Schluckstörungen können durch verschiedene neurologische Erkrankungen verursacht werden, wie zum Beispiel Schlaganfall, Parkinson-Krankheit, Myasthenia gravis und Muskelerkrankungen. Diese Störungen können zu schwerwiegenden Komplikationen wie Lungenentzündungen oder Mangelernährung führen und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinträchtigen.

Schluckstörungen können in jedem Lebensalter und im Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen auftreten. Sie können sowohl strukturelle als auch neurologische Probleme verursachen und verschiedene Phasen des Schluckens beeinträchtigen. Zum Beispiel haben bis zu 80 % der Patienten nach einem Schlaganfall, 30 % der Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma und bis zu 80 % der Personen mit fortgeschrittener Demenz Schluckstörungen.

Schluckstörungen können schwerwiegende Folgen haben, insbesondere bei neurologischen Erkrankungen. Mangelernährung, Dehydratation und Lungenentzündungen können zu einer erhöhten Krankheitslast und Sterblichkeit führen. Zum Beispiel ist das Risiko für Lungenentzündungen bei Schlaganfallpatienten um das Dreifache erhöht, und die Sterblichkeitsrate bei Intensivpatienten mit Schluckstörungen ist um 10 % höher. Schwere Folgen der Schluckstörung verlängern auch den Aufenthalt in Krankenhäusern. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die erschwerte Einnahme von Medikamenten aufgrund der Schluckstörung, was zu Problemen bei der Wirksamkeit der Medikamente und Reizungen der Schleimhaut führen kann.

Schluckstörungen werden oft spät oder gar nicht von den Betroffenen wahrgenommen, da sie sich schleichend entwickeln oder auch auf Sensibilitätsdefizite zurückzuführen sein können. In vielen Fällen bestehen bereits Folgen, die den Gesundheitszustand weiter verschlechtern, ohne dass sie bemerkt werden.

Aufgrund demografischer Veränderungen und des medizinischen Fortschritts wird die Häufigkeit von neurogenen Schluckstörungen voraussichtlich weiter steigen. Es besteht ein wachsender Bedarf an angemessener Diagnostik und zielgerichteter Therapie. Im Folgenden geben wir eine praktische Übersicht über Diagnostik und Therapie von neurogenen Schluckstörungen.

Physiologie des Schluckens
Der Vorgang des Schluckens erfordert ein komplexes Zusammenspiel von 25 Muskelgruppen, die zusammenarbeiten und koordiniert werden müssen. Dies geschieht mithilfe verschiedener Hirnnerven und Schluckzentren im Gehirn. Um das Schlucken von verschiedenen Konsistenzen und Mengen ohne Probleme zu ermöglichen, müssen diese Abläufe präzise funktionieren.

Der Schluckakt wird bewusst eingeleitet und dann automatisch fortgesetzt. Er besteht aus fünf Phasen:

  1. In der präoralen Phase wird die Nahrungsaufnahme durch Sinnesreize und Gedanken an Essen angeregt.
  2. Die orale Vorbereitungsphase beginnt mit Berührung der Lippen. Hier wird der Nahrungsbolus zerkleinert, mit Speichel vermischt und geformt.
  3. In der oralen Transportphase bewegt sich der Bolus mithilfe der Zunge, Wangen und Lippen in den Rachenraum.
  4. Wenn empfindliche Punkte im Gaumen und am Zungenboden berührt werden, wird der Schluckreflex ausgelöst. Dies leitet die pharyngeale Phase ein. Dabei wird der Bolus durch eine schnelle, rückwärts gerichtete Bewegung der Zungenbasis in den Hals gedrückt. Gleichzeitig schließen sich der Kehlkopf, die Epiglottis und die Stimmbänder, um die Atemwege zu schützen. Der Bolus gelangt in die Speiseröhre, während sich der Hals und der obere Ösophagussphinkter öffnen. Durch den entstehenden Unterdruck wird der Bolus weiter in die Speiseröhre gesogen. Kontraktionen im Rachen helfen dabei, Rückstände zu entfernen.
  5. In der abschließenden ösophagealen Phase wird der Bolus durch wellenförmige Muskelbewegungen in den Magen transportiert.

Es gibt verschiedene Ursachen für Schluckstörungen, die je nach Art und Ort der zugrundeliegenden Probleme klassifiziert werden. Dazu gehören strukturelle Störungen, die durch Tumore, Operationen, Entzündungen, Verletzungen, Krankheiten oder Fehlbildungen der am Schluckakt beteiligten Organe verursacht werden können. Neurogene Störungen entstehen durch Schäden oder Erkrankungen des Gehirns, wie Schlaganfälle, Parkinson oder angeborene Hirnschäden. Psychogene Schluckstörungen können durch Angst oder Aversionen gegen bestimmte Nahrungsmittelkonsistenzen verursacht werden. Bei älteren Menschen können altersbedingte Veränderungen zu Schluckproblemen führen, dies wird als Primäre Presbyphagie bezeichnet.

Diagnostik

Das Ziel der Diagnostik besteht darin, den Schluckakt und seine Störungen genau zu bewerten, um darauf basierend eine individuell angepasste Therapie abzuleiten. Um trotz begrenzter Ressourcen den steigenden Bedarf an Untersuchungen zur Schluckstörung zu decken, ist ein effizientes Konzept und eine optimale Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachdisziplinen erforderlich.

Es stehen im Wesentlichen zwei Arten von Untersuchungsverfahren zur Verfügung: Screeningverfahren und apparative Verfahren. Erstere dienen dazu, gefährdete Patienten zu erkennen und für weiterführende apparative Untersuchungen auszuwählen. Eine Stufendiagnostik kann durch den Einsatz von Screeninginstrumenten, klinischen Schluckuntersuchungen und apparativen Verfahren aufgebaut werden.

Bei der systematischen Anamnese durch den betreuenden Arzt werden Schluckprobleme selten von Patienten spontan erwähnt. Daher ist es wichtig, dass sie gezielt nach spezifischen Symptomen fragen. Ein strukturiertes Anamnesegespräch ermöglicht eine erste Einschätzung des Gesundheitszustands des Patienten. Dabei werden Aspekte wie die Aufmerksamkeit, kognitive Fähigkeiten, Kommunikationsfähigkeit und die zu erwartende Kooperationsbereitschaft berücksichtigt. Diese Informationen sind essenziell für weitere Untersuchungen und die Planung der Therapie.

Zusätzlich zur Anamnese können Fragebögen zur Erfassung von Schluckbeschwerden eingesetzt werden. Diese erfordern nur wenig Zeit und können bei verschiedenen Patientengruppen verwendet werden.

Die klinische Schluckfunktionsuntersuchung (KSU) ermöglicht es, Informationen über die Funktion der am Schlucken beteiligten Organe und Hirnnerven zu gewinnen. Es werden sensorische und motorische Funktionen überprüft und die Kooperationsfähigkeit des Patienten eingeschätzt. Je nach Zustand des Patienten folgt eine Schluckprobe mit Testboli. Der Fokus liegt dabei auf klinischen Hinweisen auf Schluckstörungen wie wiederholtes Nachschlucken oder Anzeichen einer Aspiration wie Husten.

Therapie bei Schluckstörungen

Bei der Therapie von Schluckstörungen (Dysphagie) stehen folgende Hauptziele im Vordergrund:

  • Vermeidung von Aspirationen und anderen Komplikationen
  • Sicherstellung der oralen Nahrungsaufnahme
  • Erhaltung oder Wiederherstellung der Unabhängigkeit von Ernährungssonden
  • Dekanülierung tracheotomierter Patienten.

Grundsätzlich gelten die gleichen Therapieprinzipien für alle Ursachen von Schluckstörungen, allerdings kann der Schwerpunkt einzelner Übungen je nach Fall unterschiedlich sein.

Die konservative Therapie umfasst wiederherstellende, kompensatorische und adaptive Verfahren. Je nach Bedarf können auch Maßnahmen zur Sekretbewältigung und/oder zur Stärkung des Hustenreflexes wichtige Bestandteile der Therapie sein. Im Fokus stehen zunehmend technologiegestützte Therapieverfahren wie Biofeedback-Methoden oder die neuromuskuläre Elektrostimulation, die als wirksame Ergänzung zur herkömmlichen Dysphagietherapie betrachtet werden.

Wiederherstellende Verfahren beinhalten Übungen, die die beteiligten Muskeln und Strukturen des Schluckens gezielt trainieren. Zum Beispiel können Zungenwiderstandsübungen die Zungenkraft verbessern und Rückstände im Rachenraum verringern. Idealerweise werden diese Übungen mit Biofeedback durchgeführt, um ihre korrekte Ausführung überwachen zu können.

Kompensatorische Verfahren kommen zum Einsatz, wenn neurologische oder strukturelle Defizite ausgeglichen werden müssen. Dazu gehören Haltungsänderungen des Kopfes sowie angepasste Schlucktechniken, wie das supraglottische und super-supraglottische Schluckmanöver. Bei diesen Manövern wird der Patient angewiesen, vor dem Schlucken den Atem anzuhalten (supraglottischer Schluck) oder zu pressen (super-supraglottischer Schluck), um die Atemwege vor einer möglichen Aspiration während des Schluckens zu schützen. Beim super-supraglottischen Manöver wird durch zusätzlichen Druckaufbau eine noch bessere Abschirmung des Kehlkopfeingangs erreicht. Diese Manöver erfordern eine gute Mitarbeit des Patienten.

Adaptive Verfahren zielen darauf ab, externe Faktoren an die sensorischen und motorischen Störungen anzupassen. Durch diese Anpassungen sollen die Anforderungen an den Schluckakt bei bestehenden Schluckstörungen verringert werden. Dazu gehören die Anpassung der Konsistenz von Lebensmitteln, der Einsatz von Hilfsmitteln und individuelle Strategien bei der Nahrungsaufnahme.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass neurogene Dysphagien die häufigste Ursache für Schluckstörungen sind, insbesondere die oropharyngeale Dysphagie als eine bedrohliche Komplikation vieler neurologischer Erkrankungen. Oft nehmen Betroffene die Schluckstörung selbst nicht wahr, daher ist eine genaue Diagnose von entscheidender Bedeutung, um eine zielgerichtete Therapie zu ermöglichen.

Studien haben gezeigt, dass die Einführung standardisierter FEES-Diagnostik auf der Stroke Unit die Rate von Lungenentzündungen halbiert hat.

Das oberste Ziel jeder Therapie besteht darin, Aspirationen zu vermeiden. Hierfür stehen konservative und apparative Verfahren zur Verfügung.

Zukünftige Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie werden es ermöglichen, beeinträchtigte Funktionen noch besser zu erkennen und individueller zu behandeln. Die Forschungsansätze in der Medizin und Therapiewissenschaft ergänzen sich zunehmend, um dieses Ziel zu erreichen.

Zusammenfassung des ArtikelsNeurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson-Krankheit, Myasthenia gravis und Muskelerkrankungen können Schluckstörungen verursachen. Diese Störungen können zu schwerwiegenden Komplikationen führen und die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigen.Schluckstörungen treten in verschiedenen Altersgruppen und in Verbindung mit verschiedenen Erkrankungen auf. Bis zu 80% der Schlaganfallpatienten, 30% der Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma und bis zu 80% der Personen mit fortgeschrittener Demenz leiden unter Schluckstörungen.Schluckstörungen können schwerwiegende Folgen haben, wie Lungenentzündungen, Mangelernährung und erhöhte Sterblichkeit. Sie können auch die Einnahme von Medikamenten erschweren.Schluckstörungen werden oft spät oder gar nicht von den Betroffenen wahrgenommen. Es besteht ein wachsender Bedarf an angemessener Diagnostik und zielgerichteter Therapie.Der Schluckakt erfordert ein komplexes Zusammenspiel von Muskeln und Hirnnerven. Er besteht aus fünf Phasen: präorale Phase, orale Vorbereitungsphase, orale Transportphase, pharyngeale Phase und ösophageale Phase.Schluckstörungen können durch strukturelle Störungen, neurogene Störungen, psychogene Störungen oder altersbedingte Veränderungen verursacht werden.Die Diagnostik umfasst Screeningverfahren und apparative Verfahren wie Videofluoroskopie (VFSS) und flexible endoskopische Untersuchung des Schluckaktes (FEES). Eine Anamnese und klinische Schluckfunktionsuntersuchung (KSU) werden ebenfalls durchgeführt.Bei der Therapie von Schluckstörungen sind Hauptziele die Vermeidung von Aspirationen und Komplikationen, die Sicherstellung der oralen Nahrungsaufnahme, die Erhaltung oder Wiederherstellung der Unabhängigkeit von Ernährungssonden und die Dekanülierung tracheotomierter Patienten. Es werden wiederherstellende, kompensatorische und adaptive Verfahren eingesetzt.Neurogene Dysphagien sind die häufigste Ursache für Schluckstörungen. Eine genaue Diagnose ist entscheidend für eine zielgerichtete Therapie. Ein effizientes Konzept und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sind wichtig. Instrumentelle Diagnostik ist unerlässlich bei Risikofaktoren für neurogene Dysphagie. Die Einführung standardisierter FEES-Diagnostik auf der Stroke Unit hat die Rate von Lungenentzündungen halbiert. Zukünftige Entwicklungen zielen darauf ab, beeinträchtigte Funktionen besser zu erkennen und individueller zu behandeln.

Ergänzend hierzu das webinar der Parkinson Online Akademie

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Über Parkinson Journal

Das Parkinson Journal, vor drei Jahren als Blog des selbst an Parkinson erkrankten Jürgen Zender ins Leben gerufen, ist mittlerweile eine einzigartige Sammlung von Informationen und Tools rund um das Thema Morbus Parkinson geworden. Seine zahlreichen Beiträge (Texte, Videos, Ratgeber, Verzeichnisse oder Podcasts ), geschrieben oder produziert von namhaften Autoren oder Betroffenen selbst, sind über die Jahre zum Wegbegleiter vieler Betroffener, Angehöriger und Ratsuchender geworden. Wenn der Trend so bleibt, wie er sich bereits heute abzeichnet, werden das Parkinson Journal in diesem Jahr erstmals über 200.000 Seitenaufrufe erleben und auf Instagram die 7.000 Follower Marke überschreiten.
Es wird geschätzt, dass in Deutschland etwa 10 % der Parkinson-Kranken in Selbsthilfegruppen organisiert sind oder zumindest gelegentlich deren Angebote nutzen.
Das sind 40.000 von 400.000 Erkrankten. Es ist eines unserer Ziele, diese Zahl dauerhaft und stetig zu erhöhen, denn der Austausch mit „Leidensgenossen“, das reichhaltige Informationsangebot, die neu entstehenden Freundschaften, Sportarten, die man plötzlich (wieder) für sich entdeckt, die selbstgewählte Isolation, die man verlässt … all das sind gute Gründe, sich einer der zahlreichen Selbsthilfegruppen anzuschließen. Neben Beiträgen aus und über die Szene hilft uns dabei maßgeblich unser Verzeichnis der Parkinson-Selbsthilfegruppen und der Parkinson-Event-Kalender.
Für alle anderen, die noch nicht bereit sind, sich zu öffnen, wollen wir weiterhin ein Fenster zur Parkinson-Welt sein, deren Bewohner sie ohne eigenes Zutun geworden sind, und sie mit Wertschätzung und mit Herz und Verstand informieren.
Das zweite Ziel, das uns sehr am Herzen liegt, ist das Bewusstsein für Bewegung als eine der wenigen erfolgversprechenden, nicht medikamentösen Therapien zu schärfen. Immer mehr Studien zeigen, dass Sportarten wie Tischtennis, Nordic Walking, selbst Boxen einen positiven Einfluß auf die Symptomatik und Progredienz der bisher unheilbaren Krankheit haben.

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