Die GDL hat fünf zentrale Forderungen für die Tarifrunde 2023 aufgestellt, die für fünf Beschäftigtengruppen umgesetzt werden sollen. Das sind Arbeitnehmer beim Netzbetrieb, der Netzinstandhaltung, der Fahrzeuginstandhaltung, des Zugpersonals sowie Auszubildende.
Die zentralen Forderungen lauten:
- 555 Euro allgemeine Entgelterhöhung sowie eine entsprechend deutliche Entgelterhöhung für Azubis und Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit (zum Beispiel der Nachtarbeitszulage) um 25 Prozent.
- Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung.
- Zusätzlich: steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro, unabhängig ob Teilzeit- oder Vollzeitarbeitnehmer.
- Fünf Prozent Arbeitgeberanteil für die betriebliche Altersvorsorge.
- Einführung der Fünf-Schichten-Woche für Arbeitnehmer im Schichtdienst.
Die Laufzeit soll maximal zwölf Monate betragen.
Die angereisten GDL-Mitglieder nahmen die Forderungen mit langanhaltendem Applaus zur Kenntnis.
Die GDL will mit diesen Forderungen den Problemen im Eisenbahnverkehrsmarkt – wie dem strukturellen Personalmangel, der derzeit geringen Attraktivität der Eisenbahnerberufe sowie dem nachvollziehbaren Wunsch der Arbeitnehmer nach Souveränität bei der Arbeitszeitgestaltung trotz unregelmäßigem Schichtdienst – Rechnung tragen. Dabei spielt auch die galoppierende Inflation, in der wir uns nunmehr seit zwei Jahren befinden, eine gewichtige Rolle.
Schienenverkehr wieder zukunftsfähig machen
GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky: „Es bedarf schnellstmöglich einer deutlichen Verbesserung der materiellen und immateriellen Arbeits- und Lebensbedingungen der Eisenbahner, vor allem im direkten Bereich und in den unregelmäßigen Schichtsystemen (24/7/365), damit der Schienenverkehr in Deutschland wieder zukunftsfähig wird und die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und Eisenbahninfrastrukturunternehmern (EIU) wieder eine ausreichende Anzahl von Fachkräften zur Erbringung der täglichen, geplanten Leistungen gewinnen können.“ Beispielhaft seien hier Informationen aus den EVU genannt, wonach auf 100 offene Lokomotivführer-Stellen im Schnitt lediglich 54 qualifizierte Bewerber kommen. Zudem scheiden rund 50 Prozent der derzeit angestellten Fachkräfte in den folgenden Jahren altersbedingt aus dem Arbeitsleben aus.
Daneben fehlen auch weitere Interessenten im direkten Bereich der Eisenbahnen, beispielsweise bei Zugbegleitern, Bordgastronomen, Werkstattmitarbeitern, Fahrdienstleitern, dem Ausbildungspersonal und in der Netzinfrastruktur.
Damit die Verkehrswende nicht nur ein frommer Wunsch und hehres Ziel bleibt, darf die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner in Deutschland nicht nur ein ständig wiederholtes Lippenbekenntnis sein
GDL setzt neue Maßstäbe im Eisenbahnmarkt
Neben der Bekanntgabe der Tarifforderungen ist darüber hinaus eine weitere Meldung für den gesamten Eisenbahnmarkt von Bedeutung. Mit Gründung der Genossenschaft „Fair Train e. G.“ will die GDL neue Maßstäbe setzen. „Die Eisenbahner nehmen ihr Schicksal in Zukunft schrittweise in die eigenen Hände“, so Weselsky. Man habe sich zu lange anschauen müssen, wie einige Arbeitgeber mit unterschiedlichsten Tricks und Winkelzügen gültige Tarifverträge umschiffen und damit den GDL-Mitgliedern die errungenen Erfolge und Leistungen auf perfide Weise entziehen.
„Wir übernehmen nunmehr die Verantwortung und haben mit der Fair Train e. G. ein Unternehmen gegründet, welches im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung von Lokomotivführern mit fairen Bedingungen aufwartet“, so Weselsky. „Das ist notwendig, weil in Zeiten des Personal- und Fachkräftemangels die Eisenbahnberufe des direkten Bereiches und vor allem im Schicht- und Wechseldienst im harten Wettbewerb um Nachwuchs zwingend attraktiver gemacht werden müssen. Es reicht nicht aus, die Verkehrswende einleiten zu wollen, wenn man für die Berufe mit Schichtarbeit keine besonderen Anreize schafft und sie so wie bisher als das Schmuddelkind im Jobranking verkommen lässt.“
Im Bahnbereich gibt es bekanntermaßen den Marktführer DB AG, wo den eigenen Mitarbeitern tarifliche und soziale Leistungen absichtlich entzogen werden. „Damit muss Schluss sein, sonst werden wir in Deutschland in wenigen Jahren auf neu ausgebauten Strecken Ziegen halten können, weil keiner mehr in den Zügen arbeiten will“, so Weselsky.
Die GDL hat sich deshalb auf den Weg gemacht und nach einer Lösung gesucht. Wir müssen die Dienstleistung „Bahn“ wieder pünktlich, zuverlässig und auch zukunftssicher zur Verfügung stellen. Das DB Management hat allen bewiesen, dass sie es nicht können.
Schlanke Strukturen, Beteiligung am Gewinn
Der Eisenbahnmarkt hat einen riesigen Bedarf an qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Ziel der Genossenschaft ist es, fachlich qualifizierte Lokomotivführer zur Verfügung zu stellen und die daraus resultierenden Gewinne den Genossenschaftsmitgliedern selbst zufließen zu lassen, anstatt zuzuschauen, wie sich die Vorstände der DB AG die Taschen füllen.
Hierdurch will die GDL einen Beitrag leisten, tatsächlich mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und die notwendige Attraktivität der Eisenbahnerberufe zurückgewinnen. Der GDL kann man die hohe Kompetenz in Bezug auf attraktive Arbeitsbedingungen sicherlich nicht absprechen. Allein in den letzten zehn Jahren hat der Angleichungsprozess zu einem deutschlandweit einheitlichen Tarifniveau zwischen den konkurrierenden EVU`s geführt und den Wettbewerb über die Lohnkosten beendet.
Fakt ist: Wir brauchen neue Ideen, wenn wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen wollen. Das Genossenschaftsmodel ist ein seit vielen Jahren bewährtes Instrument, welches sich gerade in der heutigen Zeit als Lösungsansatz anbietet. Arbeitnehmern eine lohnende Beteiligung am Erfolg zuzusichern beziehungsweise diese dem Charakter nach als Unternehmer für sich selbst zu gewinnen, ist das Gebot der Stunde. Die Beteiligung an unternehmerischen Entscheidungen, Beteiligung am Gewinn, schlanke Strukturen im Betrieb – das sind die Treiber unseres Genossenschaftsmodells.
„Als Personaldienstleister im Genossenschaftsmodell werden wir im Eisenbahnmarkt viele EVU`s als unsere Partner finden, Kooperationen schließen und gleichzeitig den Mitarbeitern attraktive Tarifbedingungen garantieren können“, so Weselsky.
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