum Notfallort geleitet.“

Jeder registrierte Voraushelfer im Vogelsbergkreis erhält eine kleine Ausrüstung, um sowohl als Voraushelfer erkannt zu werden, als auch, um vernünftig helfen zu können. Diese Ausrüstung besteht aus einer Umhängetasche, in der eine Helferweste, Einmalhandschuhe, OP-Masken sowie eine Beatmungshilfe zu finden sind.

Nach jedem Einsatz erfolgt eine Einsatzdokumentation in Form eines Fragebogens innerhalb der App „Katretter“. „Wir wissen, dass die Einsätze sehr belastend sein können – schließlich werden die Voraushelfer wirklich nur alarmiert, wenn das Einsatzstichwort ,Reanimation‘ lautet“, erklärt Dr. Humburg. „Sollte nach einem Einsatz Gesprächsbedarf erforderlich sein, wird dies zeitnah und professionell ermöglicht.“

Die ersten Einsätze der Voraushelfer im Kreis haben bereits stattgefunden – mit durchweg positiven Rückmeldungen sowohl von den freiwilligen Helfern, als auch von der rettungsdienstlichen Besatzung, inklusive der Notärzte. Da das System so gut angenommen wird, gibt es bereits Überlegungen, es auszuweiten.

„Schon jetzt denken wir darüber nach, die Helfer später auch bei weiteren Einsatzstichworten und nicht ausschließlich bei Reanimationen zu alarmieren, damit sie vor Eintreffen des Rettungsdienstes bereits helfen können“, so Gonder abschließend.

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