Die Pathologie ist wie kein anderes Fach intersektoral aufgestellt. Nur rund 450 pathologische Institute versorgen die 1.900 Krankenhäuser. Davon sind 265 Institute Kooperationspartner der 1.300 Organkrebszentren der Deutschen Krebsgesellschaft. Weder die Krankenhausreform noch die parallellaufende Ambulantisierung berücksichtigen hinreichend die Leistungen der Pathologie, wie bei der derzeitigen Ausgestaltung der Leistungsgruppen, Qualitätskriterien und Hybrid-DRGs zu beobachten ist. Dabei sind die pathologischen und neuropathologischen Leistungen unerlässlich für die Diagnosestellung und alle weiteren Therapieentscheidungen für die einzelne Patientin und den einzelnen Patienten. Strukturelle Veränderungen – in Form von Konzentrationen oder der Kürzung von Leistungen – haben unmittelbare Auswirkungen auf die pathologische Versorgung in Deutschland – mit noch nicht absehbaren Folgen.
Ähnlich verhält es sich bei der zunehmenden Zahl Medizinischer Versorgungszentren (MVZ): Die Konzentration der medizinischen Versorgung in den Händen (weniger) Investoren oder Großkonzernen und ihr Einfluss auf das Gesundheitssystem wird aktuell öffentlich und in der Pathologie stark diskutiert. Gemäß Auswertungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung arbeiteten 2021 bereits 39% aller vertragsärztlichen PathologInnen in einem MVZ, Tendenz steigend. Unabhängig von der emotional geführten Diskussion um die Priorisierung von Anlegerinteressen und Patientenwohl stellen die häufig monopolartigen Strukturen eine nicht unerhebliche Gefahr für die PatientInnenversorgung dar. Springt ein Investor ab oder gerät ein Konzern in finanzielle Schieflage, steht die lebenswichtige zeitnahe Diagnostik der jährlich 500.000 neu an Krebs erkrankenden PatientInnen durch die Pathologie auf dem Spiel. Durch besonders gewichtige Gemeinwohlbelange sind regulatorische Maßnahmen verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat hier einen Prognosespielraum, der auch dann greift, wenn die Gefahrenlage nur abgeschätzt werden kann. Es wäre zu begrüßen, wenn der Gesetzgeber den Willen zeigt, regulatorisch einzugreifen.
Ebenfalls kritisch diskutiert wurden die Leistungskonzentrationen auf primär universitäre Zentren im Rahmen von Selektivverträgen und Modellvorhaben. Für die Erforschung neuer Behandlungsansätze und die initiale Erprobung erforderlicher struktureller und qualitätssichernder Maßnahmen kann ein Netzwerk ausgewählter und vorzugsweise forschungsnaher Leistungserbringer durchaus sinnvoll sein. Eine dauerhafte Beschränkung auf und zunehmende Patientensteuerung in solche Forschungs-Netzwerke gefährdet jedoch schon allein aufgrund der begrenzten Kapazitäten der Netzwerke die flächendeckende PatientInnenversorgung. Zugleich werden wertvolle Ressourcen für weitere Forschung gebunden. Auch die für die personalisierte Medizin unerlässlichen molekularen Tumorboards können in der Fläche von niedergelassenen Pathologien organisiert und interdisziplinär durchgeführt werden, wie an einem inzwischen fest etablierten Beispiel auf dem Bundeskongress gezeigt wurde.
Die zentrale Erkenntnis nach drei intensiven Kongresstagen lautet: Nicht alles, was konzentriert werden kann, sollte konzentriert werden. Die Auswirkungen der aktuellen Zentralisierungsprozesse auf die Pathologie werden absehbar die qualitativ hochwertige PatientInnenversorgung gefährden. Ob die Verantwortlichen die Alarmsignale sehen und die Weckrufe aus der Ärzteschaft hören, wird sich zeigen. In jedem Fall müssten die PatientInnen vor den negativen Auswirkungen einer zentralisierten medizinischen Versorgung geschützt werden.
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