Für zwei von drei Haushalten, die auf altersgerechten Wohnraum angewiesen sind, gibt es derzeit keine angemessene Wohnung, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Besonders schlecht sieht es in Thüringen, Hessen und Sachsen aus. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher ausfallen.

Deutschland wird immer älter, deshalb nimmt auch die Zahl der Menschen zu, die körperlich eingeschränkt sind. Eine IW-Studie auf Basis neuer Mikrozensus-Daten zeigt, wie viele das sind: Im Jahr 2022 gab es gut drei Millionen Haushalte, in denen mobilitätseingeschränkte Menschen lebten. Damit sind alle Haushalte gemeint, in denen Menschen wegen Krankheit oder Alter nur eingeschränkt beweglich sind. Bis 2035 dürfte diese Gruppe nach IW-Schätzungen auf 3,7 Millionen Haushalte anwachsen.

Der Wohnungsbau ist darauf kaum vorbereitet: Im Jahr 2022 gab es nur etwa 1,2 Millionen sogenannte barrierereduzierte Wohnungen, die ohne Stufen auskommen und mit ebenerdigen Duschen ausgestattet sind. Bezieht man nur Wohnungen ein, die zudem besonders große Räume und Flure haben, sinkt die Zahl sogar auf eine Million Wohnungen. Unterm Strich ergibt sich eine Versorgungslücke von bis zu zwei Millionen Wohnungen.

Lücke in Thüringen, Hessen und Sachsen am größten

Am schlechtesten ist die Lage in Thüringen: Von 100 Haushalten, die eine barrierearme Wohnung bräuchten, können gerade einmal 16 versorgt werden. In Hessen und Sachsen findet nicht einmal jeder Fünfte ein passendes Wohnangebot. Die besten Chancen haben Menschen in Brandenburg, wo es für drei von vier eingeschränkten Haushalten eine adäquate Wohnung gibt – allerdings bleibt auch hier eine Unterversorgung.

Dazu kommt: Weil die oft großzügig geschnittenen Wohnungen auch für alle anderen Haushalte attraktiv sind, konkurrieren nicht nur mobilitätseingeschränkte Personengruppen um den knappen Wohnraum. Die tatsächliche Versorgungslücke fällt deshalb deutlich höher aus.

Akuter Handlungsbedarf

„Beim altersgerechten Wohnen rollt die nächste Krise auf uns zu und trifft uns fast unvorbereitet“, sagt IW-Immobilienexperte Philipp Deschermeier. Infolge des demografischen Wandels werde sich die Entwicklung ab 2025 beschleunigen. „Wegen der langen Vorlaufzeit bei Planung und Bau brauchen wir Antworten besser heute als morgen. Die Bundesregierung muss den altersgerechten Umbau und den Neubau viel stärker fördern und erleichtern“.

Zur Methodik: Der Studie liegt eine neue Sonderauswertung des Mikrozensus 2022 zugrunde. Über das Zusatzprogramm „Wohnen in Deutschland“ werden dafür alle vier Jahre rund 810.000 Personen in etwa 370.000 privaten Haushalten und Gemeinschaftsunterkünften befragt.

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