Die Bilanz des Jahres 2022 steht bei der Freiburger Verkehrs AG (VAG) erneut im Zeichen verschiedener Sondereffekte: Das zweite Jahr der Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die damit einhergehenden Lieferengpässe und Preissteigerungen sowie das 9-Euro-Ticket und der erneute ÖPNV-Rettungsschirm sind prägende Faktoren für den Jahresabschluss 2022, den die Vorstände Oliver Benz und Stephan Bartosch am 20. Juli bei einem Mediengespräch vorgestellt haben.

Als „sehr erfreulich“ bezeichnen die VAG-Vorstände die Tatsache, „dass sich die Fahrgastnachfrage nach und nach von den pandemiebedingten Fahrgastverlusten erholt“. Im Juni 2023 waren die Vor-Corona-Werte von 2019 bei den Fahrgastzahlen schon zu fast 95 Prozent erreicht.

Was das Jahresergebnis betrifft, kann Oliver Benz ebenfalls Erfreuliches berichten: „Wir haben das zweite Corona-Jahr mit einem Fehlbetrag von rund 23,1 Millionen Euro abgeschlossen und liegen damit um rund 11,5 Millionen Euro besser als geplant.“ Als Hauptgrund für das bessere Ergebnis nennt er die Umsatzerlöse, die insbesondere aufgrund eines weiteren ÖPNV-Rettungsschirms, um 9,7 Millionen Euro höher als geplant ausfielen. Er hebt hervor, dass der Freiburger Verkehrsbetrieb aus dem ÖPNV-Rettungsschirm von Land und Bund rund 13,5 Millionen Euro Ausgleichsleistungen erhielt, wovon 1,9 Millionen aus der Schlussabrechnung des Rettungsschirms 2021 stammen.

Stephan Bartosch betont, dass sich „die Lage am Energiemarkt mittlerweile spürbar beruhigt“ hat. Nachdem im Jahr 2021 signifikante Preissteigerungen bei Gas und Strom noch negative Folgen für das Wirtschaftsergebnis der VAG hatten, stellt die Verfügbarkeit dieser Betriebsstoffe im 2. Halbjahr 2022 keine Herausforderung mehr dar. „Die aktuellen Bezugspreise liegen derzeit signifikant unter jenen des Wirtschaftsplans für 2023.“

„Wir merken deutlich, dass die Fahrgäste wieder zurück in unsere Fahrzeuge kommen, und wir bemühen uns mit aller Kraft, dass sich dieser Trend fortsetzt“, sagt Oliver Benz. Neben der Normalisierung der Lebens- und Tagesabläufe nach dem Abklingen der Pandemie haben auch die tariflichen Maßnahmen von Bund und Land geholfen. Auch wenn es schwer zu beziffern sei, so haben das 9-Euro-Ticket und jetzt das Deutschland-Ticket mit Sicherheit dazu beigetragen, Fahrgäste für Bus und Stadtbahn zurückzugewinnen.  Besonders dankbar sind die VAG-Vorstände jedoch ihren treuesten Kundinnen und Kunden: „In den Pandemie-Jahren haben wir im Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) in allen Fahrscheinsegmenten Rückgänge verkraften müssen, aber die Anzahl an Abonnentinnen und Abonnenten ist stabil geblieben. Das hat uns sehr geholfen“, so Benz. Die meisten Abonnentinnen und Abonnenten sind mittlerweile ins Deutschland-Ticket gewechselt. Das Abo-Center der VAG ist dafür zeitweise personell verstärkt worden und hat diese gewaltige Aufgabe schnell und zuverlässig bewältigt.

Nach dem im Jahr 2022 für drei Monate geltende 9-Euro-Ticket wurde im März 2023 das landesweite Jugend-Ticket sowie im Mai 2023 das Deutschland-Ticket eingeführt. Wie zu erwarten war, hat es starke Wanderungsbewegungen von den Regio-Tarifen hin zu diesen neuen Angeboten gegeben. Insgesamt verwaltet die VAG für den Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) derzeit (Stand 01.07.2023) 81.024 Abo-Verträge. Davon sind knapp die Hälfte (38.802) Deutschland-Tickets. Die bisherigen RegioKarten-Tarife haben mit 9.335 Verträgen nur noch einen Anteil von 12 Prozent der genutzten Zeitkarten.

Im Bereich der Schülerinnen und Schüler sowie der Jugendlichen werden 32.867 Jugendtickets-BW gezählt. Nur noch etwa 200 Kundinnen und Kunden aus diesem Segment nutzen die bisherigen RegioKarten-Schülertarife.

Durch die neuen Tarife entstehen keine Einnahmenverluste da diese jeweils hälftig von Land und Bund über einen „Nachteilsausgleich“ ersetzt werden.

Vorstand Stephan Bartosch erläutert, dass auch in den schwierigen Zeiten der Pandemie der Ausbau und der Unterhalt des Stadtbahnnetzes ebenso weitergegangen ist wie auch die technologische Entwicklung und Maßnahmen zum Kundenservice: „2022 war ein sehr aktives Jahr bei der VAG. Der Bau der Stadtbahn in der Waldkircher Straße – die wir vor wenigen Wochen eröffnen konnten – ist im vergangenen Jahr entscheidend vorangekommen. 2022 stand aber auch im Zeichen von weiteren Sanierungsabschnitten im Streckennetz wie beispielsweise am S-Bogen Zähringer Straße, in Bereich Runzmattenweg/Bissierstraße oder an der Hauptbahnhofbrücke und den beginnenden Sanierungen von Aufzügen und Rolltreppen.“
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Beim Wechsel zur Elektromobilität setzt die VAG seit September 2022 dank 15 neuer E-Busse und neuer Ladestationen auf vier weiteren Linien Fahrzeuge mit den leisen und emissionsfreien Antrieben ein – und mit der Bestellung weiterer 6 Busse, die ab September 2023 erwartet werden, geht der Ausbau schrittweise weiter.
Eingeschränkte Lieferketten schwierige Ersatzteilverfügbarkeiten und längerfristige Reparaturzeiten führten zu einer angespannten Fahrzeugverfügbarkeit insbesondere bei den Straßenbahnen, die bis heute andauert. Mit der Lieferung von weiteren 8 CAF-Straßenbahnen von Oktober dieses Jahres bis zum Frühjahr 2024 wird eine leichte Entspannung erwartet.

Exakte Fahrgastzahlen für 2022 zu nennen, fällt, wie auch schon im Vorjahr, erneut schwer. Die Fahrgastzahlen werden im Wesentlichen statistisch ermittelt. Wie sich die Pandemie und neue Abo-Angebote wie das 9-Euro-Ticket auf Fahrtenhäufigkeiten bei Zeitkarten entwickeln, dafür hat die VAG keine Erfahrungswerte. Für das Corona-Jahr 2022 geht die VAG – grob geschätzt – von einem Wert über 70 Millionen Fahrgästen aus. „Mittlerweile haben wir den Eindruck, dass die Fahrzeuge auf dem Weg sind, wieder annähernd die Auslastungen von 2019 zu erreichen“, bilanziert Benz.

Schauinslandbahn

Nach zwei schwächeren Jahren aufgrund der Corona Pandemie, konnte die Schauinslandbahn 2022 erstmals wieder ein Ergebnis auf Vor-Corona-Niveau erreichen. Die Fahrgastzahlen lagen lediglich in den Jahren 2017 bis 2019 leicht über dem Ergebnis 2022. Im Vergleich zu dem durch Corona beeinflussten Vorjahr konnten die Erlöse um 45,5 Prozent und die Fahrgastzahlen um 40,4 Prozent gesteigert werden. Im Vergleich zu 2019 sind die Fahrgastzahlen um ca. 3,2 Prozent gesunken, die Erlöse sind jedoch aufgrund der umgesetzten Tarifanpassungen um 3,8 Prozent gestiegen.

Die Baumaßnahme an der bereits 2022 provisorisch in Betrieb genommenen Bushaltestelle an der Talstation konnte 2023 erfolgreich abgeschlossen werden. Mit der Maßnahme konnte die Barrierefreiheit im Außenbereich der Talstation sowie insbesondere auch bei der Anreise mit dem ÖPNV erreicht werden.

Frelo

Mit 581.534 Ausleihen im Jahr 2022 wurde das Vorjahresergebnis um 206.967 Fahrten übertroffen. Auch die Anzahl der für das System registrierten Personen ist im vergangenen Jahr um fast 10.000 auf nahezu 50.000 angewachsen. Dieser positive Trend ist auch in diesem Jahr festzustellen: Im Juni 2023 gab es mit über 69.000 Ausleihen einen neuen Rekord.

Analog zur steigenden Nachfrage wurde seit dem Start von Frelo das Angebot weiter ausgebaut und weitere Ortsteile sowie einzelne Nachbargemeinden mit eingebunden. So stehen derzeit 93 Stationen zum Ausleihen oder Zurückgeben eines Frelos zur Verfügung, das sind nochmals zwölf mehr als noch 2021. Außerhalb des Stadtgebietes gibt es von Umlandgemeinden finanzierte Kooperationsstationen wie zum Beispiel in Gundelfingen, Merzhausen oder Umkirch. Und auch die Anzahl der Räder hat sich von 615 auf 720 erhöht.

Personal

Zum 31.12.2022 hatte die VAG 915 aktive Beschäftigte. Darunter waren 34 Auszubildende und 37 Abrufkräfte. Die Gewinnung qualifizierter Personale und die Besetzung möglichst vieler der angebotenen Ausbildungsplätze war auch 2022 wieder eine wichtige Aufgabe des Unternehmens. Die VAG leidet auch im Jahr 2023 weiter an einem Arbeitskräftemangel, insbesondere im Fahrdienst. Die Personalakquise bleibt auch weiterhin das zentrale Thema des Unternehmens.

Investitionen, Angebote, Ereignisse

Waldkircher Straße

Trotz Lieferengpässen und der Insolvenz einer der beauftragten Baufirmen wurde die Baustelle im Zeitplan und im Kostenrahmen fertiggestellt. Von den voraussichtlichen Gesamtkosten in Höhe von 19,6 Millionen Euro hat das Land Baden-Württemberg gut die Hälfte übernommen. Entstanden ist nicht nur ein neues Stück Stadtbahn, sondern eine Mobilitätsader, die die Belange aller Fortbewegungsarten optimal berücksichtigt. Die zwei neuen Haltestellen der Stadtbahn in der Waldkircher Straße und auch die umgebauten Haltestellen am Hauptfriedhof und an der Hornusstraße entsprechen den heutigen Anforderungen an die Barrierefreiheit. Das Gebiet wird neben der barrierefreien Stadtbahn und den breiten Fuß- und Radwegen auch durch vier neue Frelo-Stationen und, Carsharing erschlossen. Angeboten wird auch ein On- Demand-Verkehr: Der Abholservice per Telefon (AST) bringt Fahrgäste von der eigenen Haustür zur nächsten Haltestelle und zurück.

DFI mit Regionalbussen

Seit dem 24. März 2022 können auf den Dynamische Fahrgastinformation (DFI) an den Haltestellen nun endlich auch die Busse der wichtigsten Regionalbusunternehmen angezeigt werden. Bislang waren dort ausschließlich die VAG-Linien berücksichtigt. Das System kann nun auch Fahrplan- und Echtzeitdaten von Bussen anderer in der Region tätiger Unternehmen abrufen und darstellen. Dank dieser Neuerung werden Umstiege für die Fahrgäste leichter und verständlicher und die Nutzerfreundlichkeit erhöht.

Aufzüge und Rolltreppen der Stadtbahnbrücke werden erneuert

Seit dem 2. Mai 2022 erneuert die VAG die Aufzüge und Rolltreppen an der Stadtbahnbrücke über den Hauptbahnhof. Bis voraussichtlich Ende 2024 werden die Aufzüge jeweils sukzessive nacheinander erneuert. Der Neubau der Aufzüge 1 und 5 ist mittlerweile abgeschlossen. Aufzug 4 wird voraussichtlich wieder im kommenden Januar in Betrieb gehen.

Vier neue E-Buslinien

Nach umfangreichen Investitionen in Höhe von rund 17 Millionen Euro können seit September 2022 vier weitere Omnibuslinien mit Elektro-Bussen bestückt werden. Dieses Geld floss in die Anschaffung von 15 E-Bussen und die dafür notwendigen Ladeinfrastrukturen im Betriebshof und entlang der Strecke. Die Umstellung des Busbetriebs auf einen reinen Elektro-Antrieb soll bis 2030 vollständig abgeschlossen sein. Dieses Ziel kann nur dank der großzügigen Fördermittel von Bund und Land erreicht werden. In diesem Jahr erwartet die VAG sechs weiter E-Busse, wodurch sich die Zahl der entsprechenden Fahrzeuge auf 23 erhöhen wird. Mittlerweile liegt auch der genehmigte Förderbescheid für 22 weiter E-Busse vor, die voraussichtlich in den Jahren 2024 und 2025 erwartet werden.

Neuer SC Verkehr

Gut eingespielt haben sich im vergangenen Jahr die Sonderverkehre zu den Heimspielen des SC Freiburg. Die SC-Fans nehmen das Angebot sehr gut an und haben nur wenige Spieltage gebraucht, um die neuen Abläufe zu lernen. Und auch die VAG hat nach den Erfahrungen der ersten Heimspiele mit Fans Anpassungen im Angebot vorgenommen. Mittlerweile hat sich alles sehr gut eingespielt und geschätzt bis zur Hälfte der Zuschauenden nutzt Bus und Stadtbahn zur Anreise. Hervorragend angenommen für den Weg zum Stadion wird auch das Fahrradverleihsystem Frelo.  An Spieltagen stehen oft mehr als die Hälfte aller verfügbaren Leihräder an der provisorischen Frelo-Station beim Stadion.

Und noch einiges mehr:

Es sind nicht immer nur die ganz großen Räder, die gedreht werden müssen, um ein möglichst gutes Angebot auf die Beine zu stellen. Zum Gesamtbild gehören auch Dinge wie der Aufbau vier weiterer öffentlichen Reparaturstationen die alle notwendigen Werkzeuge und Hilfsmittel zur Reparatur und Wartung von Fahrrädern, Kinderwägen, Skateboards oder beispielsweise auch zum Aufpumpen von Rollstuhlreifen bereitstellen. Damit erhöht sich die Zahl dieser Servicestationen auf 19 Stück im Stadtgebiet. Die VAG investierte je Station etwa 1.500 Euro in diesen weiteren – kleinen aber feinen – Baustein in der Palette ihrer multimodalen Angebote.

Ein besserer Kundenservice und auch eine Entlastung des VAG Kundenzentrums pluspunkt in der Salzstraße 3 wurde dadurch erreicht, dass das SozialTicket jetzt auch in den privaten Verkaufsstellen erhältlich ist.

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 wurde eine Schnellbuslinie für die Tuniberggemeinden eingeführt. Die bisherige Resonanz ist positiv. Nach zwei Betriebsjahren werden wir Bilanz ziehen. Sollte sich das Konzept bewähren, würden auch an anderen Stellen im Netz ähnliche Angebote geprüft.

Eine andauernde Herausforderung ist der Unterhalt und die Pflege des bestehenden Netzes.

So wurden im Jahr 2022 unter anderem die verschlissenen, 34 Jahre alten Gleise im S-Bogen bei der Eisenbahn Überführung erneuert, dort wo die Zähringer und die Habsburger Straße aufeinandertreffen. 

Die Bahnsteige an der Haltestelle „Bollerstaudenstraße“ wurden saniert, modernisiert und behindertenfreundlicher gestaltet.

Die Haltestelle „Geschwister-Scholl-Platz“ wurde modernisiert und barrierefreier.

Zwischen den Haltestellen „Bissierstraße“ und „Runzmattenweg“ wurde zwei alte Weichen ausgetauscht.

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