190 Teilnehmende belegen, dass ein Thema von Interesse ist. So viele waren mit dabei, als die baden-württembergischen Kammern gemeinsam zum Online-Seminar über die „Vier-Tage-Woche“ luden. Angemeldet waren sogar 240. Emily Peters, Personalberaterin der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald und eine der vier Referentinnen der einstündigen Veranstaltung, bestätigt, wie groß das Interesse generell an diesem Thema ist. „Man könnte nicht sagen, dass es auch alle wirklich umsetzen wollen“, sagt sie. „Aber auf jeden Fall will man sich mit dem Konzept der Vier-Tage-Woche auseinandersetzen und sich informieren.“ Das belegt auch die Statistik zur Veranstaltung: 49 Prozent der Teilnehmenden hatten in ihrem Betrieb noch keine Vier-Tage-Woche umgesetzt, interessierten sich aber dafür. Lediglich 13 Prozent planten konkret die Einführung. Sieben Prozent hatten die Vier-Tage-Woche bereits. Und fast ein Drittel der Teilnehmenden, nämlich 31 Prozent, gaben an, „noch skeptisch“ zu sein.

Ihnen allen bot das Seminar eine neutrale Basis für weiterführende Gedanken. Es ging um „Entscheidungshilfen, Stolpersteine, Erfahrungswerte“, wie der Untertitel lautete, und so auch darum, das Thema von allen Seiten zu beleuchten. Denn eine pauschale Empfehlung lässt sich nicht geben – auch wenn gerne Studien zitiert werden, die einen tendenziell positiven Blick auf die Vier-Tage-Woche haben. So belegt beispielsweise eine Studie unter 2.900 Beschäftigten aus 61 Betrieben in Großbritannien vom vergangenen Jahr, dass nach Einführen der Vier-Tage-Woche die Einnahmen der Betriebe um 1,4 Prozent gestiegen seien, 71 Prozent der Mitarbeitenden weniger unter Erschöpfung litten, sich 39 Prozent weniger gestresst fühlten und sich die Krankheitstage um 65 Prozent reduziert hätten. 56 der 61 teilnehmenden Unternehmen blieben auch nach der Studie bei der Vier-Tage-Woche. „Das hört sich toll an, hat aber nicht wirklich Aussagekraft“, sagt Emily Peters. Dafür sei die Studie zu kurz gewesen und gebe auch keinen Aufschluss darüber, aus welchen Wirtschaftszweigen die Betriebe kamen.

Konzept muss passen

Gerade für das Handwerk seien individuell abgestimmte Konzepte erforderlich. Was in einem Betrieb wunderbar funktioniere, passe nicht unbedingt auch zum nächsten. „Nur als Beispiel: Vielleicht fällt die Umsetzung in der Baubranche schwerer, weil es Stoßzeiten gibt oder Arbeiten wetterabhängig sind“, sagt Emily Peters. Daher sei es grundsätzlich wichtig, die Überlegung speziell auf den eigenen Betrieb abgestimmt anzugehen und sowohl eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen als auch die Mitarbeiter einzubeziehen. Und dann sei da noch die Frage, was vier Tage Arbeit überhaupt bedeuten: 40 Stunden? Weniger Stunden? Mit Lohnausgleich? Ohne? Feste Arbeitszeiten an bestimmten Tagen? Schichtbetrieb über alle Wochentage?

Ganz vornean bei den Hoffnungen, die Betriebsinhaber mit der Vier-Tage-Woche verbinden, steht jedenfalls die Arbeitgeberattraktivität. „Die Vier-Tage-Woche kann dabei sicherlich ein Baustein von vielen sein“, sagt Emily Peters. „Andere Bausteine sind aber mindestens genauso wichtig.“ Grundsätzlich empfiehlt die Personalberaterin, die Vier-Tage-Woche zunächst mit einer Testphase zu beginnen, ehe die finale Entscheidung fällt.

Die Erfahrung, dass das Angebot einer Vier-Tage-Woche Bewerber anziehen kann, hat Schreinermeister Ulf Schmidt aus Mannheim gemacht: „Kaum haben wir unsere offene Stelle auf der Basis einer Vier-Tage-Woche ausgeschrieben, kamen deutlich qualifiziertere Bewerbungen“, sagt er. Der neue Kollege, der seit Jahresbeginn mit im Team ist, wäre ohne die Möglichkeit einer verkürzten Woche nicht da.

Genauso wenig wie der Jungmeister, der seit Mai die Zimmerei der Gebrüder Gutfleisch in Heiligkreuzsteinach verstärkt. Was Firmenchef Louis-Johann Gutfleisch berichtet, ist praktisch deckungsgleich mit den Ausführungen des Handwerkskollegen aus Mannheim: kleiner Betrieb, vergebliche Mitarbeitersuche, Erfolg mit der Vier-Tage-Woche.

Und doch muss individuell überlegt werden, ob das Konzept für einen Handwerksbetrieb umsetzbar ist. „Wir alle machen uns aufgrund des Personalmangels viele Gedanken und selbstverständlich müssen wir für alles offen sein und neue Wege gehen“, sagt Christiane Spohn. Eine Vier-Tage-Woche kann sich die Geschäftsführerin vom Malerbetrieb Malen & Strahlen in Mosbach aktuell aber nicht vorstellen. Da sind Kunden, die einen termingerechten Abschluss von Aufträgen erwarten. Arbeiten, bei denen immer auch Unvorhersehbares dazwischenkommt. Baustellen, die Witterungseinflüssen ausgesetzt sind. Überarbeitungszeiten, die eingehalten werden müssen. „Ich glaube nicht, dass es ein Kunde mitmacht, wenn wir ihm am Donnerstagabend ein mit Planen abgedecktes Wohnzimmer zurücklassen und sagen, wir kommen dann am Montag wieder“, so Christiane Spohn. Und dann sei da noch dieser Aspekt: „Wir reden hier nicht von sitzenden Arbeiten, sondern von einem körperlich herausfordernden Handwerk.“ Die Vier-Tage-Woche bedeutet für die meisten: Vier Tage bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit. Das wären dann knapp zehn Stunden täglich. „Für viele ist das nicht machbar. Vielleicht schaffen es die ganz Jungen. Aber auch die gehen im Sommer bei 35 Grad auf der Baustelle irgendwann in die Knie“, so Christiane Spohn. Sie sieht sich in der Fürsorgepflicht ihren Mitarbeitern gegenüber und denkt lieber über alternative Möglichkeiten der attraktiven Arbeitszeitgestaltung nach.

Bei Fragen zur Vier-Tage-Woche und rund um Personalthemen berät bei der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald Emily Peters, Telefon 0621 18002-150, E-Mail: emily.peters@hwk-mannheim.de.

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