“In der Summe geht es oft um mehrere hundert Euro, die den Verbrauchern vorenthalten werden”, sagt Energieexperte Benjamin Weigl von Finanztip. Wer in seinem Tarif einen Arbeitspreis über 40 Cent/kWh für Strom oder 12 Cent/kWh für Gas bezahlt, muss den Rabatt durch das Strompreisbremsengesetz und Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz seit 1. März automatisch von seinem Anbieter erhalten. “Bei einigen Versorgern bekommt ein Teil der Kunden aber noch gar keine oder eine viel zu geringe Entlastung”, erklärt Weigl. Dem Geldratgeber liegen Dutzende Beschwerden von Verbrauchern vor und auch Energieversorger räumten gegenüber Finanztip Probleme ein. So hat der Anbieter NEW Energie mit Verweis auf die komplizierte Umsetzung in der Abrechnungssoftware beschlossen, die Preisbremse erst in der jährlichen Schlussabrechnung zu berücksichtigen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Infoschreiben für die betroffenen Kunden könne man nicht erstellen, teilt das Unternehmen mit. Allerdings seien die Abschläge bei einem “Großteil” der Betroffenen um einen pauschalen Betrag gesenkt worden, teilweise durch die Kunden selbst.
Wie sich Verbraucher gegen falsche Abschläge wehren können.
Auch die Stadtwerke München (SWM) haben Probleme mit der Umsetzung der Energiepreisbremsen. Zwischen März und Juli wurden die Abschlagszahlungen bei Hunderttausenden Kunden komplett ausgesetzt, weil der korrekte Rabatt noch nicht berechnet werden konnte, wie das Unternehmen gegenüber Finanztip bestätigte. “Wer aber keine monatliche Vorauszahlung auf die Jahresrechnung leistet, dem droht eine plötzliche, hohe Nachzahlung für alle verpassten Monate”, sagt Weigl. Laut SWM sollen bis Ende August die Abschläge bei rund 90 Prozent der betroffenen Privatkunden wieder regulär eingezogen werden.
“Wer Fehler in der Preisbremsen-Berechnung vermutet, noch gar keinen Rabatt erhält oder kein Infoschreiben bekommen hat, sollte sein Recht auf Verbraucherbeschwerde nach § 111a EnWG nutzen”, rät Weigl. Finanztip stellt dafür auf der eigenen Website zwei Musterschreiben zur Verfügung. Wenn der Anbieter innerhalb von vier Wochen keine Abhilfe leistet oder nicht reagiert, kann kostenlos ein Verfahren bei der Schlichtungsstelle Energie eröffnet werden. Verbraucher, die noch keinen Rabatt auf ihren Abschlag erhalten, können als schnelle Lösung den monatlichen Abschlag auch selbst senken. Das funktioniere in der Regel über die Website des Anbieters, sagt Weigl. “Dann müssen Verbraucher aber genau in der Jahresabrechnung prüfen, ob die Preisbremse in voller Höhe berücksichtigt wurde”.
Prüfstelle für Preisbremsen muss erst noch eingerichtet werden
Die Bundesregierung hatte per Gesetz im Dezember 2022 die Energieanbieter dazu verpflichtet, die Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme ab März 2023 und rückwirkend für die Monate Januar und Februar umzusetzen. Im Regelfall sollten die Verbraucher die Entlastung erhalten, ohne selbst aktiv werden zu müssen. Eine Prüfstelle soll die Berechnung der Rabatte und deren Weitergabe durch die Anbieter an die Endkunden beaufsichtigen. Laut Bundesnetzagentur wurde diese Stelle bislang aber noch nicht eingerichtet.
Weitere Informationen
- Zum Finanztip-Ratgeber und zu den Musterschreiben für die Strompreisbremse und Gaspreisbremse: https://www.finanztip.de/gaspreisvergleich/gaspreisbremse/
- Quellen:
- Presseanfragen bei Stadtwerke München, NEW Energie, Bundesnetzagentur, Bundeswirtschaftsministerium, Verbraucherzentralen
- Zuschriften von Finanztip-Lesern
- Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/ewpbg/
- Strompreisbremsengesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/strompbg/BJNR251210022.html
- Bundesnetzagentur: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/Energie/EnergiepreiseSpezial/start.html
Finanztip ist Deutschlands Geld-Ratgeber. Finanztip zeigt, wie man seine Finanzen einfach selbst machen kann. Dafür recherchiert eine unabhängige Redaktion aus Expertinnen und Experten rund um Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen für ihr Publikum relevante Finanzthemen: von Geldanlage, Versicherung und Kredit über Energie, Medien und Mobilität bis hin zu Reise, Recht und Steuern. Die Redaktion arbeitet nach einem strengen Redaktionskodex. Das Angebot von Finanztip ist kostenlos und umfasst einen wöchentlichen Newsletter mit mehr als einer Million Abos sowie eine Website mit mehr als 1.000 fundierten Ratgebern mit konkreten Empfehlungen. Die Finanztip-Ratgeber wurden im vergangenen Jahr mehr als 60 Millionen Mal aufgerufen. Darüber hinaus bietet Finanztip einen Youtube-Kanal sowie die Podcasts „Auf Geldreise“ (der sich speziell an Frauen richtet) und „Geld ganz einfach“. Finanztip ist Teil der gemeinnützigen Finanztip-Stiftung, deren Stiftungszweck die Finanzbildung von Verbrauchern ist.
Finanztip Verbraucherinformation gemeinnützige GmbH
Hasenheide 54
10967 Berlin
Telefon: +49 (30) 2205609-70
Telefax: +49 (30) 2205609-99
http://www.finanztip.de
E-Mail: presse@finanztip.de