Derzeit wird in Deutschland die Frage diskutiert, ob § 218 abgeschafft werden soll und die Abtreibung damit aus dem Strafgesetzbuch herausgelöst wird. Politiker der Ampel-Koalition argumentieren, dass der Schwangerschaftsabbruch im 21. Jahrhundert nicht mehr durch entsprechende Vorgaben des Strafrechts reglementiert werden sollte, sondern als Menschenrecht zu verstehen sei und daher keinen Platz in den Paragrafen der StGB haben dürfe. De facto käme dieser Schritt einer Freigabe der Abtreibung bis zum Tag der Geburt gleich. Diese Auffassung vertritt der Psychologische Berater der Anlaufstelle „FamilienKnäuel“, die Frauen vor und nach dem medizinischen Eingriff des Schwangerschaftsabbruchs begleitet: „Mit dem alleinigen Fokus darauf, das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper in den Mittelpunkt aller Debatten zu stellen, wird der diesem Anspruch entgegenstehende Wunsch des Ungeborenen torpediert und es findet keine notwendige Abwägung der Interessen statt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass über den Beginn des Menschseins keine gesellschaftliche Einigkeit besteht. Während einige Menschen lediglich einen ‚Zellklumpen‘ im heranwachsenden Kind sehen, vertrete ich die Auffassung eines normativen Wertes von Leben ab dem Zeitpunkt der Empfängnis. Denn mit dem vollendeten und erfolgreichen Geschlechtsakt ist der eigentliche Sinn des Sexualverkehrs, die Zeugung von Nachwuchs, bereits ideell in Stein gemeißelt – und wird spätestens mit dem Funktionieren der ersten Vitalzeichen des Ungeborenen auch zu einem rechtsfähigen Mensch“, sagt Riehle.

Dass die Abwertung von Fötus und Embryo in der Diskussion um die Abtreibung derart hoffähig wird, liegt laut des Familienberaters vom Bodensee auch an der Scham. Denn Eltern wissen, dass sie mit dem Schwangerschaftsabbruch einem Kind die Chance auf Leben nehmen und im Zweifel ihre eigenen Bedürfnisse, Ideale und Anforderungen über das Ungeborene stellen, das selbst ja noch keine Stimme hat, um Rechte einzufordern und den Spiegel vorzuhalten: „Ich habe viel Verständnis dafür, dass bei tatsächlich ungewollter Schwangerschaft durch eine Gewalttat eine Abtreibung zu möglichst frühem Zeitpunkt legitim ist. Aber es wirkt auf mich befremdlich und bezeichnend für unsere zivilisatorische Abstumpfung, dass wir davon sprechen, man könne ‚es‘ ja ‚wegmachen‘. Das offenbart bereits, wie unangenehm es für Menschen ist, sich eingestehen zu müssen, dass sie mit einer Abtreibung Lebenschancen nehmen. Und tatsächlich sind sich viele Frauen wie Männer den langfristigen Folgen des Schwangerschaftsabbruchs nicht bewusst. Sie kommen mit großem Verlustgefühl auch nach Jahren noch zu unserer Beratungsstelle, weil sie körperlich wie seelisch leiden und von Vorwürfen geplagt sind. Oft höre ich dann: ‚Hätten wir nur gewusst, was eine Abtreibung auch mit uns macht…‘. Das spricht dafür, dass wir nicht über die Versorgungslage für die Abtreibungswilligen sprechen sollten, sondern uns für mehr Aufklärung einsetzen müssen. Denn Schwangerschaftsabbrüche sind fast immer vermeidbar, wenn verantwortungsvoller Geschlechtsverkehr praktiziert und verhütet wird, wenn Kinder nicht gewünscht sind“.

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