Eine Auswertung der Abrechnungsdaten von Pflege- und Krankenkasse für den Pflege-Report 2023 macht regionale Unterschiede in der Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen im Saarland transparent. So lag der Anteil der Pflegebedürftigen im Heim, die 2021 eine Dauerverordnung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln erhielt, im Saarland mit 14,9 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt von 7,6 Prozent. Die landkreisspezifischen Unterschiede können zukünftig durch die weiterführende Betrachtungsmöglichkeit dargestellt werden.

„Die dauerhafte Einnahme dieser Medikamente durch die älteren Menschen im Heim birgt erhebliche Risiken und kann zu einer deutlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes führen. Viele Studien zeigten, dass beispielsweise die Sturzgefahr deutlich steigt und dass die Schlaf- und Lebensqualität negativ beeinflusst wird“, betont Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland – Die Gesundheitskasse. „Die Auswertung der Verordnungsdaten macht deutlich, dass die Versorgungsqualität regional unterschiedlich ausgeprägt ist.“

Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat die Ergebnisse von Auswertungen zu insgesamt zehn untersuchten Versorgungsthemen im Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“ veröffentlicht. Die AOK fordert aus Anlass der Veröffentlichung, Auswertungen von Abrechnungsdaten der Kranken- und Pflegekassen künftig zur Weiterentwicklung der medizinischen und pflegerischen Versorgung zu nutzen.

Dehydration: Große Spanne bei Klinikeinweisungen von Demenzkranken

Deutliche regionale Unterschiede zeigten sich auch bei neun weiteren analysierten Themen an der Schnittstelle zwischen Pflege und Gesundheitsversorgung: So hatten laut der Auswertung 4,5 Prozent aller an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen 2021 im Saarland einen Krankenhausaufenthalt, der durch unzureichende Flüssigkeitszufuhr verursacht war. Während im Landkreis St. Wendel im Jahr 2021 rund 1,5 Prozent der an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen davon betroffen waren, waren es in anderen Teilen des Saarlands bis zu 5,5 Prozent.

„Der Qualitätsatlas Pflege macht derartige Informationen an der Schnittstelle zwischen Pflege und Gesundheitsversorgung erstmals kleinräumig sichtbar“, so Niemeyer. Das neue Portal biete den Kranken- und Pflegekassen, aber auch den Verantwortlichen in den Regionen ab sofort die Chance, regionale Unterschiede zu erkennen und gezielt anzugehen. Insgesamt sind in den Pflege-Report die Daten von rund 350.000 Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern ab 60 Jahren eingeflossen, darunter gut 11.000 aus dem Saarland. Im Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“ des WIdO sind die Ergebnisse für die einzelnen Bundesländer und für die rund 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland im regionalen Vergleich dargestellt. Die Ergebnisse zu den zehn betrachteten Themen können auch als Zeitreihen für die Datenjahre 2017 bis 2021 betrachtet werden.

„Hier zeigen sich für das Saarland durchaus positive Entwicklungen – zum Beispiel bei den Krankenhaus-Aufenthalten von Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern am Lebensende“, erläutert die AOK-Vorsitzende. So sank der Anteil der Menschen, die in ihren letzten 30 Lebenstagen einen Krankenhausaufenthalt hatten, von 55 Prozent im Jahr 2017 auf 49,4 Prozent im Jahr 2021. „Abzuwarten bleibt, ob der Rückgang nur ein vorübergehender Trend infolge der gesunkenen Fallzahlen in der Pandemie ist“, erklärt Niemeyer. 

Qualitätsatlas Pflege beleuchtet insgesamt zehn Indikatoren

Neben der Dauermedikation mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln, den Krankenhauseinweisungen von Demenzkranken aufgrund von Flüssigkeitsmangel und den vermeidbaren Krankenhausaufenthalten am Lebensende werden im Qualitätsatlas sieben weitere Themen betrachtet. Dies sind die fehlende augenärztliche Vorsorge bei Diabetes, das Auftreten von Dekubitus, die Dauerverordnung von Antipsychotika bei Demenz, die gleichzeitige Verordnung von neun oder mehr Wirkstoffen, der Einsatz von für ältere Menschen ungeeigneter Medikation, die Häufigkeit besonders kurzer Krankenhausaufenthalte von bis zu drei Tagen sowie vermeidbare Krankenhausaufenthalte aufgrund von Stürzen.

AOK: Routinedaten für bessere Versorgung nutzen

Aus Sicht der AOK können Routinedaten-Auswertungen die bisherigen Aktivitäten zur Verbesserung der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen sinnvoll ergänzen. Die Routinedaten-Auswertungen hätten den Vorteil, dass sich damit auch Schnittstellen zur Gesundheitsversorgung beleuchten lassen, zu denen es bisher keine systematischen und regelmäßigen Auswertungen gibt, so Niemeyer. „Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Pflegeeinrichtungen, den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und Kliniken ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Versorgung“. Es sei „absolut sinnvoll“, das Potenzial dieser Daten zu nutzen, um die Versorgungsangebote vor Ort weiterzuentwickeln, so Niemeyer weiter.

Qualitätsatlas soll Verbesserung regionaler Strukturen und Rahmenbedingungen anstoßen

Der Qualitätsatlas Pflege des WIdO richtet sich daher im ersten Schritt vor allem an die Akteure vor Ort. Die AOK steht zur Weiterentwicklung der Versorgung sowie zur weiteren Ausrichtung der regionalen Strukturen und Rahmenbedingungen mit allen Beteiligten aktiv im Austausch. Eine Ausweitung der Datenauswertungen auf die Arbeit von ambulanten Pflegediensten sei möglich und müsse ebenfalls angegangen werden.

Zum Qualitätsatlas Pflege: www.qualitaetsatlas-pflege.de 

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